Ewiger Schwur
Sie würde Informationen verkaufen, wenn das die Miete des letzten Monats abdeckte. Und wer würde das Zimmer jetzt mieten wollen? Der unendliche Redefluss reichte Brends’ Ansicht nach aus, einen Mann in den Wahnsinn zu treiben.
»Meine letzte Mieterin, ermordet – meinen Sie, das würde mögliche Mieter abschrecken? Ich meine es jedenfalls«, erklärte sie, während sie den Schlüssel im Schloss drehte. »Sie werden sich fragen, ob sie die Nächsten sind. Und warum auch nicht? Und noch dazu ein so nettes Mädchen«, fügte sie hinzu. »Amerikanerin. Hat keiner Menschenseele etwas zuleide getan und war so hilfreich. Immer wollte sie ihr Russisch üben, üben, üben. Sie sind einer von denen, nicht wahr?« Sie richtete den Blick auf Brends, und er begriff, dass die alte Frau weder so närrisch noch so blind war, wie er angenommen hatte. »Sagen Sie es mir, da es den Anschein hat, als wäre der Mörder einer von Ihrer Art gewesen.«
Mischka griff ein. Vielleicht hatte sie Angst, dass er der alten Frau die Wahrheit sagen würde.
»Er war es nicht«, erklärte sie entschieden. »Meinen Sie, ich würde ihn herbringen, wenn ich ihn für einen Killer hielte?«
Die alte Frau nickte verständnisvoll. »Genau, Liebes. Er hat dieses Mädchen nicht getötet. Das bedeutet nicht, dass er nicht andere getötet hat, oder?«
Da Mischka nach diesem rhetorischen Volltreffer offensichtlich die Worte fehlten, griff Brends ruhig ein, denn schließlich hatte die alte Frau recht. Er hatte mehr als seinen Anteil an Morden begangen. »Da hat sie dich, Darling«, bemerkte er sanft und trat an der alten Frau vorbei. Als er die Hand um den Türknauf und die knorrigen Finger legte, dachte er für einen Moment, sie würde es darauf ankommen lassen. Dann zog sie die Finger zurück.
»In Ordnung«, räumte sie ein. »Sie können weitermachen. Sie rufen mich an, wenn Sie fertig sind, und dann schließe ich ab. Oh«, fügte sie hinzu, als ihr noch etwas einfiel, »und sie hatte gerade angefangen, sich mit jemandem zu treffen. Großer Bursche«, sagte die Vermieterin und sah neugierig zwischen Brends und Mischka hin und her. »So groß wie Ihr Bursche da. Hatte keine Ahnung, dass sie hier irgendwo ein Nest haben.«
Brends wartete, bis die Vermieterin vom Treppenabsatz verschwunden war, bevor er die Tür zuschlug. Und obendrein abschloss.
Im Gegensatz zu Mischkas Wohnung war Ming Johns Zimmer typisch. Einfach eine weitere Wohnung in M City, die nichts Ungewöhnliches an sich hatte.
»Die Vermieterin hat gesagt, sie sei eine Austauschstudentin gewesen.« Mischka sortierte methodisch die willkürlich verstreuten Papierstapel auf der Theke der winzigen Küchenzeile. »Sie hat Englischunterricht erteilt.«
Die Wohnung war möbliert vermietet worden. Sie roch schwach nach Moder und alten, heißen Platten und Büchern. In eine Ecke war ein eisernes Bett gequetscht worden, das gleichzeitig als Sofa diente. Irgendjemand, vermutlich Ming, hatte einen farbenprächtigen Quilt daraufgelegt und eine Reihe kleiner, harter Kissen. Der Schrank hing voll mit amerikanischer Kleidung von der Stange. Überall waren Bücher und Zeitschriften aufgestapelt, in denen sie unbekannte russische Worte eingekreist hatte. Ein Lexikon mit Eselsohren lag auf dem Boden mitten im Raum. Ming John war jung gewesen. Unbekümmert.
Also, warum war sie zur Zielscheibe geworden? Warum Mischkas Cousine?
Oberflächlich betrachtet hatten die beiden Frauen wenig gemeinsam, bis auf eine Vorliebe für Dämonenclubs.
»Was hat sie zu etwas Besonderem gemacht?« Ungeduldig klopfte er mit dem Finger auf seinen Oberschenkel. »Das ist Zeitverschwendung. Es würde schneller gehen, wenn wir nach unserem Abtrünnigen suchen und ihn einkassieren würden, wenn er seinen nächsten Schritt unternimmt.«
»Schneller für wen?« Sie ignorierte ihn, während sie die Schubladen einer kleinen Kommode öffnete und schloss und den Inhalt von oben bis unten durchstöberte. Regelmäßig hielt sie inne und drehte ein Stück Papier um, das zwischen den Stapeln von Wäsche und billiger Baumwolle steckte. Anscheinend hatte Ming John die üblichen menschlichen Charakterzüge besessen, einschließlich des Irrglaubens, dass es kein sichereres Versteck für persönliche Geheimnisse gab als die Wäscheschublade.
»Mich. Uns.« Er gestikulierte ungeduldig.
»Hmmm.« Sie nahm seine Bemerkung geistesabwesend zur Kenntnis, faltete sorgfältig ein zerknittertes Stück Papier auseinander und las. Als sie sich ein
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