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Ewig Böse

Ewig Böse

Titel: Ewig Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ransom
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Ich kauerte mich vor ihn hin. Der Bär trug ein kariertes Halsband mit einem Goldschildchen, das an einem kleinen Messingring hing. In das Schildchen stand eingraviert

    Nee. Null Erinnerung. Wenn Stacey ihn gekauft hätte, wäre er mir irgendwann in den letzten zwölf Monaten aufgefallen. Ich nahm an, das B stand für Schwarz wie ›Black‹, doch wer kam auf die Idee, ein ausgestopftes Plüschtier Kenneth zu nennen? Es passte irgendwie zu seinem humorlosen Ausdruck, aber trotzdem.
    »Wo kommst du her, Kenneth?«, flüsterte ich und schnippte ihm mit dem Finger gegen die harte schwarze Nase.
    Kenneth antwortete nicht. Mein Fingernagel tat weh. Die Pistole war nicht hier. Ich schloss die Tür. Meine Wut flammte wieder auf. Jemand spielte Spielchen mit mir, und das gefiel mir ganz und gar nicht.
    Im Schrank und in der Kommode im Schlafzimmer waren keine Feuerwaffen.
    Die Pistole war nicht im ersten Stock, und auch nicht – sehen wir den Tatsachen ins Auge, James – irgendwo anders im Haus. Entweder ich hatte sie im Wagen gelassen (unwahrscheinlich), oder jemand hatte sie geklaut (möglich; kein angenehmer Gedanke). Dann wiederum konnte Annette sie an sich genommen haben, als ich vor ihr davonlief. Vielleicht hatte sie sie versteckt, um mich vor mir selbst zu schützen. Noch eine Frage, die ich ihr stellen musste, und, wenn ich schon dabei war, konnte ich gleich auch den Bären mitnehmen. Ich ging zurück ins Eckzimmer und hob Kenneth am Ohr hoch. Er war schwer, daher klemmte ich ihn mir unter den Arm.
    Die Dämmerung setzte ein. Der Korridor erschien mir düsterer als noch vor ein paar Minuten. Meine Schritte klangen überlaut. Alle Türen waren geschlossen, und das irritierte mich. So viele nutzlose Zimmer. Warum blieb ich hier? Wer brauchte dieses Haus? Es war absurd. Ein halbes Dutzend Schritte von der Treppe entfernt verspürte ich plötzlich einen Luftzug hinter mir, und ich bekam einen Schlag in den Rücken. Kenneth purzelte zu Boden, und ich taumelte hinter ihm her. Meine rechte Hand schoss haltsuchend zur Wand, und ich machte einen Satz nach vorne, kam mit einem harten Ausfallschritt zum Stehen. Ein Brennen breitete sich von der Mitte meines Rückens her aus, und das Klatschen von Fleisch auf Fleisch hallte wie im Kino in meinen Ohren wider.
    Wütend und überrascht fuhr ich herum. Ich kam mir vor wie der Prügelknabe auf dem Schulhof, erfüllt von einem Zorn, der sich rasend schnell in kalte Angst verwandelte. Niemand stand hinter mir, und keine Schritte hallten durch die lastende Stille.
    »Oh, scheiß doch auf dich.« Meine Stimme klang verzagt, und ich hasste ihren Klang, nicht zuletzt, weil ich nicht wusste, mit wem ich sprach.
    Ich versuchte, mir den Rücken zu massieren, konnte die Stelle aber nicht erreichen. Es brannte ganz schön. Ich ging ins Badezimmer und schaltete das Licht ein, das langsamer als üblich hell zu werden schien, eine Verzögerung, die ich der Energiesparlampe zuschrieb. Auf dem Weg zum Waschbecken warf ich einen Seitenblick auf die Hasenbilder. Sie sahen genauso aus wie immer. Ausdruckslos, gleichgültig, flach und irritierend in ihrer dumpfen Bedeutungslosigkeit.
    Ich verdrehte mich, ich verrenkte mich. Mit Staceys Handspiegel versuchte ich, die Winkel richtig hinzubekommen, und das Badezimmer schien um zwanzig Grad zu kippen. Als ich endlich die Spiegel in der richtigen Stellung hatte, entdeckte ich unter meinem hochgezogenen Hemd, mit steifem Hals und rasendem Puls, auf meiner weißen Haut den unverkennbaren, rötlichen Umriss einer Frauenhand.

14
    Als sie mir die Tür aufmachte, betrachtete sie den Kenneth-Bären mit der Andeutung eines Lächelns und sah dann zu mir hoch, als erwarte sie eine Erklärung.
    »Ist das ein Geschenk?«
    Ich warf den Bären unbeholfen nach ihr, so dass er von ihr abprallte und zwischen uns zu Boden fiel. »Sag du’s mir.«
    »He!« Sie zuckte zurück, dann blickte sie mich an, als wäre ich verrückt geworden. »Hallo?«
    Ich starrte sie an.
    »Warum habe ich das Gefühl, dass ich etwas nicht ganz mitbekommen habe?«, fragte sie.
    »Ach komm schon. Jetzt reicht es.«
    »Was?«
    »Du weißt nichts davon?«
    »Von diesem großen Plüschbären?«
    Ich warf die Hände in die Höhe – na?
    »James? Was denn? Ich verstehe nicht.«
    Ich erzählte ihr, wie ich den Bären gefunden hatte, ließ aber die Stelle aus, wo jemand mir auf den Rücken geklatscht hatte. »Möchtest du mir vielleicht etwas sagen?«
    »Nein. Warum sollte ich?« Mein Verdacht

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