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Evolution

Evolution

Titel: Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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Kinder mit zwei Köpfen? Leute mit Affenmasken wie
beim Planeten der Affen?«
    »Halt die Schnauze, Side, du Spinner!«
    Mit Brachialgewalt drehte Ahmed das Rad. Die letzte Dichtung
zerbrach mit einem Knacken. Die Tür schwang zurück.
Grünes Licht flutete herein.
     
    Cryobiologie war inzwischen eine etablierte Branche.
    Der Schlüssel zu ihrer Nutzung bestand darin, dass tief
unterhalb des Gefrierpunkts von Wasser Moleküle die hohe
Geschwindigkeit verringerten, die chemische Reaktion überhaupt
erst ermöglichte. So vermochte man Blutkonserven für ein
Jahrzehnt und länger zu lagern. Man vermochte Hornhaut, Organ-
und Nervengewebe einzufrieren, aufzutauen und wieder zu verwenden.
Man vermochte sogar Embryonen einzufrieren. Doch die Kälte war
ein zweischneidiges Schwert; sich ausdehnende Eiskristalle hatten
nämlich die unangenehme Eigenschaft, Zellwände zu
zerstören. Deshalb injizierten die Medicos Frostschutzmittel wie
Glycerol und Dimethyl-Sulfoxid ins Gewebe.
    Das Einfrieren und die Wiederbelebung von einem komplexen und
ausdifferenzierten Organismus – zum Beispiel eines hundert
Kilogramm schweren blasphemischen Marinefliegers – stellte
freilich eine ganz andere Hausforderung dar. In Snowys Körper
gab es viele unterschiedliche Zellarten, von denen jede ein anderes
Einfrier-Auftau-Profil erforderte. Schließlich hatte man es mit
einem gentechnischen Kniff hinbekommen. Snowys Zellen waren in die
Lage versetzt worden, einen natürlichen Frostschutz zu
produzieren – Glykoproteine. Diesen Trick hatte man den
Kaltwasserfischen abgeschaut, sodass das Einfrieren auf der Ebene der
Zellen selbst reguliert wurde.
    Offensichtlich hatte es funktioniert. Snowy hatte den Vorgang
lebend und unbeschadet überstanden. Nach einer halben Stunde war
er fast wieder der Alte.
    Natürlich hatte er sich nach dem Auftauen auf einen Kampf
eingestellt.
    Offiziell stand diese Einheit unter dem Befehl von UNPRO-FOR, der
Schutztruppe der Vereinten Nationen. Doch jeder wusste, dass das nur
eine Tarnung war. Die Strategie war als ›Aussaat der
Drachenzähne‹ bekannt geworden. Als nach Rabaul die Gefahr
eines globalen Konflikts akut wurde, hatte man neue Formen der
Abschreckung ersonnen. Der Grundgedanke war, dass jede Macht vor
einer Invasion zurückschrecken würde, wenn sie wusste, dass
der Boden mit Gruppen hervorragend ausgebildeter Soldaten durchsetzt
war, die frisch, voll ausgerüstet und bereit waren, den Kampf
aufzunehmen. Aus diesem zerstreuten Zähnen sollte der Drache
auferstehen. Das war zumindest die Theorie.
    Es gab natürlich Rückschläge. Der
Kälteschlafprozess selbst umfaßte das Risiko von
Verletzung oder Tod (aber ein geringes, nicht einmal fünfundsiebzig Prozent…). Und man wusste auch nie,
wo man stationiert werden würde; das Einfrieren hatte
nämlich in großen zentralen Depots stattgefunden, von wo
die bewusstlosen Soldaten zu ausgewählten Standorten im ganzen
Land und sogar ins Ausland verfrachtet wurden. Snowy hatte jedoch
gewusst, dass seine Einheit aus Marinefliegern zusammenbleiben
würde, was überaus tröstlich war.
    Zumal es schlimmere Aufträge gab. Der Einsatz war auf zwei
Jahre befristet. Er war jedenfalls ungefährlicher, als auf einem
Flugzeugträger in einem der Brennpunkte der Welt stationiert zu
werden, in der Adria, in der Ostsee oder im südchinesischen
Meer. Alles in allem war es zwar seltsam, aber auch nur ein Auftrag
wie jeder andere.
    Snowy hatte ihn gern angenommen, auch wenn es bedeutete, dass er
von seiner Frau getrennt wurde. Er hatte erwartet, gesund und
glücklich aus der ganzen Sache hervorzugehen und obendrein noch
als reicher Mann wegen des angesammelten Solds, den er in dieser Zeit
nicht auszugeben vermochte. Es bestand natürlich auch die
Möglichkeit, dass er nach dem Aufwachen hätte kämpfen
müssen. Aber dafür war er schließlich ausgebildet
worden. Und selbst dann hätte er erwartet, in einem
Hightech-Krieg aufzutauchen, eine Befehlskette und intakte Strukturen
vorzufinden und ein Flugzeug. Aus diesem Grund hatte man die
Piloten überhaupt erst eingepökelt. Er hatte aber nicht
erwartet, dass sie nach dem Öffnen der Tür von jeder
Befehlskette abgeschnitten wären und von den Bedingungen
draußen gar nichts wussten – nicht einmal, wo sie waren. Doch genau das war nun die Lage.
    Snowy übernahm die Führung und trat durch die Luke.
    Jenseits der Luke war eine Treppe in den Beton gefräst. Die
Treppe führte zu einem Rechteck aus hellgrünem Licht
hinauf: Laub

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