Evolution der Leere: Roman
Stühle vor seinem großen Schreibtisch. »Oh Herrin«, murmelte er, während Bestürzung mit Neugier kämpfte. »In Ordnung«, sagte er zu Felax, »ich kümmere mich darum.«
Salrana drehte sich halb um, als er das Arbeitszimmer betrat. Ihr Haar war dieser Tage deutlich kürzer und sandblond gefärbt. Sie trug ein dunkles Tuch über ihrem meergrünen Kleid, wie man das als Frau um die fünfzig eben so tat. Ihre großen Augen betrachteten ihn in einer Mischung aus Mutlosigkeit und Erwartung. Immerhin hatten sie sich seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen. Keine schlechte Leistung angesichts der zahllosen Feste und Veranstaltungen, an denen sie beide teilgenommen hatten. Falls er gedacht hatte, dass sie am Ende einlenken, dass Ranalees schädlicher Einfluss abnehmen würde, so wurde er beim ersten Aufblitzen von Emotionen, die durch ihren Schild schimmerten, eines Besseren belehrt. Genau wie er verstand auch sie ihre Gedanken noch immer nicht so gut zu verbergen wie ein Stadtgeborener. Und da war sie wieder, diese Glut aus Abneigung und Feindseligkeit, neben einem helleren Feuer von Trotz schwelend. Obschon unter all der Bitterkeit ausnahmsweise Unsicherheit zu spüren war.
»Was für eine unerwartete Überraschung«, sagte er, während er an ihr vorüberging. Er blieb nicht stehen oder machte den Versuch, ihr die Hand zu geben; an einen harmlosen Begrüßungskuss war gar nicht erst zu denken.
Ihr Blick folgte ihm, als er sich hinsetzte. »Es hat sich nichts geändert«, begann sie.
»Irgendetwas muss dich doch hergeführt haben.«
»Nenn es von mir aus Verzweiflung, wenn du willst. Und ich kenne dich.«
Jetzt war Edeard wahrhaftig perplex. All die Anläufe, die er unternommen hatte, um eine Art Frieden zwischen ihnen zu schließen, hatten zu nichts geführt, und es waren über die Jahrzehnte eine ganze Reihe gewesen. Und selbst dann hatte er nicht aufgehört, ihr zu helfen, wo er nur konnte, vor allem, wenn es um ihre missratenen Sprösslinge ging. Das konnte ihr doch unmöglich verborgen geblieben sein. »Was willst du?«
»Ich werde dir nichts schuldig bleiben. Ich werde mich nicht auf einen Handel einlassen. Ich werde mich nicht erkenntlich zeigen.«
»Das hab ich doch gar nicht von dir verlangt. Was willst du, Salrana?«
Schließlich wandte sie ihren Blick ab, zupfte das Tuch um ihre Schultern zurecht. »Mein Gemahl, Garnfal, er ist im Begriff, das Geleit der Skylords zu empfangen. Er ist seit mehr als einem Jahr nicht bei bester Gesundheit.«
»Das tut mir leid«, sagte er mit aufrichtigem Mitgefühl. »Das wusste ich nicht.«
»Er ... er hat sich gut um mich gekümmert, verstehst du? Er war nicht so wie die anderen.«
Du meinst wie die, die Ranalee dir klargemacht hat, dachte er kalt.
»Wie auch immer«, fuhr sie fort, »er hat Vorsorge für mich getroffen. Sein Haus in der Horrod Lane geht an seinen ältesten Sohn Timath, natürlich, ich würde es nicht anders wollen. Aber es gibt ein paar Dinge, die ziemlich wertvoll sind, Dinge, die er mit seinem selbstverdienten Geld erworben hat. Garnfal hat sie mir in seinem Testament vermacht.«
»Und die Familie hat was dagegen, dass du sie bekommst?«
»Bei einigen Sachen wär's ihnen egal. Aber es gibt da etwas Grund und Boden in Ivecove, einem kleinen Fischerdorf vier Meilen nördlich der Stadt. Ein Ferienhäuschen auf einem großen Stück Land. Garnfal liebte die Gärten so sehr. Er sagte immer, in der Stadt gibt's keinen ordentlichen Garten. Wir waren jeden Sommer dort. Dann, letzten Herbst, ist ein Händler an ihn herangetreten, hat ihm angeboten, das Land zu kaufen, sodass er sich stattdessen eine Herberge bauen kann, um, wie er uns sagte, den Leuten Quartier zu bieten, die von überall herkommen, um das Geleit der Skylords zu empfangen. Garnfal hatte bisher abgelehnt.«
»Und auf diese Hinterlassenschaft hat Timath es abgesehen?«
»Ja. Garnfal hat mir seinen Segen gegeben, das Haus nach seinem Tod zu verkaufen. Es dürfte eine ziemliche Summe einbringen. Timath hat bereits einen Advokaten eingeschaltet, um das Testament anzufechten. Er behauptet, der tatsächliche Wert des Häuschens tauche nicht korrekt in Garnfals Geschäftsbüchern auf und dass ich die Familie übervorteilen will. Für ihn sind er und seine Geschwister Garnfals eigentliche Familie.«
»Ich verstehe.« Sowohl dein Problem als auch Timaths Sicht der Dinge. »Wieso erzählst du mir das?«
»Ich hatte gehofft, du würdest vielleicht mit Timath reden, ihn zur Vernunft bringen und
Weitere Kostenlose Bücher