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Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Evolution, Zivilisation und Verschwendung

Titel: Evolution, Zivilisation und Verschwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mersch
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ausreichend schützen, weil sie dieses sonst nicht mehr angemessen reproduzieren können. Eine entsprechende Fehlentwicklung ist in den Industrienationen längst festzustellen.
    170 Eine Vereinbarkeitsproblematik bezüglich Beruf und Gemeinschaftsaufgaben hat folglich während der gesamten Geschichte der Individualisierung bestanden. Interessanterweise wird im Rahmen der Individualisierung auf Seiten der Frauen (Emanzipation der Frauen) und der damit verbundenen Loslösung der Frauen von der ihnen per gesellschaftlicher Rollenvorgabe aufgebürdeten Gemeinschaftsaufgabe Nachwuchsarbeit nun so getan, als handele es sich hierbei um ein neues Phänomen, welches völlig neue Lösungsansätze erforderlich mache.
    171 Allerdings könnten dabei auch hygienische Gründe eine Rolle spielen.
    172 Im Sinne der Zivilisation ist es ein Unterschied, ob jemand bei einem Autounfall ums Leben kommt (Unfall), oder von einem streunenden Bär gerissen wird.
    173 Gemäß Theodor W. Adorno ist der Äquivalententausch der Bann, der nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Welt, das Denken, die Liebe, das Leben und die Theorien verhext – der also dafür verantwortlich ist, dass es „kein richtiges Leben im falschen gibt“ (Hörisch 2003: 46f.). Tatsächlich dürfte er aber wohl auch die unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung moderner Demokratien, die eine Gleichstellung von eigentlich Differentem verlangen, gewesen sein.
    174 Wenn sich auf der Erde nun mehr oder weniger alles – selbst die jeweilige Staatsform – auf evolutive Weise entwickelt, könnte sich der Eindruck aufdrängen, ich legitimiere mit der hier vorgetragenen Theorie irgendwelche spezifischen gesellschaftlichen Verhältnisse. Tatsächlich stellt sich Evolution aber gerade eben dadurch ein, dass sich einzelne Menschen oder ganze Interessengruppen mit ihren persönlichen Selbsterhaltungs- und Reproduktionsinteressen bemerkbar machen (und sei es in Form des vorliegenden Buches), um Einfluss zu nehmen und die weitere Entwicklung in die eine oder andere Richtung zu lenken. Dies können sie natürlich auf unterschiedliche Weise tun. In Demokratien sind die dafür zulässigen Wege aber relativ klar umrissen: Sie müssen mit ihren Anliegen einer ausreichenden Zahl an Menschen gefallen und nach Möglichkeit auf dominante Interaktionsweisen, die grundlegende Rechte anderer verletzten, verzichten.
    175 Im übertragenen Sinne könnte man sagen: Die Früchte eines Apfelbaumes sind Äpfel, die von Nokia dagegen Mobiltelefone, die ganz ähnlich darauf warten, geerntet zu werden.
    176 Auch bilden sie mit ihren Rechenzentren zum Teil gewaltige eigene Gehirne aus. Robert B. Laughlin (Laughlin 2008) weist daneben noch auf eine andere Entwicklung hin: Unternehmen sammeln immer mehr proprietäres Wissen – das Teil ihres Wettbewerbvorteils ist – an, auf das Menschen nur dann Zugriff haben, wenn sie in diesem Unternehmen in den entsprechenden Positionen arbeiten. Die von den Mitarbeitern erbrachten neuen Erkenntnisse gehören ganz automatisch wieder dem Unternehmen. Auf diese Weise entsteht zunehmend unternehmerisches Geheimwissen, was der Menschheit nur indirekt (über die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens) zur Verfügung steht. Auch dieser Zusammenhang offenbart, dass die biologische Spezies Mensch (beziehungsweise menschliche Gesellschaften) und die durch Menschen gebildeten Organisationssysteme als voneinander unabhängig betrachtet werden müssen. Beide Seiten verfolgen zum Teil ganz unterschiedliche Interessen.
    177 Die Entstehung von Mehrzellern (Organismen, autopoietischen Systemen zweiter Ordnung) war ein entscheidender Durchbruch in der Evolution des Lebens. Seitdem dominierten diese biologischen Phänomene das Leben auf der Erde. Mit der Herausbildung von Organisationssystemen scheint der Evolution ein weiterer Komplexitätssprung gelungen zu sein.
    178 Ein wesentliches Merkmal menschlicher Organisationssysteme wie etwa Unternehmen ist, dass sie sich von ihrer Humanbasis lösen können. Beispielsweise könnte Nokia seine Produktionsstätten in Bochum schließen und nach Rumänien verlegen. Dort würde es nun aber ganz andere Mitarbeiter haben. Eine Ameisenkolonie kann sich dagegen nicht selbstständig von einem Ort zu einem anderen bewegen, sie ist stets untrennbar mit ihren Mitgliedern verbunden. Gleiches gilt für menschliche Gesellschaften. Obwohl Organisationssysteme weniger autopoietisch sind als menschliche Gesellschaften (sie produzieren ihre

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