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Ewig Dein

Ewig Dein

Titel: Ewig Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Glattauer
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in deinem Leben. Deine schönen gelben Haare, die schönsten der Welt. Du bist im Licht aufgewachsen, Liebling. Du bist ein Lichtkind.«
    Sie: »Hannes, ich bitte dich, lass …« Er unterbrach sie. Sein Ton war plötzlich sachlich und streng: »Liebling, du musst dich nicht wiederholen. Ich habe deine Nachricht erhalten. Ich habe sie gespeichert. Ich kann sie jederzeit abrufen. Und ich respektiere deinen Wunsch. Ich werde dir in nächster Zeit keine Rosen mehr schenken, keine gelben und auch sonst keine.«
    Sie: »Und wo sind noch welche? Was ist das für eine Botschaft, die du mir sagen willst. Wie lautet der Satz? Schließen wir das bitte ab! Ja?« Er: »Das ist ein Rätsel, Liebling. Es ist ein einfaches kleines Rätsel. Du kannst leicht dahinterkommen.« Ihre Stimme wurde lauter: »Bitte! Ich will nicht dahinterkommen! Ich will zur Ruhe kommen!« Er: »Fünfzehn Rosen insgesamt. Fünf mal drei. Eine kleine Aufmerksamkeit und eine kleine Aufgabe, sonst nichts. Du musst die große Kristallvase nehmen. Wie viele kleine Sträuße hast du bereits eingesammelt?« Sie: »Vier. Zuerst das Haustor, dann die Firma, dann das Auto, dann die Nachbarin. Wo ist der fünfte, Hannes? Sag es. Ich werde sonst … sonst … Du machst mich wütend!«
    Er: »Wunderbar. Die Reihenfolge stimmt. Ich hab gewusst, dass du einen Abstecher zum Auto machen wirst, bevor du nach Hause gehst. Ich kenne dich, Liebling, ich kenne dich, und da dachte ich, du freust dich.« Sie: »Wo ist der letzte Strauß? Sag es!« Es entstand eine Pause. Er: »Die letzten Rosen … Wo sind wohl die letzten drei Rosen? Natürlich bei mir. Ich wollte sie dir persönlich bringen. Ich wollte heute …« Sie: »Du bringst mir ganz bestimmt keine Blumen und auch sonst nichts, Hannes. Wir sehen uns heute nicht. Auch nicht morgen und übermorgen. Ich will das nicht, bitte!
    Er: »Du musst mich nicht anschreien, Liebling. Das verletzt mich. Ich habe dich verstanden. Wenn du nicht willst, dass ich komme, dann komme ich nicht. Wenn dir Venedig zu viel war, wenn du eine Pause brauchst, dann respektiere ich das.« – »Hannes«, sagte sie, ganz ruhig, »ich brauche keine Pause. Ich – habe – gestern – mit – dir – Schluss – gemacht. Erinnerst du dich? Und würdest du das bitte zur Kenntnis nehmen?« Zur Bestätigung trennte sie die Verbindung.
     
5.
    Drei Tage hörte und sah und roch sie nichts von ihm. Es waren drückend schwüle Regentage. Bedrückend – das entsprach auch ihrer Gemütsverfassung und ihrem körperlichen Zustand. In der Früh erwachte sie mit einem dumpfen, flauen Gefühl, als wäre jemand mit vollem Gewicht auf ihrem Magen gelegen, zum Beispiel Hannes. Morgens und abends stahl sie sich unter dem Schutz ihres Regenschirms ins Lampengeschäft und wieder heraus. Tagsüber verschanzte sie sich – um den Kontakt zu einem gewissen potenziellen Kunden zu vermeiden –, sooft es ging, im Büroraum. Die Abende überstand sie daheim mit Büchern, Filmen und Musik im Licht ihrer Lampen. Alle paar Stunden dankte sie dem Telefon, dass es noch immer kein Signal von sich gegeben hatte.
    Am vierten Tag nach der abrupt getrennten Verbindung ließ sie erstmals so etwas wie »Gesellschaft« zu. Lara und Valentin, die Händchenhalter, hatten sich bei ihr angekündigt, um ihr, da ihnen eine Frankreichreise bevorstand, jetzt schon, eineinhalb Wochen verfrüht, ihr Geburtstagsgeschenk vorbeizubringen, wahrscheinlich ein Kakao-Gefäß aus Gmundner Porzellan. In den Jahren davor hatte ihr Valentin (damals noch ohne Lara) je eine Gmundner Porzellankanne für Tee, Kaffee und Fruchtsaft geschenkt.
    Nein, es wurde ein wirklich schönes böhmisches Wein- und Wasserglas-Set aus einem Josefstädter Antiquitätenladen. (Lara hatte offenbar ihren Einfluss geltend gemacht.) Judith hatte vor, ihnen, so wie der Name Hannes fiel, vom Scheitern ihrer Beziehung zu erzählen, bei irgendwem musste sie ja damit beginnen. Aber der Name fiel nicht. Wahrscheinlich ahnten sie, was geschehen war, weil er in Judiths Erzählungen, in ihren Urlaubs- und Zukunftsplänen nicht mehr vorkam. Venedig erwähnte sie nur beiläufig, als wäre der Kurzurlaub eine lästige Dienstreise gewesen, durch die sich das dichte Kulturpflichtprogramm erklärte.
    Die zweistündige Plauderei war nett und kurzweilig und lenkte Judith von ihren zermürbenden Gedanken ab. Beim Abschied überraschte sie Lara mit der tröstlichen, augenzwinkernden Bemerkung: »Wird schon wieder!« Und Valentin umarmte sie behutsam und

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