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Ewig Dein

Ewig Dein

Titel: Ewig Dein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Glattauer
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da wuchs, aber Sehnsucht blieb Sehnsucht, und Judith war endlich wieder einmal süchtig danach.
     
2.
    Am zweiten Samstag im Mai war sie abends bei Ilse und Roland zum Revanche-Essen für Ostern eingeladen. Auch Gerd und das beharrlich Händchen haltende Paar Lara und Valentin waren wieder dabei. Es war warm genug, um auf der Terrasse zu sitzen. Die billigen und wenig originellen Gartenlaternen störten nicht weiter, vier dicke Partykerzen rund um den Tisch wärmten das elektrische Licht auf und gaben ihm Farbe.
    Gegen acht Uhr, als Roland den mit Shrimps besetzten, von Avocado belegten und mit Koriander geschmückten »Gruß aus der Küche« auftrug, waren Mimi (4) und Billi (3), nach aufwühlender Beschlagnahme jedes einzelnen Besuchers, bereits müde und quengelig. Um zehn Uhr, als Ilse zum Abschluss die »kinderleichte Käsetorte« nach Jamie Oliver servierte, hatten sich die Kleinen endlich erfolgreich in den Schlaf geplärrt, und so etwas wie Unterhaltung für Erwachsene konnte entstehen.
    »Es gibt Neuigkeiten«, sagte Judith unter Zuhilfenahme ihres dritten Glases Cabernet Sauvignon. »Wie heißt er?«, fragte Gerd. Er hatte sie beobachtet. Sie hatte kein Geheimnis daraus gemacht, ein schönes Geheimnis in sich zu tragen. »Er heißt Hannes, und er wird euch gefallen«, erwiderte Judith, leider viel zu enthusiastisch, was sich sogleich rächen sollte.
    »Warum ist er nicht hier?«, fragte Ilse, beinahe fassungslos. Auch Roland wirkte gekränkt. Und plötzlich baute sich eine mit künstlicher Empörung geladene Stimmung auf, die in Gerds absurder Idee gipfelte, Judith könnte ihren Fehler wiedergutmachen und jenen Hannes, der allen gefallen würde, anrufen, um ihn spontan dazuzuladen. So neugierig waren sie auf ihn.
    Judith wehrte sich heftig dagegen. Sie wollte ihn noch eine Weile nach Lust und Laune frei verfügbar im Kopf genießen und nicht bereits unverrückbar auf der Sitzbank neben sich haben. Es war auch kaum anzunehmen, dass er samstagnachts auf Abruf bereit war, sich von fremden Gastgebern an den Westrand Wiens locken zu lassen.
    Aber schließlich gab sie dem Druck der Freunde nach und schickte Hannes, mehr als Geste als aus Verlockung, ein SMS, er möge doch zu der Gruppe dazustoßen, sie saßen gerade so nett beisammen, er wäre herzlich eingeladen, die Adresse lautete so und so. Sie tat dies in der Gewissheit, dass er sich nicht melden würde, dass er unterwegs oder beschäftigt war, dass er die Nachricht wahrscheinlich gar nicht registrieren würde, jedenfalls nicht früh genug, um zu kommen, selbst wenn er, was sie erst recht für ausgeschlossen hielt, tatsächlich nichts Besseres zu tun gehabt hätte. Keine Minute später langte auf Judiths Handy die Meldung ein: »Vielen Dank für die Einladung!!! Bin in zwanzig Minuten da! Hannes.«
     
3.
    An die folgenden Stunden hätte sich Judith später gerne genauer erinnert. Aber sie brauchte zwei weitere vollbauchige Gläser Rotwein, um die Wartezeit zu überstehen, um ihre für sie selbst unerklärlich große Nervosität zu ertränken. So reichte ihre Aufnahmefähigkeit gerade noch für die äußerst bizarre Begrüßungsszene.
    Das Gespräch verstummte. Da stand er plötzlich vor ihnen, in brauner Cordhose, weißem Hemd, zugeknöpft bis zum Kragen, und hellblauem Pullunder, mindestens so euphorisch wie ein soeben aufgerufener bester männlicher Hauptdarsteller bei der Oscar-Verleihung. Sein breites Lachen überstrahlte mühelos die Gartenlichter, als er verkündete: »Ich bin der Hannes.« Judith hatte den Wunsch, sich zu verkriechen. Er beugte sich über den Tisch, drückte jedem fest die Hand, rückte ganz nah an ihre Gesichter, fixierte jedes Augenpaar, wiederholte jeden Namen, mit einer Bedächtigkeit, als ginge er daran, über jeden Einzelnen von ihnen eine Studie zu verfassen.
    Noch immer deutete nichts darauf hin, dass Judith für ihn anwesend war, am wenigsten sie selbst. Aus einem Jutesack holte er zwei gelbe Schachteln: möglicherweise Schokobananen. »Für die Kleinen«, sagte er. Woher wusste er, dass die Gastgeber zwei Kinder hatten? Hatte Judith ihm überhaupt schon einmal von Ilse und Roland erzählt? Hatte sie Mimi und Billi erwähnt? Das hatte er sich tatsächlich gemerkt?
    Für Ilse zauberte er ein Fläschchen Olivenöl aus der Tasche und beließ es bei der flüchtigen Bemerkung: »Meiner Meinung nach das beste in ganz Umbrien, extrem fruchtig, ich hoffe, ihr mögt es.« Roland drückte er schließlich eine Flasche goldgelben

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