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Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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ein paar Stellen auf der Brust und im Gesicht taten weh.
    Hatten die wirklich nicht begriffen, was sie machten? Glaubten sie, wenn die einen ihn fesselten und andere heißes Wasser über ihn gossen und niemand ihn losschnitt, gäbe es am Ende überhaupt keine Schuldigen?
    »Ich dachte, ich muss sterben«, murmelte Erik. »Ich hab’s gedacht, aber es stimmt nicht, dass man dabei sein ganzes Leben wie einen Film vorüberziehen sieht. Ich hab nur Sterne gesehen.«
    Er war schon fast eingeschlafen. Doch nun kam die Schwester, gab ihm einige weiße Tabletten und ein Glas Wasser.
    Das Fieber stellte sich ungefähr gleichzeitig mit dem Schlaf ein.
    Er ging schwerelos und wie schwebend zum Magazin der Heimwehr. Als er den Hammer über dem Schloss hob, kam der ihm federleicht vor, dann brach das schwere Hängeschloss ab, als sei es aus morschem Holz gezimmert. Die Karabiner standen in Reih und Glied und leuchteten gelbgrün, ein Spatz stieß verzweifelt immer wieder gegen die Fensterscheibe und fand keinen Weg nach draußen. Die Schlussstücke der Maschinenpistolen waren mit gelbbraunem Waffenöl verschmiert, aber er wischte sie problemlos mit seinen nassen Kleidungsstücken ab; in der Baracke war es heiß wie an einem Sommertag, die Flügelschläge der Flussuferläufer draußen vor dem Fenster waren deutlich zu hören, während der Spatz drinnen immer wieder gegen die Scheibe stieß. Die Pistole lag schwer in seiner Hand, er hielt sie wie eine Frucht.
    Mit kurzen Salven schoss er vom Schuldach auf die Ratis, die einer nach dem anderen wie Dominosteine zu Boden fielen, und als der Rat danach zusammentreten sollte, um ihn gemäß § 13 zu verurteilen, schoss er wieder auf alle, die Kugeln durchschlugen ihre Körper und bohrten sich in die Wände des Klassenzimmers, dass der Mörtel aufstob, während immer lauter Chopin-Musik zu hören war.
    Er schwamm im Meer und das Wasser war heiß wie in einer Badewanne und zwischen den Atemzügen brannte sein Gesicht, während er schneller und schneller schwamm, ohne von der Stelle zu kommen; er wurde von der Gummileine zurückgezogen, immer weiter zurück.
    Er wurde vom Durst geweckt. Sein Mund war wie ausgedörrt. Pierre war verschwunden und es war hell im Zimmer. Als er nach dem Wecker griff, sah er, dass ihm noch acht Minuten blieben, ehe die Speisesaaltüren geschlossen würden.
    Er zitterte, als er sich das Gesicht abspülte und Wasser direkt aus dem Hahn trank. Das Bettzeug hatte sich im Bett wie ein Seil zusammengedreht. Seine eine Gesichtshälfte war flammend rot.
    Er zog sich rasch an und lief als einer der Letzten über den Schulhof zum Speisesaal, die kalte Luft ließ sein Gesicht brennen und sein Puls ging unnatürlich rasch.
    Im Speisesaal lief er so schnell zu Silverhielms Rücken an Tisch Nr. 2, dass Silverhielm gar nicht registrierte, wie die ihm gegenüber Sitzenden verstummten. Er packte Silverhielm bei den Haaren, beugte sich vor und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dann ließ er ihn wieder los, ging zu seinem Platz, setzte sich und streckte die Hand nach der Kakaokanne aus. Die anderen an seinem Tischende schwiegen.
    »Guten Morgen«, sagte er verbissen.
    Keiner antwortete. Sie starrten in ihre Tassen, rührten im Kakao oder schmierten sich Brote, ohne aufzublicken. Keiner sah ihm in die Augen.
    Er beugte sich nach rechts, um sich die Butter zu holen und einen Blick auf Silverhielm zu werfen. Ja, es hatte gewirkt. Silverhielm saß wie versteinert.
    Keiner in seiner Nähe sprach während dieses Frühstücks. Erik wartete, bis Silverhielm aufgestanden und hinausgegangen war. Dann ging er auf geradem Weg zurück in sein Zimmer, bezog das Bett neu und legte sich hinein, um sich das Fieber aus dem Leib zu schlafen.
    Er wachte davon auf, dass die Schwester ihm mit einem feuchten Lappen das Gesicht wusch. Es war kurz nach elf. Die Schwester hielt ein Fieberthermometer in der Hand und reichte es ihm wortlos. Sie machte sich an ihrem grauen Nackenknoten zu schaffen, während das Thermometer in seinem Hintern steckte, aber sie sagte noch immer nichts.
    »Danke fürs Losmachen«, sagte er, als er ihr das Thermometer reichte.
    Sie warf einen Blick darauf, ehe sie antwortete.
    »38,5, könnte viel schlimmer sein. Hast du heute Nacht gehustet?«
    »Nein, nicht dass ich wüsste. Heute Morgen jedenfalls nicht. Und ich hab Danke fürs Losmachen gesagt, Schwester.«
    »Ich bin nun mal Krankenschwester, da darf man sich nicht alles bieten lassen. Du scheinst eine Konstitution zu haben wie

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