Ewig Böse
Nachbarschaftsschutzes, er saß auch in dem Gremium, das Änderungen an den denkmalgeschützten Häusern genehmigte, und bemühte sich tatkräftig um Fördergelder der Stadt für Renovierungen. Leute, die er nicht persönlich unter seine Fittiche genommen hatte, machten ihn misstrauisch.
»Wer ist sie, James?«
»Ich – weiß es nicht! « Ich schrie es fast hinaus. Vielleicht wollte ich einfach nicht wahrhaben, was Euvaldo da andeutete. Vielleicht wollte ich ihr keine Schwierigkeiten machen, sie nicht vertreiben. Es musste eine vernünftige Erklärung geben. Euvaldo konnte sich getäuscht haben und übertrieb es ein bisschen mit der Wachsamkeit. Lucy hatte ihn vielleicht auf ein paar merkwürdige Ideen gebracht.
»Vergessen Sie’s. Es war ein Missverständnis. Ich spreche mit ihr.« Ich lächelte. Ich musste meinen Nachbarn unbedingt beruhigen. »Ich erzähle Ihnen später davon.«
Euvaldo ließ das so stehen, sah aber skeptisch aus.
»Keine Sorge. Danke, Jefe .«
»Wie Sie meinen.« Euvaldo zog sich auf sein eigenes Territorium zurück, hob den Gartenschlauch auf und richtete den Strahl auf die Grundstücksgrenze. »Sie müssen Ihren Rasen wässern, James. Das Gras sieht scheiße aus.«
»Ich weiß, ich weiß.« Ich stieg die Stufen zu meiner Veranda wieder hinauf und sog die Backen ein.
»Wenn Sie irgendetwas brauchen, James. Wir sind für Sie da.«
Letzter Rückruf, über die Schulter. »Danke!«
Das ist inakzeptabel, dachte ich, während ich die Haustür hinter mir zuknallte. Ich schmiss die Post an die Wand und stürmte in die Küche. Was, wenn sie hier gewesen war, mich wochenlang beobachtet, in meinem Haus herumgeschnüffelt hatte? Sie behauptete, darüber nachgedacht zu haben, ob und wie sie mich am besten ansprechen sollte. Aber in meinem Haus? Was sollte das? Was zum Teufel hatte sie vor? Ich war stocksauer, auf mich selbst ebenso wie auf sie.
Sie Volltrottel, hörte ich Bergen schon sagen. Habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen sich von ihr fernhalten.
Ich würde sie fragen, was zum Teufel hier los war, sie würde es mir erklären und Ende der Geschichte. Und wenn sie nichts Überzeugendes vorbringen konnte – ein Anruf genügte, und Mr Ennis’ Haus würde nächste Woche wieder leer stehen.
Das Problem war, sie war verschwunden.
Von einem Tag auf den anderen gewöhnte ich mir an, durch die Gegend zu streifen und vier oder fünf Mal am Tag an ihrem Haus vorbeizugehen. Drei Tage lang sah ich keine Spur von ihr, doch die Spaziergänge schienen mir gutzutun. Nach den ersten beiden Ausflügen waren meine Beine noch unangenehm steif und schwer, aber ich bekam einen klareren Kopf. Seit Annettes Ankunft trank ich weniger. Ich rasierte mir den Bart ab. Aß wieder Müsli. Machte sauber. Sah jede halbe Stunde aus dem Fenster.
Am vierten oder fünften Tag nach Annettes Sturz unter der Dusche kehrte ich gerade von einem gut drei Kilometer langen Spaziergang zurück, als ich im Schein der untergehenden Sonne ein waldgrünes Mustang-Cabrio mit geöffnetem schwarzen Stoffverdeck vor Mr Ennis’ Haustür stehen sah. Es war ein 69er, das erkannte ich an den hochgezogenen, rostigen Hinterbacken. Ich weiß nicht, warum ich so sicher war, dass das Auto ihr gehörte, es war einfach so. Vielleicht hatte ich in jener ersten Nacht etwas Rebellisches und Ungebändigtes unter ihrer Tünche erkannt. Vielleicht war ich auch nur gut im Raten, aber die Vermutung stellte sich als richtig heraus, da sie mir von den Stufen ihrer Vorderveranda aus zuwinkte. Sie schob die Hände in die Gesäßtaschen und lächelte.
Ich blieb stehen und hätte schreien mögen. Ihr Haar war blond. Es schimmerte nicht einfach heller wegen der Sonne. Es war weißblond, platinblond, schneeeulenblond, halsbrecherisch blond.
So ist es hübscher.
13
»Wo bist du gewesen, Fremder?«, fragte sie. Dann bemerkte sie meinen Gesichtsausdruck. »Stimmt was nicht?«
Ich ging langsam auf sie zu. »Deine Haare.«
»Jep«, sagte sie und ließ sie fliegen wie in einem Shampoo-Spot. »Man kann nicht einmal mehr die Platzwunde sehen, oder?«
»Ich hätte dich fast nicht erkannt.« Mit dem blonden Haar sahen ihre rostroten Sommersprossen … abartig aus.
»Du hättest die Beule sehen sollen. Bäh, dieses Violett unter meinem Haar, ich hätte mir genauso gut ein Vergrößerungsglas an den Kopf pappen können. Und es war mal wieder Zeit für eine Veränderung. Ich hasste die alte Farbe.«
»Sieht ganz hübsch aus«, sagte ich. Ganz hübsch
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