Ewig Dein
aber nicht so hell, weil den hat praktisch der Würfel sechs immer mit beleuchtet, weil im Sechser hängt wahrscheinlich die Lampe.« Judith: »Okay, und?« Bianca: »Immer wenn der Herr Hannes das Haus betreten hat …« Judith: »Ja, die Ganglichter, das kennen wir schon. Bitte komm zum Punkt!« – »Seien Sie nicht so ungeduldig, Sie nehmen mir den ganzen Spaß!«, beschwerte sich das Lehrmädchen. »Komm, sag schon«, brummte Basti.
Bianca: »Also dem Basti ist irgendwann einmal aufgefallen, dass der Würfel fünf auf einmal heller geleuchtet hat als vorher, und zwar genau dann, wenn der Herr Hannes nach Hause gekommen ist. Zuerst hat er natürlich geglaubt, dass ist ein Megazufall. Aber immer wenn …« Judith: »Hannes nach Hause gekommen ist …« Bianca: »Genau, Chefin. Dann hat der Würfel fünf auf einmal heller geleuchtet. Und zwar hundertprozentig sicher deshalb, weil wer auf Würfel fünf das Licht aufgedreht hat. Und dieser Jemand kann nur einer sein.« – »Der Herr Hannes«, brummte Basti. Bianca: »Schon spannend, oder? Das heißt nämlich nichts anderes, als dass der Herr Hannes gar nicht in seiner Wohnung wohnt. Sondern, wenn er überhaupt wo wohnt, dann wohnt er in der Nachbarwohnung.« – »Nisslgasse 21«, murmelte Basti. Bianca: »Und wenn er dort alleine wohnt, dann ist er aber ur kein Stromsparer, sondern eher das Gegenteil, weil er dann nämlich den ganzen Tag das Licht auf Würfel sechs brennen lässt.« Judith: »Also wohnt er vielleicht gar nicht …« – Bianca: »Alleine! Super, Frau Chefin, genau das Gleiche haben der Basti und ich uns volle auch gedacht.« – »Und vielleicht …« – Bianca: »Ja genau, Chefin.« – »Die gehbehinderte Witwe mit den Bananen«, brummte Basti und drehte an seiner silbernen Kugel.
6.
Fünf Tage musste sie bei vermeintlich schwachem Verstand so tun, als wäre nichts gewesen. Das war neben der Nachprüfung in Mathematik in der siebenten Klasse die bisher schwierigste Aufgabe und das Meistern derselben die vermutlich größte Leistung in ihrer Biografie.
Am zwanzigsten Dezember war Hannes ganztägig mit Terminen und Weihnachtserledigungen beschäftigt. Mama war ab Mittag an das Lampengeschäft gebunden, weil Bianca dringend zum Frauenarzt musste, was man einem Lehrmädchen beim besten Willen nicht verbieten konnte, erst recht nicht vier Tage vor Weihnachten.
Tatsächlich holten Bianca und Feuerwehrmann Basti in Dienstkleidung Judith gegen dreizehn Uhr im dichten Schneetreiben ab, um gemeinsam das Haus Nisslgasse Nummer 14 zu besuchen. »Schauen Sie, Chefin«, sagte Bianca vom Beifahrersitz des parkenden Autos aus, »in der vierten Reihe von unten leuchten zwei Würfel, der fünfte schwach und der sechste stark. Wie wir immer gesagt haben.«
Bianca blieb im Auto und beobachtete den Eingang, um gegebenenfalls per Handy Hannes-Warnung auszugeben. Basti hatte das Haustor in wenigen Sekunden geöffnet. Er fuhr mit dem Lift in den vierten Stock und klingelte bei Tür Nummer 21, Judith stand ein paar Stufen weiter unten im Treppenhaus und lauschte, was geschah. Dreimal wiederholte sich das Klingelgeräusch, einmal murmelte er: »Niemand da.« – Dann machte offensichtlich jemand die Tür auf. Basti brummte etwas von »Brandschutz, Kontrolle, Fluchtwege, Routine, dauert nicht lange«. Nach einer ewig langen Pause fiel die Tür ins Schloss. Judith wartete noch ein paar Augenblicke, um sicherzugehen, dass Basti in der Wohnung war. Dann trippelte sie die Stufen hinunter und eilte zu Bianca ins Fahrzeug. »Wollen Sie auch?«, fragte diese und hielt Judith einen nach Walderdbeeren riechenden Lippenstift entgegen. »Ist volle gut gegen Nervosität.« Basti kam etwa fünf Minuten später. Sein Mund war noch weiter offen als sonst.
7.
»Eines ist klar, Frau Judith, der Herr Hannes hat Sie angelogen«, sagte Basti. Sie saßen zur Nachbesprechung im Gasthaus Raab, einem beliebten Feuerwehr-Treff mit Selbstbedienung an den Bierzapfhähnen, über denen ein Schild mit der Aufschrift »Lösch-Training für Fortgeschrittene« angebracht war. Das Problem bestand darin, dass man jetzt auf Bastis Worte angewiesen war, und die musste man ihm einzeln aus der Kehle kitzeln.
Geöffnet hatte ihm eine etwa sechzig- bis siebzigjährige, nicht gehbehinderte Frau ohne kleine Kinder, zumindest waren keine anwesend. – »Wie sah sie aus?« Basti: »Eh normal. Aber sie wollte mich zuerst nicht reinlassen.« – »Warum nicht?« Basti: »Weil sie gesagt hat, dass ihr
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