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Ewig Dein

Ewig Dein

Titel: Ewig Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Glattauer
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unauffälligsten entsorgen ließ. Hin und wieder, wenn die Schale makellos gelb war, aß sie sogar eine Frucht – schmeckte eigentlich gar nicht so schlecht und fühlte sich im Magen angenehm rund an.
    Wenn er außer Haus war, ließ sie sich von Bianca abholen, um sich die Beine zu vertreten, wie sie es offiziell nannte, und um ihre Lunge an den Winter zu gewöhnen. Mama, die das Lampengeschäft dann alleine hüten musste, akzeptierte diese Ausflüge nur unter Protest. Lieber hätte sie Hannes auch im Freien an der Seite der Patientin gesehen. Wähnten sich Judith und Bianca außer Sichtweite, kehrten sie in die nächstgelegene Konditorei ein, meistens auf echten koffeinhaltigen Cappuccino und fette Nougattorte. Danach wurde gearbeitet, ganz im Sinne von Jessica Reimann.
     
2.
    Auch Bianca mochte keine Bananen. »Für mich wäre es die schlimmste Folter auf der Welt, wenn man mich in einen engen Raum ohne Fenster einsperrt, und zwar gemeinsam mit einer braunen Bananenschale. Ich glaube, ich tät durchdrehen«, sagte sie.
    Judith erzählte ihr, was ihr bezüglich der Oster-Staude im Supermarkt in Erinnerung geblieben war. Es muss beim ersten Treffen im Café Rainer gewesen sein. Judith hatte ihn gefragt, ob er Familie hatte oder ob er die vielen Bananen, die bei ihrer ersten Begegnung in seinem Einkaufswagen gelegen waren, alle selber aß. Er hatte gelacht und inhaltlich etwa folgendermaßen geantwortet: Die Bananen waren für eine gehbehinderte Nachbarin bestimmt, eine Witwe mit drei Kindern. Ein- oder zweimal wöchentlich erledigte er Einkäufe für sie. Er machte das ohne Gegenleistung, weil auch er gerne Nachbarn hätte, die ihm helfen würden, wenn es ihm schlecht ging.
    »Und?«, fragte Bianca nach einer Pause. »Nichts und, das war es schon«, erwiderte Judith. Bianca verzog das Gesicht. »Da habe ich mir jetzt, ehrlich gestanden, volle mehr erwartet, so aufgeregt, wie Sie waren. Was ist da so besonders an der Geschichte?« Judith: »Das Besondere ist, dass er nie wieder auch nur ein Sterbenswörtchen von der Nachbarin erzählt hat.« Bianca: »Okay, das ist komisch. Aber so spannend ist das wahrscheinlich auch nicht, wenn man für jemanden einkaufen geht. Ich meine, wenn man Schuhe einkaufen geht, dann ist das was anderes. Aber Lebensmittel? Was soll man da schon groß erzählen? Vielleicht kennt er die Frau selber nicht gut. Vielleicht bringt er nur die Bananen und die anderen Sachen und geht wieder. Vielleicht ist sie auch inzwischen übersiedelt. Oder gestorben. Da gibt es viele Möglichkeiten, Chefin. Aber wenn Sie wollen …« Judith: »Ich hab da so ein Gefühl, und es ist das erste dieser Gefühle seit langer Zeit. Könnte nicht dein Freund, der Basti, ein bisschen …« – »Na klar, Sie wissen ja, der macht so was urgern. Er kann ja sagen, er ist der neue Fahrradbote oder so.«
     
3.
    Bastis Recherchen in der Anlage Nisslgasse 14 verliefen eher unbefriedigend. Einzig die serbische Hausbesorgerin im Erdgeschoss hatte sich als auskunftswillig erwiesen. Und die schloss aus, dass hier eine gehbehinderte Witwe mit drei Kindern lebte. Bianca: »Das weiß sie deshalb so genau, weil im ganzen Haus überhaupt keine Kinder wohnen, außer ihr eigenes Baby, und dann noch eines im Bauch von der schwangeren Frau Holzer nebenan, die aber leider volle keine Witwe ist. Und sehr gehbehindert kann sie auch nicht sein, weil sie erst im Sommer den City-Marathon gelaufen ist, da war sie aber noch nicht schwanger, zumindest hat sie es noch nicht gewusst, weil wenn man schwanger ist und man läuft Marathon …« – »Ich versteh schon«, sagte Judith.
    Bianca: »Sehr gut kennt sich die Hausbesorgerin mit den Mietern aber auch nicht aus. Das ist so ein Haus, hat sie dem Basti erzählt, wo keiner den anderen kennt, typisch wienerisch halt. Da riecht es dann irgendwann nach einer Leiche, und plötzlich weiß man erst, dass da wer gewohnt hat. Und dann liest man in der Zeitung, dass der, der gestorben ist, eher unauffällig war. Na sicher, sonst wäre er ja jemandem aufgefallen, oder?« – »Stimmt«, sagte Judith.
    Bianca: »Sie hat auch zum Beispiel gar nicht gewusst, dass auf Tür Nummer 22 der Herr Bergtaler wohnt, weil sie nämlich gar nicht gewusst hat, wer das überhaupt sein soll. Wie der Basti ihn dann beschrieben hat, hat sie zu ihm gesagt, ah, das ist der nette Mann, der mir immer die Tür aufhält, der ist wenigstens freundlich und kann grüßen. Aber dass er auf Nummer 22 im vierten Stock wohnt, hat sie auch

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