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Ewig

Ewig

Titel: Ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer , David G. L. Weiss
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da.
    »Dürer.«
    Berner öffnete die Augen, Sina hatte nur dieses eine Wort gesagt und schwieg nun erneut. Seine rechte Hand malte Dreien auf die Tischplatte.
    »Wie bitte? Warum reden heute alle in Rätseln? Wäre es Ihnen möglich, Professor, mit einem kulturgeschichtlich mittelmäßig gebildeten Polizisten so zu sprechen, dass er Sie versteht? Reden Sie von Albrecht Dürer?«
    Sina nickte. »Er war ein Zeitgenosse von Friedrich … Nun ja, wohl mehr von seinem Sohn, Maximilian. Aber vor allem anderen schuf er die drei Meisterstiche, alle mehr oder weniger geheimnisumwoben. Genaue Interpretationen der Experten fehlen bis heute. Der seltsamste heißt ›Melencolia I‹ und zeigt einen blonden Engel mit dunklem Gesicht, der einen Zirkel in der Hand hält. Was ja auch wieder auf den Kreis um die Ruprechtskirche hinweisen würde«, erklärte der Wissenschaftler nachdenklich. »Der Mord ist eindeutig ein Hinweis auf Dürer und seinen Meisterstich, kein Zweifel.«
    Berner war ratlos. »Warum sollte heute jemand einen Mord begehen wegen eines alten Meisterstiches? Was ist an einem verschwundenen Kaiser Friedrich und einem Stich von Albrecht Dürer so brisant, so wichtig und so aktuell, dass deswegen drei Morde begangen werden? Das ist fünfhundert Jahre her! Mir fehlt der Bezug zur Gegenwart, tut mir leid.« Der Kommissar klappte seinen Notizblock zu und gähnte. »Ich hätte zumindest ein paar Stunden schlafen sollen«, brummte er, »aber das hole ich jetzt nach. Danach räume ich meinen Schreibtisch und überlege mir, wie es weitergeht.«
    »Wie wäre es mit einem kleinen Besuch in der Wohnung von Hans Mertens?«, fragte Wagner und schaute Berner unschuldig an.
    »Wagner, Sie träumen und der Wecker hat gerade geläutet, Zeit zum Aufwachen. Wie stellen Sie sich das vor? Wir brechen das Polizeisiegel auf und spazieren einfach da rein?«
    »Sind Sie nicht bei der Polizei, Kommissar?«
    »Waren, Wagner, waren bei der Polizei.« Berner lächelte dünn. »Allerdings habe ich auch schon daran gedacht. Lassen Sie mich überlegen, vielleicht fällt mir dazu etwas ein.«
    Als Sina und Wagner vor dem »Kleinen Café« standen und dem Kommissar hinterherblickten, der um die Ecke der Ballgasse verschwand, deutete der Wissenschaftler auf das Pflaster des Straßenbelags des Franziskaner Platzes. Vor ihnen stand ein Brunnen, in dessen Mitte eine überlebensgroße Statue Moses’ über die Passanten wachte.
    »Bei Sanierungsarbeiten an der Bausubstanz unter der Franziskaner Kirche vor nicht allzu langer Zeit entdeckte man einen Tunnel in Richtung Franziskaner Platz, von dem man vermutete, dass er in früheren Zeiten zum Stephansdom geführt hatte. Fachleute wollten weiter forschen, aber das Kloster war nicht einverstanden und erreichte schließlich, dass der Tunnel zugemauert wurde«, sagte Sina und Wagner überlegte, ob der Gang etwas mit dem Rätsel Friedrichs zu tun haben könnte. »Die Bauarbeiten damals waren überhaupt sehr ergiebig, was die Funde betrifft. Unter den Seitenaltären stieß man auf Grüfte mit mumifizierten Leichen, einen alten Brunnen, gotisches Geschirr, römische Scherben und den Grabstein der letzten Äbtissin des Ordens der Büßerinnen.«
    Sina stieß die Türe zur Kirche auf und unter den wachsamen Augen des heiligen Hieronymus, dessen Statue über dem Haupteingang stand, traten beide ein. Ihr Blick fiel auf den mächtigen Hochaltar, in dessen Mitte die Figur der »Maria mit der Axt« von einer riesigen vergoldeten Sonne umrahmt wurde, in deren Strahlen die Engel spielten. Wieder zeigte Sina auf den Boden, der mit alten Steinplatten ausgelegt war.
    »Unter der Kirche existiert eine bekannte Gruft, in der rund tausend Tote ihre letzte Ruhe gefunden haben. Durch außergewöhnliche klimatische Verhältnisse, die man bis heute nicht ganz erklären kann, sind die meisten der Leichen mumifiziert.« Der Wissenschaftler nahm ein Merkblatt von einem kleinen Tisch und las leise vor: »Die Kirche wurde 1383 gestiftet und 1387 geweiht. Auf welche Erneuerung sich eine überlieferte zweite Weihe von 1476 bezieht, ist heute nicht mehr ersichtlich. Wichtigste Reliquie sind die Gebeine des heiligen Anton. Die Gruft der Kirche ist neben denen der Michaeler Kirche und der Kapuziner Kirche die dritte ›Prominenten- und Adels-Gruft‹ Wiens.«
    Wagner betrachtete die sechs großen Marmorsäulen neben dem Altar und den in gedeckten Farben gestalteten Innenraum.
    »Die älteste Orgel Wiens ist hier aufgestellt worden«, las

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