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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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einmal mehr „gefallen wollen“, geschweige denn zu anderen höflich sein.
    Eine vollständig individualistische und arbeitsteilige Gesellschaft, in der es keinerlei gegenseitige Verpflichtungen mehr gäbe, weder eigene Kinder zu haben, noch Ältere zu versorgen, morgens aufzustehen, arbeiten zu gehen, Schutz zu leisten, Steuern zu zahlen oder sich an irgendwelchen sonstigen Gemeinschaftsaufgaben zu beteiligen (da letztlich alles freiwillig ist) wäre überhaupt keine Gesellschaft mehr.
    Nun könnte ich mich täuschen, und auch die These Durkheims muss nicht unbedingt stimmen, wenngleich sie mir recht plausibel erscheint. Ich möchte an dieser Stelle jedoch darauf hinweisen, dass es bei Vorschlägen dieser Art mehr zu bedenken gibt 179 als die Dinge, die in den einschlägigen Büchern zum Thema bislang diskutiert werden. Wer ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger des Staates vorschlägt, sollte – im Vorfeld – plausibel erklären können, wie unter solchen Verhältnissen gesellschaftliche Solidarität entstehen kann.
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    158 Im Prinzip ist diese Auffassung noch strikt biologisch, denn auch in der Natur müssen Lebewesen zunächst ausreichend Nahrung finden (Selbsterhalt), bevor sie sich fortpflanzen können (Reproduktion). Auffällig ist jedoch das völlige Ausklammern der bis dahin vorwiegend von Frauen erbrachten reproduktiven Leistungen. Insoweit könnte der Marxismus auch als eine patriarchalische Theorie bezeichnet werden, und zwar auch und gerade trotz aller späteren Versuche kommunistischer Gesellschaften, Frauen und Männer gleichermaßen in die Produktion einzugliedern.
    159 An dieser Stelle zeigt sich erneut, dass das Problem der Darwinschen Evolutionstheorie das Prinzip der natürlichen Auslese ist. Denn dieses scheint sich zwar in der ungebändigten Natur vom Ergebnis her zu realisieren, bei allen anderen (kulturelle, soziale, wissenschaftliche, technische) Evolutionen bereitet seine Anwendung jedoch erhebliche Probleme und verleitet dann auch zu Fehlschlüssen.
    160 Dies würde nur dann zutreffen, wenn eine arbeitsteilige Gesellschaft auch mehr Bedürfnisse befriedigen kann, was sich aber zum Teil bereits aus den Arbeiten von Adam Smith und David Ricardo (Ricardos Theorem der komparativen Kostenvorteile) ergibt. Daneben dürfte die mit der Arbeitsteilung einhergehende Umstellung auf die Gefallen-wollen-Kommunikation zu einer intensiveren Nutzung des Lebensraums, zu einer stärkeren Differenzierung und damit auch zur Bereitstellung von mehr Ressourcen führen.
    161 Was parallel dazu mit einem Abbau von Dominanzhierarchien und einer generellen Umstellung auf die Gefallen-wollen-Kommunikation verbunden sein dürfte.
    162 Wie bereits an anderer Stelle erwähnt wurde, dürfte dies („gemäß den eigenen Möglichkeiten“) indirekt zu einer Verstärkung der Bedeutung genetisch bedingter Erfolgsfaktoren führen.
    163 Auf Monopolmärkten sieht dies natürlich ganz anders aus, weswegen diese meist nur sehr gering innovativ sind.
    164 Niklas Luhmann folgert deshalb etwa, man könne Unternehmen zwar mit ökonomischen Argumenten auf etwaige ungünstige soziale oder ökologische Folgewirkungen ihres Tuns hinweisen, nicht aber mit moralischen Argumenten.
    165 Damit ist der Lebensbereich gemeint, der heute ganz dem Intim-Privaten untersteht und in der Öffentlichkeit nicht vorkommen darf, etwa Rülpsen, Spucken, Schnäuzen, Pupsen, Urinieren, Stuhlgang, Sex.
    166 Neben der hier beschriebenen Rationalitätenfalle gibt es auch den umgekehrten, von Garrett Hardin in „The Tragedy of the Commons“ (Hardin 1968) beschriebenen Fall, bei dem gemeinsame Ressourcen immer weiter erschöpft werden. Auf diese Weise lassen sich nicht nur viele Umweltprobleme, sondern interessanterweise auch die Bevölkerungsexplosion in vielen Ländern der Erde erklären. Siehe dazu die Ausführungen im Abschnitt „Tragic of the Commons“ auf Seite 391.
    167 Es geht also primär um den eigenen Selbsterhalt und nicht um die Übervorteilung anderer.
    168 Neuerdings versucht man mit dem bedingungslosen Grundeinkommen auch diesen letzten Rest an verbindlichen Kollektivaufgaben in Frage zu stellen (Werner 2007), was aber aus den bereits genannten Gründen nicht möglich sein dürfte (Mersch 2007b). Siehe dazu auch die Ausführungen im Abschnitt „Grundeinkommen“ auf Seite 376.
    169 Allerdings müssen sich die Gesellschaften vor einem solch universellen Zugriffsanspruch der Organisationen auf ihr Humankapital auch

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