Evil - Das Böse
hundert Meter in einem Wahnsinnstempo zurück.
Es war, wie wieder im Sportpalast zu schwimmen, um irgendwo zu sein und nicht anderswo sein zu müssen. Das Schwimmen machte keine Freude, es war wie Training und er wurde bald müde.
Als er aus dem Becken kletterte und sich abtrocknete, blutete sein Ellbogen noch immer. Er hatte gehört, dass die Schulschwester nach einem Kampf im Karo immer im Dienst war, er konnte also hingehen und versuchen, die Sache hinter sich zu bringen. Eine Wunde muss so schnell wie möglich genäht werden, sonst gibt es keine glatte Narbe.
Die Schwester hatte ihr Sprechzimmer im selben Gebäude und bei ihr brannte Licht. Offenbar hatte sie die anderen noch nicht ins Krankenhaus geschafft. Man sollte vielleicht zu ihnen gehen und … ja, erklären. Nicht gerade um Verzeihung bitten, aber vielleicht erklären.
Er verfluchte die Idee im selben Augenblick, als er die Tür zur Krankenstation öffnete. Die Strafpräfekten waren nicht allein bei der Schwester, sie hatten drei oder vier Kameraden bei sich, und es wurde totenstill, als Erik eintrat. Einer der Strafpräfekten, der Dicke mit dem Jackett, saß auf einem Stuhl und hatte offenbar eine Wunde über der Augenbraue genäht bekommen. Er saß zurückgelehnt und drückte sich einen Eisbeutel auf die Wange (hatte sie wohl immer Eisbeutel bereitliegen, wenn ein Kampf angekündigt wurde?). Der Typ mit der eingeschlagenen Nase lag mit einem blutigen Lappen über dem Gesicht auf einer grünen Bahre. Er schien zu weinen. Sicher ließ der Schock bald nach.
Es war noch immer sehr viel Blut auf dem Boden zu sehen, auch wenn einer der Leute aus der dritten Gymnasialklasse es gerade aufwischte.
»Ach«, sagte die Schwester laut, aber ohne Feindseligkeit, »und hier hätten wir ja den, der findet, meine Jungen gehörten ins Lazarett in Flen.«
Erik starrte zu Boden und schwieg. Es gab keinen Grund zu einer frechen Antwort und es gab keinen Grund zu einer ausweichenden Antwort. Die anderen Jungen starrten ihn an, er konnte sich denken, worüber sie gesprochen hatten, ehe er gekommen war.
»Naaa«, sagte jetzt die Schwester, noch immer mit diesem seltsamen Mangel an Zorn, »Was führt dich zu mir?«
»Das hier«, sagte Erik und hob seinen Ellbogen. »Das braucht sicher ein oder zwei Stiche.«
»Mal sehen«, sagte die Schwester und hob mit einer Pinzette eine in Jod getunkte Kompresse auf.
Dann rückte sie ihre Brille gerade und machte sich daran, die Wunde zu säubern.
»Jahaaa, das müssen wir wirklich nähen. Aber dazu braucht man kein Chirurg zu sein, wenn der Herr die Bemerkung gestattet.«
»Sicher, da reichen zwei Stiche und ein Pflaster.«
»Ich habe allerdings mehr Betäubungsmittel benutzen müssen, als ich erwartet hatte«, sagte die Schwester in fast munterem Tonfall.
»Nähen Sie den Arsch ohne Betäubung«, fauchte einer der Jungen aus der dritten Klasse.
»Sicher«, sagte Erik und starrte den Jungen an. »Nähen Sie gern ohne Betäubung.«
»Dann wollen wir mal«, sagte die Schwester und zog einen Faden in ihre Zange. »Her mit dem Ärmchen.«
Erik bohrte die Blicke in die Augen des anderen Jungen und zeigte ein diszipliniertes Lächeln, als die Zange das Fleisch an seinem Ellbogen für den ersten Stich durchschnitt.
»Du bist ja wirklich ein tapferer Bengel«, sagte die Schwester.
»Und noch ein Stich, sind wir so weit?«
Beim zweiten Stich wandte der andere seinen Blick ab, und Erik konnte feststellen, dass die Wirkung bei den Zuschauern genau die erwartete war, wozu immer das gut sein mochte.
»So, das wär’s, war nett, dich kennen zu lernen. Wir sehen uns sicher wieder, das hab ich im Gefühl«, sagte die alte Dame und klebte ein breites Pflaster auf die Wunde.
»Komm in ein paar Tagen wieder, dann entscheiden wir, wann die Fäden gezogen werden können.«
»Wie geht’s ihm denn?«, fragte Erik und nickte zu dem Typ auf der grünen Bahre hinüber.
»Ich dachte, das wüsstest du«, sagte die Schwester und zum ersten Mal lag eine gewisse Schärfe in ihrer Stimme. »Drei Zähne, eine Lippe, die ich erst mal nur betäuben konnte, und eine Nase, die noch viel Arbeit machen wird. Bist du damit zufrieden?«
»Nein, bin ich nicht. Das mit der Lippe und den Zähnen wollte ich nicht, mein erster Schlag ist danebengegangen. Dafür hat der andere noch einen heilen Arm und damit bin ich jedenfalls nicht unzufrieden. Vielen Dank für die Hilfe und auf Wiedersehen, Schwester.«
Das war idiotisch gesagt und er bereute es schon in
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