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Evolution der Leere: Roman

Evolution der Leere: Roman

Titel: Evolution der Leere: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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die Besiedelung Chobambas erst vor knapp zweihundertfünfzig Jahren stattgefunden hatte. Sie nahm an, dass das StarSide-Motel zu den ersten Unternehmen zählte, die seinerzeit hier gegründet worden waren. Seine kleinen Chalets bildeten einen auffallenden Gegensatz zu den Schindelhäusern der übrigen Stadt. Sie bestanden aus gewachsenem Drycoral, das inzwischen längst abgestorben war und unter der unbarmherzigen Sonne bereits abzubröckeln begann. Es war von ähnlicher Art wie das blassviolette Drycoral, das daheim auf der Farm in Langham für Ställe eingesetzt wurde, weshalb sie wusste, dass es, um dieses Stadium zu erreichen, mindestens ein Jahrhundert auf dem Buckel haben musste.
    Das Motel nahm eine große Fläche ein, wobei die Chalets sich in einem weiten Kreis um einen zentralen Swimmingpool verteilten. Ihre Betonlandefelder für Gästekapseln waren samt und sonders rissig, von Unkraut und Kolonnen ekelhaft aussehender, roter Kugelpilze gesprengt. Zurzeit war dort nur eine einzige Kapsel geparkt.
    Sprinklerdüsen versprühten in kurzen Intervallen einen feinen Regen über den Vorgartenrasen, während sie hinauf zum Empfangsgebäude schritt. Sie nahm an, dass die gesamte Kraterwand bewässert werden musste.
    Der Besitzer befand sich im Büro hinter der Rezeption und bastelte an einer museumsreifen Klimatisierungseinheit herum. Sofort kam er heraus, wischte sich an seiner schmutzigen weißen Weste die Hände ab und stellte sich ihr als Ragnar vor. Mit raschem Blick taxierte er Araminta von oben bis unten und musterte ihre Kleidung. »Ist 'ne Weile her, dass jemand bei uns reingeschneit ist«, sagte er, die Worte seltsam betonend. Sein Akzent war der gleiche wie der des älteren Paars von vorhin.
    »Also bin ich nicht die erste?«, fragte sie argwöhnisch.
    »Nein, Ma'am. Der Silfenpfad endet da draußen irgendwo hinter dem Krater. Da ist uns über die Jahre so mancher Reisende wie Sie untergekommen.«
    »Ja, richtig.« Sie entspannte sich wieder ein wenig.
    Ragnar beugte sich über den Tresen und dämpfte die Stimme. »Waren Sie lange da draußen?«
    »Ich weiß nicht so genau.«
    »Verstehe. Nun, Sie haben sich nicht gerade den besten Moment zum Zurückkommen ausgesucht. Sind momentan für das alte Greater Commonwealth ziemlich unruhige Zeiten, ja, das kann man wohl sagen.« Seine Augen verengten sich angesichts ihrer ausdruckslosen Miene zu schmalen Schlitzen. »Sie wissen, was das Commonwealth ist?«
    »Ja, sicher, klar«, erwiderte sie rasch.
    »Gut. Wollte nur gefragt haben. Diese Pfade sollen reichlich verworren sein nach dem, was man so hört. Ich hatte mal welche hier, die kamen direktemang aus 'nem Vor-Wurmloch-Jahrhundert. Junge, Junge, waren die von der Rolle.«
    Araminta wollte nicht mit ihm darüber streiten, wie unwahrscheinlich das war. Stattdessen lächelte sie und hielt ihren Credit-Jeton hoch. »Ein Zimmer?«
    »Null Problemo. Wie lange werden Sie bleiben?«
    »Eine Woche.« Sie reichte ihm den Jeton.
    Als er ihn ihr zurückgab, betrachtete Ragnar ein weiteres Mal mit skeptischem Blick ihre Kleidung. »Ich geb' Ihnen Nummer Zwölf. Da ist es recht ruhig. Die Toilettenartikel gibt's zu all unseren Zimmern umsonst dazu.«
    »Prima.«
    Er rümpfte die Nase. »Ich geb' Ihnen 'nen Extrasatz mit.«
    Zimmer Zwölf maß etwa fünf mal vier Meter und wies eine Tür in der hinteren Wand auf, die in ein kleines Bad mit einer Toilette und einer Badewanne führte. Keine Sporendusche, wie Araminta enttäuscht feststellte. Sie setzte sich auf das Doppelbett und starrte auf ihre Füße. Die Schmerzen waren inzwischen ziemlich heftig. Sie brauchte eine Weile, um aus ihren Stiefeln zu kommen. Als sie sie abstreifte, sah sie, dass ihre Strümpfe blutdurchtränkt waren. Immer wieder zusammenzuckend rollte sie die Socken vorsichtig ab. Blasen waren geplatzt und bis aufs rohe Fleisch aufgescheuert. Angeschwollen waren ihre Füße auch.
    Araminta schaute sie an, wütend und den Tränen nah. Aber vor allem war sie müde. Sie wusste, dass sie wegen ihrer Füße eigentlich etwas unternehmen sollte, sie wenigstens baden. Doch sie besaß einfach nicht mehr die Kraft dazu. Stattdessen zog sie kurzerhand die dünne Bettdecke über sich und schlief schon im nächsten Augenblick tief und fest.
    Zehn Stunden nach den Unruhen waren in Bodant Park immer noch Sanitäter im Einsatz. Nach den Unruhen oder nach dem Kampf oder dem Scharmützel oder wie immer man es nennen wollte. Eine Menge Leute nannten es schlicht und einfach

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