Evolution, Zivilisation und Verschwendung
Gesellschaft langfristig von Nutzen sind. Der Selbsterhalt der politischen Parteien kann deshalb dem Selbsterhalt der Gesellschaft auch im Wege stehen.
6.6.4 Säkularisierung
Säkularisierung bedeutet die Abschaffung von Staatsreligionen. In der Regel ist sie mit einem erheblichen Machtverlust der religiösen Institutionen, vor allem der Kirchen, zugunsten des Staates verbunden.
Religionen vermitteln meist nicht nur den Glauben an Gott oder die Vision eines Lebens nach dem Tod, sondern auch Werte und Moralvorstellungen, auf denen das Zusammenleben und die Zusammenarbeit in historischen, nichtindividualistischen Gesellschaften beruhten. Ganz häufig wurden Werte und Moral über gesellschaftliche Rollenvorgaben vermittelt, die aus Sichtdes Individuums aber einen dominanten Charakter besitzen, da sie ihm klare Vorgaben machen. In modernen, individualistischen Gesellschaften lösen sich diese Rollen nun aber sukzessive auf. Das einzelne Individuum konzentriert sich auf seinen individuellen Lebenslauf und sein jeweiliges Arbeitsmarktrisiko, während die vormaligen Gemeinschaftsaufgaben nun weitestgehend professionalisiert und institutionalisiert sind, und dann nicht selten unter der Regie des Wohlfahrtsstaates abgewickelt werden.
In einer individualistischen, ausdifferenzierten, arbeitsteiligen und auf der Gefallen-wollen-Kommunikation beruhenden Gesellschaft machen Staatsreligionen folglich keinen Sinn mehr. Die neuen Religionen heißen Arbeitsteilung und Individualismus.
6.6.5 Zusammenfassung
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Prozess der Zivilisation unter anderem mit den folgenden gesellschaftlichen Veränderungen und Prozessen Hand in Hand geht:
Individualisierung
Institutionalisierung und Professionalisierung von Kollektivaufgaben
Ausdifferenzierung, zunehmende Arbeitsteilung, Spezialisierung
Staatenbildung
Staatliches Gewaltmonopol
Demokratisierung
Säkularisierung
Wohlfahrtsstaatliche Entwicklungen
Aufkommen von Märkten und Unternehmen
Abbau gesellschaftlicher Dominanzhierarchien und Klassen
Gleichberechtigung der Geschlechter
Generelle Umstellung auf die Gefallen-wollen-Kommunikation
Zurückdrängung aller gefährlichen/bedrohlichen/belästigenden dominanten Kommunikationsweisen
Psychogene Veränderungen wie zunehmende Affektkontrolle, Anhebung der Peinlichkeitsstandards, Schamgefühle
6.7 Globalisierung
Die sogenannte
Globalisierung
ist untrennbar mit einigen bahnbrechenden technologischen Neuerungen im Bereich der Informationstechnologie (Hardware- und Softwaretechnologie, Internet, Telekommunikation, Glasfaserkabel, geostationäre Satelliten etc.), aber auch sonstigen physischen Kommunikationsverbesserungen (Flugzeug, Schifffahrt, Containertechnologie) verbunden. Daneben waren die Verbindung der Finanzmärkte (der Handel in allen Zeitzonen), verschiedene internationale Standardisierungen, Handelserleichterungen, aber auch der Zusammenbruch des Kommunismus von entscheidender Bedeutung.
All das gab den Organisationssystemen nun die Möglichkeit, sich von nationalen Beschränkungen zu befreien und über die Grenzen ihrer vormaligen Heimatmärkte hinaus zu wachsen.
Aufgrund der riesigen Erdölförderkapazitäten konnte jetzt auch ihr enormer Energiebedarf gedeckt werden. Gleichzeitig stand an den Finanzmärkten ausreichend Kapital zur Verfügung, um selbst die größten Vorhaben finanzieren zu können.
Man könnte sagen: Mit der Entdeckung des Erdöls öffnete der Mensch Pandoras Büchse: Der Handel mit Erdöl wird hauptsächlich in US-Dollar – in diesem Zusammenhang Petrodollar genannt – abgerechnet. Das dabei von den Erdölförderländern eingenommene Geld fließt anschließend wieder zu erheblichen Anteilen in die Finanzmärkte zurück, wo es dazu beiträgt, Organisationssysteme mit einem hohen Energiebedarf (meist auf Basis fossiler Brennstoffe) entstehen oder wachsen zu lassen. Den Organisationen stehen nun also effiziente Möglichkeiten zur Verfügung, sehr rasch große Mengen an Kapital und Energie aufzunehmen und zu wachsen. Anders gesagt: Jedes zusätzliche geförderte Barrel Erdöl trägt mit dazu bei, Systeme zu erzeugen, die es verbrauchen und anschließend noch mehr davon haben wollen.
Dies soll an einem einfachen Beispiel erläutert werden:
Nehmen wir an, Bauer Anton stößt auf seinem Grund und Boden bei der Anlegung eines neuen Brunnens auf einen riesigen Ölvorrat.
Nun könnte Bauer Bert für 10.000 Euro Landwirtschaftsmaschinen erwerben, die pro Jahr 10.000 Euro an
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