Ewige Versuchung - 5
der Ankunft auf Clare hatte er schon ein paar Details von seinen Quellen erfahren können. Rupert Villiers hatte sich früher bereits mit einem Vampir angelegt. Vor ungefähr zwanzig Jahren hatte er seine Verlobte an einen Vampir namens Payen Carr verloren. Danach war Villiers im Silberhandorden steil aufgestiegen.
Falls Temples Verdacht zutraf, was Vivian anging, war sie für Villiers von unvorstellbarem Wert. Und sollte Villiers sie hinter Temple hergeschickt haben, dann beschränkten sich dessen Pläne nicht auf eine simple Rache an Vampiren.
Deshalb ließ er das Gerücht verbreiten, dass er nach Payen Carr suchte. Wenn der Vampir noch lebte, würde es zu ihm durchdringen.
Er sah zu seiner Gefangenen. Trocken und in einen alten Morgenmantel gehüllt, war Vivian keinen Deut weniger verlockend als nackt und rosig schimmernd vor Verlangen in der Wanne. Die Gefahr, sich auf eine, wenn auch rein körperliche Beziehung mit ihr einzulassen, war ihm sehr wohl bewusst. Zudem war er nicht so dumm, ihr zu trauen. Sie spielte mit ihm, wie er mit ihr spielte, und sie beide waren entschlossen, zu gewinnen. Das würde ein teuflisches Spiel werden.
»Hast du Hunger?«, fragte er, als sie den blauen Paisleymantel gürtete. Andere an seiner Stelle würden sie geschwächt wollen, ganz ihrer Gewalt ausgeliefert, wohingegen Temple sie bei vollen Kräften wünschte. Ihm war ein fairer Kampf lieber. Bei Gott, er freute sich schon auf die Schlacht mit ihr!
Sie warf ihm einen gleichermaßen dankbaren wie argwöhnischen Blick zu. Beinahe konnte er riechen, wie gern sie ihn schlüge – und wie sehr sie ihn begehrte. »Ja.«
Ja, sie sollte stark sein! »Dann lasse ich etwas zu essen herunterbringen.«
»Und meine Kleider?«
Er grinste, weil er wusste, wie sehr sie es hasste. »Mir gefällst du ohne besser.«
Wie erhofft wurde sie rot. Auch er war hungrig, was ihm erst auffiel, als er ihr Herz schneller klopfen hörte.
»Ich gebe sie dir zurück«, versicherte er ihr, ging quer durch das Zimmer und betätigte den Klingelzug. »Reg dich nicht auf!«
»Ich rege mich nie auf«, erwiderte sie und begann, ihr göttliches Haar zu einem Zopf zu flechten.
»Nie?« Fürwahr, sie amüsierte ihn. »Ich schätze, du lügst auch nie.«
Wäre der Blick, den sie ihm zuwarf, aus Silber gewesen, hätte er ihn getötet.
Vivian stieg auf das Bett und zog sich die Überdecke bis zu den Hüften hoch. Zuvor jedoch hatte Temple noch einen Blick auf ein langes blasses Bein erhaschen können. Diese Frau kam der Perfektion näher, als er es seit langem gesehen hatte.
Was würden seine Ritterbrüder von ihr halten? Fänden seine früheren Gefährten sie ebenso betörend wie er, oder würden sie Vivian schmähen?
Vor allem aber fragte Temple sich, in welchem Maße die anderen ihre Reaktion auf Vivian kontrollieren könnten. Temple selbst vermochte nicht einzuschätzen, wie viel von seiner Faszination Vivian allein oder der Tatsache geschuldet war, dass er zweimal ihr Blut getrunken hatte – ihr süßes, übernatürlich reichhaltiges Blut.
Er sollte fürs Erste vorsichtig sein – zumindest, bis er genauer wusste, wie es auf ihn wirkte.
»Du starrst«, bemerkte sie.
»Ich sehe dich gern an.«
Wieder errötete sie. Sie war wahrlich nicht gut im Kokettieren, und das gefiel ihm. Was auch immer er ihr an Reaktionen entlockte, sie waren echt. Allerdings war sie auch klug genug, es zu ihrem Vorteil zu nutzen, genau wie er es zu seinem nutzen würde.
Er setzte sich an das Fußende des Bettes – nicht so nahe, dass sie gleich eine Abwehrhaltung einnahm, aber hinreichend nahe, um eine gewisse Vertrautheit zu schaffen. »In welcher Beziehung stehst du zu Villiers?«
Vivian erstarrte. »Das geht dich nichts an.«
»Wie bitte?«, fragte er mit hochgezogener Braue. »Der Mann versucht, mich umzubringen, daher würde ich meinen, es geht mich sehr wohl etwas an.« Leider klang es nicht annähernd so zynisch wie beabsichtigt.
»Er will dich nicht töten«, widersprach sie wenig überzeugend, und ihrem Gesichtsausdruck nach bereute sie sofort, vorschnell gekontert zu haben.
»Was will er dann?«
Vivian wandte den Blick ab, und in diesem Moment begriff Temple. Es war nicht an dem, dass sie es ihm nicht verraten wollte.
Sie
konnte
nicht. Sie war gänzlich ahnungslos, was Villiers Pläne betraf, wie er. Mist!
»Was für ein gerissener Mistkerl!«, knurrte er mit einem verbitterten Lachen.
»Er ist
kein
Mistkerl!«, entgegnete sie mit blitzenden Augen und
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