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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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um einen Teil seines persönlichen Erfolgserlebnisses geprellt. Aber den letzten Genuss würde er sich nicht nehmen lassen. Als er sich sicher war, dass sie ihre Aufmerksamkeit voll und ganz auf ihre hoffnungslose Suche gerichtet hatten und ihm keine Beachtung mehr schenkten, erhob er sich lautlos, zog seine Beretta aus dem Schulterhalfter und schraubte bedächtig, wie ein stiller Genießer, den Schalldämpfer auf den Lauf. Er kostete jede Sekunde dieses Rituals, dieses unglaublich befriedigenden Augenblicks aus, ließ sich Zeit. Dann lud er durch, hob langsam seinen Arm, zielte mit der Waffe in der Hand.
    Nur nichts überstürzen, sagte er sich, einer nach dem anderen, mit ein paar Sekunden Zeit dazwischen, wie es sich gehört. Ruhig und flach atmend beobachtete er Sina über Kimme und Korn, zielte zwischen seine Schulterblätter, dann auf seinen Hinterkopf. Seine Hand zitterte nicht, stellte er mit Befriedigung fest. Der Druckpunkt am Abzug war erreicht, der Moment der Wahrheit und des Todes gekommen. Gavint verspürte so etwas wie Feierlichkeit, wie immer. In diesem Moment klingelte sein Handy laut und schrill.
    Valerie hatte Tschak aus dem Auto springen lassen, während sie telefonierte und der kleine Hund schnupperte aufgeregt an den Reifen des »Pizza-Expresss«. Fred Wineberg wollte sie nicht aus der Leitung lassen, wollte ihre Stimme hören, wollte mehr aus ihrem Leben erfahren und erzählte aus seinem. Schilderte seinen Weg von New York an die Westküste in den fünfziger Jahren, sprach von seiner Zeit in Kalifornien und von der ersten kleinen Zeitung, die er in einem winzigen Nest an der Grenze zu Arizona gekauft hatte, dem »Blythe Chronicle«. Es war, als sei eine längst vergangene Zeit wieder lebendig geworden und Valerie hörte fasziniert zu. War es tatsächlich möglich, dass dieser Mann am anderen Ende der Leitung ihr Großvater war? Goldmann war immer mehr geneigt, es zu glauben. Tschak wälzte sich im warmen Gras und streckte die Pfoten genießerisch von sich.
    Der Klingelton schnitt durch die Stille der Natur wie Damaszenerstahl. Aufgeschreckt drehte sich Georg um, schaute in die Richtung, aus der das schrillende Geräusch gekommen war. Mit einem Blick erfasste er die Lage. Der Unbekannte kramte mit verärgertem Gesicht in seiner Manteltasche, holte ein Handy hervor und hielt es ans Ohr. In der anderen hielt er eine Pistole, die mit dem Schalldämpfer obszön lang aussah.
    »Verdammt, Paul, nichts wie weg, der Kerl hat eine Waffe!!«, schrie Georg und rannte mit eingezogenem Kopf tiefer in das kleine Mauerlabyrinth in Wagners Richtung.
    Paul, der nach einer Fluchtmöglichkeit gesucht hatte, war sofort alarmiert. Aus den Augenwinkeln sah er Georg auf sich zustürzen, sah ihn straucheln und war mit wenigen Schritten neben ihm, um ihn aufzufangen und weiterzuziehen.
    »Wir haben nur eine Chance, Georg, tut mir leid«, keuchte er. Dann sprang er über den Rand der Klamm hinaus und riss Sina mit sich.
    »Was ist los, General?«, fauchte Gavint in das Handy, nachdem er Li Fengs Namen am Display gelesen hatte.
    »Brechen Sie die Operation ab, der Kelch ist leer!«, schrie der Chinese hysterisch am anderen Ende der Leitung. Zugleich sah Gavint, wie Sina plötzlich gebückt weglief, etwas rief und nach Deckung suchte. Sofort riss der Südafrikaner die Waffe hoch und wollte gerade abdrücken, als ein brennender Schmerz durch seine Schulter loderte, seine Finger ihre Kraft verloren und sich ihr Griff um die Waffe löste, die Beretta auf den Boden polterte. Sein Arm fiel augenblicklich schlaff herunter, wie ein Körperteil, der nicht mehr zu ihm gehörte. Eine Blutfontäne spritzte an seinem Gesicht vorbei und als er an sich herunterblickte, sah er eine dünne Metallspitze unter dem Schlüsselbein aus seinem Fleisch ragen. Verständnislos konnte er seinen Blick nicht von dem glänzenden Stück Metall lösen.
    Verdammt!, schoss es ihm durch den Sinn. Ich habe es gewusst. Sie waren die ganze Zeit hinter mit her. Geistesgegenwärtig brüllte er in sein Handy: »Die Krone, Li Feng, die Krone!«, dann wurde es ihm aus der Hand geschlagen und flog in hohem Bogen ins Gras.
    Gavint verdrängte die rasenden Schmerzen in seiner Schulter und fuhr herum. Er erwartete einen gut ausgebildeten Kämpfer der Tempelherren zu erblicken. Stattdessen stand er einer kleinen, schmächtigen Frau im Jogginganzug gegenüber, die seelenruhig die Aluminiumhülle von ihrem zweiten Nordic-Walking-Stock zog. Darunter kam eine lange

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