Ewig Böse
Abdrücke finden.
Ich stieg von Mr Ennis’ Veranda herunter und schlurfte zu meinem Briefkasten. Es waren zwei Rechnungen drin, ein paar Möbel- und Modekataloge und eine eingeschweißte Ausgabe von Allure aus Staceys Abonnement, das ich bisher vergeblich zu kündigen versucht hatte.
Auf halbem Weg zu meiner Veranda hörte ich eine tiefe Stimme sagen: »Keine Bewegung, muchacho !«
Ich duckte mich erschrocken, als schon in hohem Bogen ein Wasserstrahl durch die Luft geschossen kam und mir die ganze Hose durchnässte. Es war ungefähr ein halber Liter. Ich wandte mich zur Behausung der Gomez um und sah Söhnchen und Töchterlein meines Nachbarn, die ihre riesigen automatischen Wasserpistolen auf mich richteten.
»Yo soy disparo!« , schrie ich und tat so, als wäre ich angeschossen, indem ich mir die Post an den Bauch presste.
Ein weiterer kalter Wasserstrahl zog eine Linie schräg über meine Brust, und Emilia und Fernando rannten kichernd davon. Ihr Vater Euvaldo lehnte an seinem Pick-up und lachte sich schief, dass die Goldkronen nur so in der Sonne blitzten. Er hatte das Hemd aus dem Hosenbund gezogen und war dabei, mit dem Gartenschlauch seine verchromten Räder abzuspritzen. Eine Dose Turtle-Wachs stand auf einem Polierlappen auf der Motorhaube. Als wir einzogen, hatte das Dach der Gomez noch baseballgroße Löcher gehabt, und das Haus stand auf Pfählen, damit die hundert Jahre alten Ziegelsteine durch ein neues Fundament ersetzt werden konnten. Die niedrige Hecke an der Grundstücksgrenze sah aus wie aus einem Tim-Burton-Film entsprungen, und das damalige Gomezmobil war ein brauner Dodge-Minivan gewesen, den lediglich Draht und Isolierband zusammenhielten. Jetzt war das Haus makellos, die Hecke fester geschlossen als ein Nonnenarsch und der GMC ein Modell mit Doppelkabine und haufenweise Chrom für 35 000 Dollar. Euvaldo Gomez hatte mich links und rechts überholt, und wir wussten es beide.
»Schwer bei der Arbeit heute, James?« Sein Englisch war gut, und er sprach in der abgehackten Art eines Ringertrainers.
»Nicht direkt, Jefe . Und Sie? Gehen Sie dieses Jahr in Pension? Kaufen Sie Lupé das Strandhaus auf Mallorca?«
Euvaldo warf den Kopf in den Nacken und stieß ein wieherndes Gelächter aus, das so abrupt abbrach, wie es angefangen hatte. »Ich werde erst aufhören zu arbeiten, wenn ich tot bin, James. Keinen Tag früher.«
Während dieses nachbarschaftlichen Rituals hatte Euvaldo sich seitlich an mich herangeschoben, als bewegte er sich an der Dachkante eines Wolkenkratzers entlang. Ratschläge zur Hauspflege oder neuer Klatsch und Tratsch standen an.
»James, James«, sagte mein Nachbar, »Sie haben eine neue Zimmergenossin?«
»Zimmergenossin?«
»Ja, mein Freund. Eine Dame. Es ist allmählich Zeit, dass Sie wieder in den Sattel steigen, nicht?«
Ich wollte nichts von Annette erzählen. »Nein, eigentlich nicht.«
Euvaldo ließ sich nichts vormachen. »O doch, lujurioso . Bringen Sie sie doch am Sonntag zum Barbecue mit. Dann kann sie den Rest der Familie kennenlernen.«
Lucy und die Gomez kannten sich, also konnte er nur Annette meinen. Aber warum benahm er sich so, als hätten Annette und ich etwas miteinander, nach nur einer Nacht? Was hatte er gesehen? »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Euvaldo. Aber vielleicht ein bisschen früh.«
»Sie sind ein junger Mann, James. Es ist nie zu früh für die Liebe.«
Ich lachte leise. »Sie hatte Probleme mit dem Warmwasser. Ich kenne sie kaum.«
Euvaldos Miene verfinsterte sich. »Warum kränken Sie mich?«
»Was?«
»Sie können kein Geheimnis vor mir bewahren, James. Ich habe dieses Mädchen schon oft in Ihrem Haus gesehen. Sie ist sehr schön, amigo .«
Das Herz rutschte mir in die Hose. »He, kommen Sie!«
»Que?«
»Sie machen doch Witze?«
»Worüber denn?«
»Sie haben sie gesehen? In meinem Haus, vor dem gestrigen Tag?«
Der Señor musste bemerkt haben, dass sein Gringo -Nachbar blass geworden war, denn er trat näher und senkte die Stimme. »Sie haben sich erst gestern kennengelernt?«
»Sie machen sich über mich lustig, oder?«
Euvaldo musterte mein Haus mit zusammengekniffenen Augen, dann das Ennis-Anwesen. »Manchmal übertreibe ich vielleicht ein wenig, aber ich bin ganz sicher. Dieses Mädchen, ich habe sie schon fünf, sechs Mal gesehen, James. Letzte Woche und noch mindestens in der Woche davor.«
»In meinem Haus?«
»Ich dachte, sie wäre Ihre Freundin.«
Euvaldo war nicht nur ein wachsames Mitglied des
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