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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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Seinem erfüllen, wenn auch kurzen Leben waren nur ein paar Zeilen gewidmet. Nikki spürte, wie sich die altbekannte Traurigkeit wieder über sie senkte, wie immer, wenn sie sich Andrews tragisches Ende vor Augen hielt. Wie unnötig und sinnlos … Sie zerknüllte das verfluchte Erinnerungsstück in der Hand, und statt es in den Papierkorb zu werfen, wo ihre Mutter es hätte finden können, stopfte sie es in ihre Handtasche.
    Im Flur knarrte eine Bodendiele, und sie hörte ihren Vater leise husten. Hastig schob sie das Album zurück in die Schublade und drehte sich rasch um. Da tauchte Big Ron, angestrahlt vom Flurlicht hinter ihm, auch schon im Türrahmen auf. In der Hand hielt er eine Pistole. »Ich dachte mir, die könntest du vielleicht brauchen«, sagte er und trat ins Zimmer. »Eine Pistole?«
    »Zu deinem eigenen Schutz.« Er hielt ihr den kleinkalibrigen Colt hin.
    »Ist sie geladen?«
    »Ja.«
    »Dad, das ist mir nicht geheuer.«
    »Sie ist gesichert. Es kann nichts passieren.«
    »Das hoffe ich. Dad, ich glaube, das ist keine gute Idee. Ich habe nicht mal einen Waffenschein.«
    »Aber du kannst schießen.« Er legte ihre Finger um den Knauf der Pistole, und das kalte Metall fühlte sich erstaunlich vertraut an. »Jedenfalls konntest du es früher. Ich habe dich ein paarmal zur Entenjagd mitgenommen. Du warst ein guter Schütze.«
    »Das liegt hundert Jahre zurück. Und damals habe ich mit einer Flinte geschossen.«
    Er lachte leise. »Mach mich nicht älter, als ich bin. Außerdem hast du mich hin und wieder auch zum Scheibenschießen begleitet. Da hast du eine Handfeuerwaffe benutzt.«
    »Ich stehe nicht sonderlich auf Waffen, Dad. Ich will nicht wie du mit einer geladenen Pistole im Beinhalfter herumlaufen.«
    Sein Lächeln wurde breiter, zwei Falten gruben sich in seine Wangen. »Du musst verstehen, dass ich keine Pistole in meinem Handtäschchen mit mir herumtrage. Und versprich mir, dass du das nicht druckst.«
    »Sehr witzig.«
    »Diese Sache ist nicht witzig, Feuermelder«, sagte er wieder in nüchternem Tonfall. »Im Gegenteil. Bitte behalte die Pistole. Oder erlaube mir, eine für dich auszusuchen, mit der du dich wohler fühlst.«
    »Nein«, erwiderte sie rasch. Sie stellte sich vor, wie ihr Vater ihr eine halbautomatische Waffe samt Magazin in die Hand drückte oder einen Patronengürtel umschnürte, wie ihn die Verbrecher in alten Spaghetti-Western trugen. »Diese Pistole ist schon in Ordnung, aber wir sollten sie besser entladen.« Das tat sie dann auch, nahm die Kugeln heraus und ließ sie in ihre Tasche gleiten.
    »Was willst du machen, wenn du angegriffen wirst? Dem Kerl mit der Pistole eins überziehen?«
    »Wollen wir hoffen, dass es nicht dazu kommt.« Die Waffe wog plötzlich schwer in ihrer Hand.«
    »Ich würde ruhiger schlafen, wenn ich dich bewaffnet wüsste.« Er lächelte sie an. »Pass auf dich auf, Nicole. Deine Mutter und ich … wir haben dich lieb und wollen dich um nichts in der Welt verlieren.«
    Er nahm sie in den Arm. Nikki spürte einen Kloß im Hals, und Tränen brannten in ihren Augen. Der Geruch von Zigarrenrauch und Whiskey haftete ihm an, eine Duftmischung, die zu ihm gehörte, solange sie denken konnte. »Ich habe dich auch lieb, Daddy.«
    »Ich bin stolz auf dich.« Er ließ sie los und ging hinaus. Auf seinem Weg zum Wohnzimmer hörte sie die Treppenstufen unter seinem Gewicht ächzen.
    Nikki ließ sich auf die Bettkante sinken und hielt die ungeladene Pistole in einer Hand. Sie war im Allgemeinen strikt dagegen, dass alle Welt mit einer Handfeuerwaffe herumlief. Doch nachdem der Grabräuber in ihre Wohnung eingebrochen war, musste sie sich wohl oder übel schützen. Also steckte sie den Colt in ihre Handtasche.

21. Kapitel
    E s war Zeit, zur Tat zu schreiten. Er spürte die Rastlosigkeit. Das Verlangen. Den Hunger, eine Gier, die er nur auf eine einzige Weise stillen konnte. Er schaltete das Tonbandgerät ein und lauschte den Schreien. Barbara Jeans waren verzweifelt, voller Panik, kreischend und flehend, die der alten Dame waren nur ein Wimmern. Er hatte beide Aufnahmen miteinander vermischt, und als er nun an seinem Tisch saß und mit den Fingern über die in Plastik eingeschweißten Fotos strich – Aufnahmen von der Schulabschlussfeier, Geschäftsfotos, sogar eins vom Schulabschlussball –, schloss er die Augen und stellte sich vor, wie es klingen würde, wenn sämtliche Verdammten gefangen, begraben und ihre Hilferufe aufgenommen sein würden. Seine

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