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Ewig Dein

Ewig Dein

Titel: Ewig Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Glattauer
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aufmunternd wie eine Krisengeschüttelte. Vermutlich musste man gar nicht darüber reden, um alles zu wissen, dachte sie.
     
6.
    Mit angenehmer Müdigkeit und in der Hoffnung auf sieben traumlose Stunden betrat sie das Schlafzimmer und drehte das Licht des Prager Messinglusters an. Ein paar Augenblicke betrachtete sie misstrauisch das Bett, bis sie wusste, dass es die Wölbung am Fußende war, die sie irritierte, weil sie vor wenigen Stunden noch nicht da gewesen war. Sie zog die Bettdecke zurück – und schrie nur deshalb nicht auf, weil es nicht wahr sein konnte, weil das Fenster geschlossen war, und durch die Tür konnte er nicht eingedrungen ein.
    Aber trotzdem – da lag dieses schmale, längliche, kegelförmige wahnwitzige Ding auf dem Leintuch. Und oben ragten drei gelbe Rosenköpfe heraus. Sie ergriff die Stengel und schleuderte sie gegen die Wand, versuchte sich zu beruhigen, kauerte sich mit an die Brust gepressten Beinen neben das Bett, bemühte sich, Ordnung in ihren Kopf zu bekommen: Zuerst der Zettel. Sie kroch zu den geknickten Blumen, stieß sogleich auf das dicke Bleistiftherz. Daneben stand in Blockbuchstaben: »… GEMEINSAM?« Das verdammte Rätsel war nun komplett: »WAS HABEN DIESE UND DIESE UND DIESE ROSEN GEMEINSAM?« – Gelb waren sie. Von Hannes kamen sie. Ausgeliefert war sie ihnen. Angst jagten sie ihr ein. Scheiße.
    Endlich ein Anflug von Logik: Es gab nur eine einzige Möglichkeit, wie die Blumen in ihr Bett gelangt sein konnten. – Bei Valentin landete sie in der Mobilbox, bei Lara ertönte das Freizeichen. Lara: »Hallo.« Judith: »Hallo. Habt ihr mir die Rosen unter die Decke gelegt?« (Sie verstellte ihre Stimme, sodass sie halbwegs normal klang. Niemand durfte ahnen, in welchem Ausnahmezustand sie sich befand.) Lara: »Ja, sicher. Der Heilige Geist war es nicht. Das war eine Überraschung, nicht wahr?« Sie kicherte. »Wir wollten auch einen kleinen Beitrag zu eurer Versöhnung leisten.« Judith: »Versöhnung?« Und dann erzählte Lara die Geschichte.
    Seit einigen Wochen trafen sich Hannes und Valentin regelmäßig zum Tennisspiel. (Das hatten sie sich bereits bei der ersten Begegnung im Mai, auf Ilses Terrasse, vorgenommen. Interessant. Nie hatte Hannes auch nur ein Wort davon erwähnt.) Nach dem Spiel saßen sie zumeist noch beisammen, auch Lara war zwei, drei Mal dabei.
    War Hannes in seiner offen deklarierten Liebe zu Judith zunächst »der glücklichste Mensch auf Erden«, so erzählte er ihnen vor zwei Tagen zerknirscht, dass die Venedig-Reise leider »ein bisschen verunglückt« war, dass er sie, Judith, »mit ein paar dummen Bemerkungen und Gesten« verärgert hatte, und dass er nun »die kleine Beziehungskrise« mit Rosen und anderen Aufmerksamkeiten wieder beizulegen trachte.
    Da sie ohnehin vorhatten, Judith zu besuchen, fragte er sie, ob er ihnen das Blumengeschenk mitgeben durfte. Sie sollten es aber, das war sein Wunsch, geheim zurücklassen, verstecken, »vielleicht im Bett«, um den Effekt zu erhöhen, und um Judith zu ersparen, über die »dumme Beziehungskrise« auch noch unnötige Worte zu verlieren.
    »Na großartig«, murmelte Judith ins Handy, »jetzt setzt er auch schon meine Freunde auf mich an.« Lara: »Was sagst du?« Judith: »Lara, ich habe mich von Hannes getrennt, und zwar endgültig. Richte das bitte auch Valentin aus. Und allen anderen. Und vor allem Hannes, wenn ihr euch wiederseht, beim Tennis oder sonst wo!« Lara: »Ach Judith, du klingst so verzweifelt. Kopf hoch, es wird schon wieder, da bin ich mir sicher!« Judith: »Lara, es wird nicht. Es ist.«
     
7.
    Mit jedem Tag ohne »Zwischenfall« wuchs ihre Hoffnung, dass er es nun kapiert hatte. Bianca wollte ihn einmal »an der Auslage vorbeihuschen gesehen« haben. »Warum kommt er nicht mehr rein, Frau Chefin?«, fragte sie. »Er ist momentan sehr beschäftigt«, erwiderte Judith. Auf Bianca konnte die Wahrheit noch eine Weile warten.
    Im Grunde wartete die Wahrheit leider auf alle. Judith war noch nicht so weit, mit irgendjemandem über Hannes und die gescheiterte Beziehung zu reden. Ihr graute vor jedem »Kopf hoch!« und »Wird schon wieder!«, vor den enttäuschten Gesichtern ihrer Freunde und Vertrauten, die es so erbarmungslos gut mit ihr meinten, die nur das Beste für sie wollten und die nun mit ansehen mussten, wie ihr das Beste wieder einmal nicht gut genug war: Hannes, der Lotto-Sechser, der Prototyp des vom Zufall erzwungenen Lebensglücks. Da war er, der Traummann, exklusiv

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