Ewige Versuchung - 5
dass er sie nicht aus den Augen lassen konnte – wollte. Auf keinen Fall durfte Villiers sie in die Finger bekommen!
Egoistisch und dumm, das war er durch sie geworden, und er würde sich deshalb nicht entschuldigen!
»Ich gehe«, verkündete Marcus. »Einige der Bediensteten haben mich gesehen, folglich glauben sie, ich würde zum Orden gehören. Und ich trage den Siegelring, falls jemand fragt. Ich kann vor Sonnenaufgang aufbrechen und bis Sonnenuntergang zurück sein.«
»Sie müssen aufs Festland gelangen«, erinnerte Temple ihn. »Die Fähre kommt erst kurz vor Sonnenaufgang.«
»Ich setze nicht mit der Fähre über. Wenn eine der Frauen mich hier sieht, wirft das nur unnötige Fragen auf. Ich habe einen Mann ausfindig gemacht, der mir gegen eine kleine Summe sein Boot leiht. Damit fahre ich hinüber.«
Temple runzelte die Stirn. »Wann haben Sie das arrangiert?«
Marcus grinste. »Als mich eine gewisse junge Dame fragte, ob mir der Sinn danach stünde, aufs Festland zu fahren und einen Nachmittag mit ihr dort zu verbringen.«
Bishop und Chapel äußerten sich anerkennend, während Pru schmunzelnd den Kopf schüttelte. »Gut gemacht, Marcus! Du hast in einer heiklen Situation deine Liebe entdeckt. Bist du sicher, dass du kein Vampir bist?«
Ihre Bemerkung wurde mit allgemeinem Gelächter quittiert, und auch Marcus lächelte. »Ich bin sicher, und allein schon aus diesem Grund kann ich mit Fug und Recht behaupten, nicht verliebt zu sein. Wir Menschen neigen dazu, derlei Dinge in einem moderateren Tempo anzugehen.«
Aus dem Augenwinkel sah Temple, wie Vivian zu ihm blickte, doch kaum wandte er sich zu ihr um, schaute sie mit verschlossener
Miene aus dem Fenster in die Dunkelheit.
Liebe. Welch ein eigenwilliges kleines Gefühl! Er hatte geglaubt, Lucinda zu lieben, doch mehrere Jahrhunderte ließen einen Mann klarer sehen. Er war von ihr besessen gewesen, hatte sie sogar angebetet. Aber Liebe? Nein, denn als er sie umbrachte, wollte er nicht mit ihr in den Tod gehen, und das wäre bei Liebe doch wohl der übliche Wunsch gewesen. Schied ein Partner aus der Welt, würde der andere ihm folgen wollen, weil er keinen Sinn mehr in seinem Leben sah.
Natürlich gab es manche Leute, die stark genug waren, nach dem Tod eines geliebten Wesens weiterzuleben, nur fürchtete Temple, dass er nicht zu ihnen zählte.
Er wagte nicht einmal, sich vorzustellen, wie Vivian über diese Dinge dachte. Sie liebte ihn nicht, und er glaubte nicht, dass er sie liebte. Selbst wenn er es täte, wäre es viel zu gefährlich, sie umzuwandeln. Womöglich veränderte sich dann ihre Persönlichkeit. Oder, schlimmer noch, es könnte ihr körperlichen Schaden zufügen. Ihr Blut mochte wundervoll für ihn sein, doch niemand konnte sagen, was seines mit ihr anstellte.
»Gut«, stimmte er zu, während er seinen Blick von der großen Rothaarigen am Fenster abwandte, »Marcus geht. Sobald wir wissen, von wo aus der Orden operiert, gehen wir hin und zerstören ihr Quartier.«
»Womit?«, fragte Saint. »Wir besitzen keine Waffen außer uns selbst.«
»Feuer«, antwortete Temple, »wir stecken es in Brand.«
Bishop mischte sich ein: »Einem Feuer können viele entkommen. Was ist, wenn Villiers es schafft? Wir müssen die Möglichkeit ausschließen, dass er so etwas wie das hier noch einmal versucht.« Er blickte zu Vivian. »Entschuldige.«
Sie lächelte matt. »Danke.« Dann starrte sie wieder aus dem Fenster.
Temple gefiel es nicht, aber er musste sich auf die gegenwärtige Aufgabe konzentrieren. »Wir werden dort sein und auf Villiers warten. Er entkommt uns nicht.« Aus Rücksicht auf Vivian ging er nicht näher darauf ein, was geschähe, bekäme er den Mann zu packen, der für all das hier verantwortlich zeichnete. Natürlich würde er ihn töten. Temples Pflicht gegenüber dem Blutgral und seinen Brüdern verlangte, dass Villiers niemandem je wieder Schaden zufügen könnte.
»Mit etwas Glück ist morgen Abend alles vorbei.« Das kam von Saint, der die Hand seiner Frau nahm und in die Runde blickte. »Bringen wir es hinter uns!«
»Und danach können wir unser Leben weiterleben«, ergänzte Bishop. »Vielleicht kommen Marika und ich dich und Ivy besuchen.«
Marika warf ihm ihre Arme um den Hals und juchzte vor Freude. Derweil strahlten Saint und Ivy. Anscheinend hatten Saint und Bishop ihre Differenzen beigelegt. Gut. Es wäre ungünstig, mit einem schwelenden Zwist in die Schlacht zu ziehen.
Und dennoch machte Temple der
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