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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Jackson
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großzügigen Trinkgeld und eilte, die Sporttasche geschultert, zur Turnhalle. Der Nebel hatte sich während ihres Aufenthalts in dem Restaurant zu einer wabernden Suppe verdichtet, die Straßen erschienen ihr noch dunkler. Zum Teufel mit Nikki! Immerzu ließ sie Simone hängen. Es war ja keineswegs so, dass Nicole Gillette kein Verantwortungsbewusstsein besaß. Aber sobald es um ihren Job ging oder um das, was sie als solchen betrachtete, war sie total besessen. Sie hatte sich so sehr darauf eingeschossen, eine Spitzenberichterstatterin im Bereich Kriminalität zu werden, dass sie alles und jeden in ihrem Umfeld aus dem Bück verlor und die eine oder andere Verabredung einfach vergaß. In diesem Moment, so vermutete Simone, war Nikki wahrscheinlich wieder einmal intensiv mit der Lösung des Rätsels um die Identität des Grabräubers beschäftigt. Ein Umzug wäre für Simone eine willkommene Abwechslung, eine Möglichkeit, Leute kennen zu lernen, neue Freunde zu finden, die mit Andrew weder verwandt noch bekannt waren.
    Die Traurigkeit fuhr in ihr Herz wie ein Messerstich. Sie hatte ihn so sehr geliebt, und er hatte die Beziehung beendet. Dabei hatte er stets geschworen, sie auf Händen zu tragen, hatte sie sogar gefragt, ob sie seine Frau werden wollte. Der Bruch vollzog sich, nachdem er die Absage von Harvard erhalten hatte. Warum nur? Glaubte er, er könnte ihre Ansprüche nicht erfüllen, oder steckte mehr dahinter? Womöglich eine andere Frau? Wer wusste das schon? Es würde niemals ans Licht kommen. Das Traurigste an der Geschichte war, dass Simone bezweifelte, sich jemals wieder so leidenschaftlich und glühend in einen Mann verlieben zu können. Sie hatte Andrew ihr Herz geschenkt, ihre Jungfräulichkeit und ihre Selbstachtung. Etwas in ihr war der Meinung, dass sie nichts davon zurückbekommen würde.
    »Ach, hör auf«, sagte sie leise, wütend auf sich selbst. »Nach der jahrelangen Therapie empfindest du immer noch so? Reiß dich endlich mal zusammen!«
    Beschwingt von den Martinis fiel ihr jetzt erst auf, wie leer die Straßen waren. Was nicht weiter schlimm war. Gleich hatte sie die Sporthalle erreicht. Als sie um die letzte Kurve bog, sah sie bereits die warmen Lichter der Halle durch die Nacht glimmen. Wie Leuchtfeuer war das Licht in den Fenstern ein wenig trüb, was wahrscheinlich einerseits auf den Nebel ringsum und andererseits auf den angenehm warmen Alkoholdunst in ihrem Kopf zurückzuführen war. Aus der Ferne hörte sie Weihnachtslieder, und wieder wurde sie daran erinnert, dass das Fest vor der Tür stand, die Jahreszeit, zu der sie sich damals bis über beide Ohren in Andrew Gillette verliebt hatte. Warum sie nie aufgehört hatte, an ihn zu denken, begriff sie bis heute nicht. Was mochte Nikki ihr erzählen wollen über ihren Bruder, jetzt, acht Jahre nach seinem Tod? Mit zusammengekniffenen Augen erkannte sie Jakes Wagen, der unter einer Straßenlaterne abgestellt war. Simone lächelte. Jake Vaughn war nicht der erste Mann, für den sie sich nach Andrew interessierte. Seit dessen Tod hatte sie durchaus Männer kennen gelernt, Sex gehabt und auch Beziehungen. Keiner hatte sie so gefesselt wie Nikkis Bruder, doch Jake hatte ein gewisses Potenzial. Eindeutig. Er war zweifellos der schärfste Typ, dem sie seit langer, langer Zeit über den Weg gelaufen war. Falls er anbiss und Interesse an ihr zeigte, würde sie vielleicht doch nicht umziehen müssen. Sie schritt noch ein bisschen schneller aus. Die Sporthalle war nur noch einen Häuserblock weit entfernt. Bloß noch durch diese Gasse. Auf einmal hörte sie ein merkwürdiges Geräusch, wie ein Fauchen, das die Stille durchbrach. Als sie sich den dunklen Schaufenstern eines Kaufhauses zuwandte, sah sie ihr Spiegelbild und … noch etwas … Die schattenhafte, bedrohliche Gestalt eines Mannes, versteckt zwischen zwei Autos. Er sprang hoch und zog heftig an irgendwas. An einem Seil?
    Sie rannte los. Adrenalin jagte durch ihre Adern und trieb sie an. Angst erfasste sie. Der Mann zerrte mit aller Macht. Im selben Moment stießen ihre Schienbeine gegen etwas Straffes, Unsichtbares, das scharf genug war, um ihre Jogginghose aufzuschlitzen und ins Fleisch zu schneiden. Der Schmerz schoss durch ihr Bein.

23. Kapitel
    W arte!« Reed, den Jackenkragen eng um den Hals gezogen, verließ das Gebäude. Er verlangsamte seine Schritte nicht, doch Morrisette rannte über den von Pfützen übersäten Platz und um zwei Streifenwagen herum, um ihn

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