Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Evil - Das Böse

Evil - Das Böse

Titel: Evil - Das Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Hüftgelenk des Strafpräfekten. Entweder würde es bei zehn klappen oder Erik würde ihn wirklich ausgiebig misshandeln müssen. Lieber ihn ausgiebig misshandeln als ihm wirklich den Arm brechen. Und wie sollte er den Arm überhaupt brechen? Erst den Typ zu Boden schlagen, ihm dann ein Knie in den Nacken pressen, damit seine Wange auf den harten Zement zu liegen kam und jede Bewegung die Haut aufscheuerte, dann das andere Knie als Hebel benutzen, wenn er den linken Arm im rechten Winkel zum Knie umbog? Dann hart drücken, bis die anderen das Geschrei und Gejammer nicht mehr ertragen konnten - aber was, wenn sie es doch ertrugen?
    »Zehn!«
    Langsam hob er die Hände. Jetzt musste der Arsch durch Blicke und Angst in die Knie gezwungen werden. Er bohrte seinen Blick tief in die verängstigten Augen und setzte die langsame Handbewegung fort.
    »Nein … nein … nein … «, schniefte der Strafpräfekt. »Ich will nicht . du kannst doch nicht im Ernst …«
    »Auf die Knie!«
    Der Typ sank auf die Knie und heulte endlich los. Bald wäre das Spiel gewonnen, es würde klappen.
    »Und jetzt kriechst du raus. Kriech!«
    Der Strafpräfekt lag wie gelähmt auf allen vieren da und weinte hemmungslos. So konnte es nicht weitergehen. Ein Tritt in den Hintern, nicht zu hart, konnte vielleicht helfen. Erik versetzte dem Strafpräfekten einen sanften Tritt in den Hintern.
    »Kriechen, hab ich gesagt!«
    Die Gymnasiasten johlten jetzt wieder, aber sie schrien so wild durcheinander, dass alle Ermahnungen, aufzustehen und zu kämpfen, darin untergingen. Endlich, endlich, endlich kroch der Typ aus dem Karo. Er blieb vor der Zementplatte auf den Knien liegen und ließ seinen Tränen freien Lauf.
    Außer seinem Schluchzen war nichts mehr zu hören. Erik spielte kurz mit dem Gedanken, sich durch die Gymnasiasten hindurchzudrängen, die es bei ihm nie wieder mit dem Karo versuchen würden. Dann kam ihm eine Idee. Sie war ein wenig riskant, aber das Risiko war es wert.
    Er drehte sich langsam zur Abiturklasse und den Ratsmitgliedern um, dann trat er an die Kante der Zementplatte und betrachtete sie eine Weile schweigend. Das Publikum verhielt sich mucksmäuschenstill. Ob es klappen würde? Vermutlich.
    »Ihr aus der Abiturklasse und ihr Ratsmitglieder findet es doch so großartig, uns Mittelschüler zu verprügeln.«
    Er legte die nötige Kunstpause ein.
    »Habt ihr denn noch neue Strafpräfekten? Zwei frische Ratsmitglieder, bitte.«
    Erik starrte die Abiturklasse und die Ratsmitglieder mit gespieltem Hass an. Das hier würde nicht sehr lange gut gehen, das war ihm klar. Wenn er zu lange stehen bliebe, würde er zwei neue Gegner geradezu herbeizwingen. Aber wenn er genau lange genug wartete und dann ginge, würde es perfekt funktionieren - und wer würde später etwas auf das Gerede geben, man hätte »eigentlich« ins Karo steigen und dem Arsch die verdienten Prügel verabreichen müssen?
    Er zählte in Gedanken bis zehn und konzentrierte sich darauf, seine Maske des intensiven Hasses zu bewahren.
    Dann drehte er sich mit einem verächtlichen Schnauben um und ging. Hinter sich hörte er, wie das Schweigen immer lauter werdendem Gemurmel wich.
    Noch immer floss Blut über seinen rechten Arm und die Wunde am Ellbogen pochte jetzt. Es war offenbar eine ziemlich tiefe Wunde; der Typ musste den Mund halb offen gehabt haben, vielleicht hatte er noch gegrinst, als Zähne und Oberlippe ihren Geist aufgegeben hatten.
    Erik lief nach Hause und holte sich seine Badehose und ein Handtuch. Als er in die Schwimmhalle kam, war sie leer. Natürlich. Alle schwimmberechtigten Ratsmitglieder, Gymnasiasten und Mitglieder der Schulmannschaft hatten zusehen wollen, wie er von zwei Leuten misshandelt wurde, die noch nie gegen einen Gegner gekämpft hatten, der sich wehrte.
    Die grüne Wasseroberfläche lag vollkommen still. Erik stand auf dem Startblock in der Mitte. Vom kleinen Finger seiner rechten Hand fiel ein Blutstropfen ins klare Wasser, löste sich auf und verschwand. Nachdenklich betastete er die Wunde mit der linken Hand. Sie war ziemlich tief, musste vielleicht genäht werden. Und es war Dreck hineingeraten. Mit Zeigefinger und Daumen zog er einen kleinen Gegenstand heraus und musterte ihn überrascht. Kein Zweifel, es war ein fast kompletter Vorderzahn. Er hielt ihn einige Augenblicke in der Handfläche. Dann ließ er ihn ins Becken fallen und sah zu, wie er im stillen klaren Wasser zu Boden sank. Er startete mit einem Schrei und legte die ersten

Weitere Kostenlose Bücher