Ewig Böse
Garaus
Dibbidy-dibbidy-di-das-isses-schon, Leute
Zeit, dass der Ghost das Frauchen weckt
Ghost, ›Red Rider‹
The Habitual Offender LP
Mit freundlicher Genehmigung:
Serial Nubile Records © 2008
21
Ich döste so vor mich hin, bis ihr Gefluche über den kaum vorhandenen Verkehr mich endgültig weckte. Der Wagen wurde langsamer und beschleunigte dann wieder auf Highwaytempo. Die Sonne brannte auf mich herab, und an Schlaf war nicht mehr zu denken. Ich kletterte über die Lehne nach vorne, schnallte mich an und kramte auf dem Boden herum, bis ich die Wasserflasche fand. Ich trank und schüttete dann etwas in die hohle Hand, um mir den Nacken zu befeuchten. Annette massierte sich zwischen ärgerlichen Seitenblicken auf mich die Schläfen.
»Soll ich fahren?«, fragte ich.
»Du kennst doch den Weg nicht«, schnappte sie.
Eine halbe Stunde lang blieb ich still. Wir hatten die Gegend von San Bernardino schon ein gutes Stück hinter uns gelassen. Im Süden gab es jede Menge Golfplätze und Ferienorte, weiter nördlich jede Menge Nichts. »Wo sind wir? Arizona?«
»Kurz hinter Banning. Noch nicht ganz in Palm Springs.«
»Wir könnten im Joshua Tree Park übernachten«, schlug ich vor. »Ist das nicht hier in der Nähe?«
»Ein Stück nach Norden.«
»Wie weit ist es noch?«, fragte ich. »Zu dir?«
»Noch eine Stunde oder so.«
»Es ist hübsch hier«, meinte ich.
»Es ist obszön. In den Zwanzigerjahren war das alles Ranchland. Jetzt sind hier lauter Wellnessoasen, Clubs, Einkaufszentren, Golfplätze, Sushi-Restaurants. Alles Überflüssige, worauf jemand Lust bekommen könnte. Aber wir leben nicht in Palm Springs oder Palm Deserts.«
Ich beschloss, den Mund zu halten und sie reden zu lassen, wenn ihr danach war. Wir fuhren noch fünfundzwanzig Minuten nach Süden durch die Wüste und dann ein Stück zurück, bis es wieder ein bisschen grüner wurde. Schließlich erreichten wir eine Straße, die in den flachen Hügeln verschwand und sich weitere fünfzehn Kilometer durch einen flachen Canyon nach oben schlängelte (na schön, so eine Andeutung von Tal), bevor die ersten Schilder von Sheltering Palms auftauchten und uns aufforderten, die Geschwindigkeit zu reduzieren, Wohngebiet voraus.
»Jetzt kenne ich mich überhaupt nicht mehr aus«, sagte ich.
»Wenn es einen Highway geradewegs durch diesen gottverlassenen Flecken Erde gäbe, kämen wir in zwei Stunden direkt in San Diego heraus.«
»Wirklich?« Das kam mir komisch vor.
»So genau weiß ich es auch nicht. Hemet liegt nicht weit entfernt, aber es gibt keine Straße dorthin, nicht von SP aus.«
» SP ?«
»Sheltering Palms«, erwiderte sie. »Du weißt schon, wie OC für Orange County.«
»Ach so.«
Verkehr gab es keinen mehr. Wir waren der Verkehr. So eine Gegend, die die Leute mit ›Da sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht‹ meinen. Frieden. Stille. Sand. Felsen. Keine Spur von Menschies. Hastings’ Vorstellung vom Himmel.
Wir erreichten zwei unverhältnismäßige, rostig weiße Tore an einem weiß gestrichenen Pförtnerhäuschen ohne Wachposten. Annette zog eine Plastikkarte aus ihrer Geldbörse und wedelte damit vor dem Lesegerät herum. Nichts geschah. Hektisch probierte sie es weiter. »Geh schon auf, du Stück Scheiße.« Nach einer endlos scheinenden Wartezeit ertönte ein Summer, und das Tor glitt auf Walzen in Schlitze in der Mauer zurück. Die Wälle wirkten unüberwindlich und beeindruckend, bis man merkte, dass sie nach etwa fünfzehn Metern endeten. Auf beiden Seiten warteten Paletten voller Steine darauf, vermauert zu werden, doch Arbeiter waren nirgends in Sicht. Ich warf einen Blick auf mein Handy. Es zeigte 3:25 Uhr am Nachmittag und KEIN NETZ . Als wir durchs Tor fuhren, bemerkte ich, dass die Fenster des Wachhäuschens nur aus dünner Luft bestanden. Die Scheiben waren entweder herausgebrochen oder nie installiert worden.
Die Straßen waren sauber, frisch asphaltiert mit flachen Rinnsteinen aus Beton, die so makellos aussahen, dass sie aus Schnee hätten sein können. Ausgewachsene Palmen (was sonst?) und Gras säumten die Mittelstreifen, aber das Gras schien mit jeder Sekunde brauner und dürrer zu werden. Es musste über vierzig Grad haben, und kein Lüftchen wehte. Wenigstens ist es trockene Hitze, tröstete ich mich. Die Häuser waren groß, und keine zwei davon glichen sich, obwohl sie eindeutig vom selben Architekten stammten. Haufenweise weißer und rosafarbener Stuck, weißes Mauerwerk mit massiven Holzbalken.
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