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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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Zeit, wir haben die Prophezeiung erfüllt. Erinnern Sie sich an den 19. November 1942, Obergruppenführer? Da waren Sie mit den höchsten tschechischen Würdenträgern in der Wenzelskapelle versammelt, gleich neben der Goldenen Pforte des Doms St. Veit, und der tschechische Staatspräsident Emil Hacha übergab Ihnen die sieben Schlüssel zur Krönungskammer. Minuten später standen Sie dann gemeinsam vor dem Allerheiligsten der Tschechen, der Wenzelskrone, erinnern Sie sich?«
    Heydrich nickte spöttisch und verzog den Mund. »Nichts als Aberglaube«, versetzte er und fiel zurück in die Kissen.
    Unbeeindruckt fuhr der Anführer fort: »Die Wenzelskrone – versehen mit einem juwelengeschmückten Kreuz, besetzt mit einem Stachel, angeblich von der Dornenkrone Christi und belegt mit einem Fluch: Wer sich diese Krone unbefugt aufsetzt, wird binnen Jahresfrist eines gewaltsamen Todes sterben, und danach sein ältester Sohn.« Der Anführer schwieg. Es war ganz still im Zimmer, nur der stoßweise Atem von Heydrich war zu hören.
    »Sie setzten sich die Krone auf, in Ihrer grenzenlosen Überheblichkeit, zum Entsetzen der Tschechen. Sie wussten ja, es kann Ihnen nichts geschehen, nicht wahr, Heydrich? Sie hatten ja das Geheimnis …«
    Der Mann im Bett hatte die Augen geschlossen und antwortete nicht.
    »Es ist nicht wichtig, wer wir sind. Es gibt uns schon seit Jahrhunderten, aber heute sind wir gekommen, weil alle, die Friedrichs Geheimnis entdeckt haben, sterben müssen. Das ist die wirkliche Ironie des Schicksals und wenn Sie nachdenken, dann werden Sie es verstehen. Sie sind nicht der erste, Obergruppenführer, und Sie werden nicht der letzte sein. Damit werden wir auch die alte Prophezeiung der Tschechen erfüllen, aber das ist eine andere Geschichte.«
    Heydrich drehte den Kopf und sah ihn lange stumm an.
    »Bis zum Schluss?«, flüsterte er dann und der große Mann in der SS-Uniform meinte nur ruhig: »Ja, bis zum Schluss. Alle Welt wird glauben, Sie seien an einer Bauchfellentzündung und einer Sepsis gestorben. Ein winziges Stück der Innenverkleidung des Mercedes 320 sei in Ihrem Bauch vergessen worden und daran …« Er vollendete den Satz nicht. Heydrich wurde von den ersten Krämpfen geschüttelt. Langsam glitt er ins Koma.
    Die drei Männer wachten die ganze Nacht an seinem Bett, saßen abwechselnd am Boden und auf dem einzigen Sessel neben dem Bett des Reichsprotektors. Die anderen beiden Männer hielten vor der Tür Wache, die Maschinenpistolen im Anschlag. Einmal, gegen Mitternacht, wollte eine Schwester nach dem verwundeten Reichsprotektor sehen, die beiden Wachen hinderten sie jedoch daran und schickten sie wieder fort.
    Am frühen Morgen des 4. Juni, um 04:30 Uhr, starb Reinhard Heydrich, ohne das Bewusstsein nochmals erlangt zu haben. Der junge Arzt in der SS-Uniform fühlte nach seinem Puls und als er nichts mehr spürte, öffnete er die Tür zum Flur und ging eine Rollbahre holen. Darauf luden die drei Männer die beiden toten Wachen, deckten sie mit einem großen weißen Tuch zu und schoben sie schließlich aus dem Krankenhaus. Ihr entschiedenes Auftreten und ihr grimmiger Blick schreckte jedes Nachfragen ab.
    Die beiden SS-Obersturmbannführer an der Tür des Krankenzimmers wurden um 06:00 Uhr früh wie geplant abgelöst und nachdem sie zuvor ihre Armbinden abgestreift hatten, schöpfte niemand Verdacht. Sie gähnten und streckten sich demonstrativ und waren aus dem Spital verschwunden, bevor der diensthabende Arzt eine Stunde später feststellte, dass der Reichsprotektor für Böhmen und Mähren in der Nacht an den Folgen des Attentats gestorben war.
    Noch am nächsten Tag ließ Himmler von Vertrauensleuten den persönlichen Tresor Heydrichs öffnen, angeblich um gegen ihn und andere gesammeltes Material sicherzustellen. Als er keinerlei Aufzeichnungen über Friedrich und sein Geheimnis fand, war er maßlos enttäuscht und verdächtigte Heydrich des Staatsverrats. Den kleinen, sechszackigen Stern aus Karton, den jemand an die Innenseite des Tresors geklebt hatte, beachtete niemand. Alle hielten ihn für ein Geschenk seiner Kinder an den Vater.
    Am 24. Oktober 1943 radelte Heydrichs ältester Sohn Klaus zum Ärger des Gärtners durch die zusammengerechten und aufgetürmten Laubberge. Auf dem Anwesen »Panenske-Brezany« im Norden von Prag, das die Familie seit mehr als drei Jahren bewohnte, war der Herbst eingezogen und die Bäume der langen Alleen wurden langsam kahl. Klaus drehte seine Runden um

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