Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds

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Auf manchen Skalen standen die Zeiger am Anschlag, auf anderen wirbelten sie wie Derwische herum, rotierten wie der Höhenmesser in einem Sturzflugbomber. Der Schirm des Leitsystems auf ihrer Seite der Kabine offenbarte gezackte blinde Flecken in den fließenden Konturen des Belastungsenergiegitters. Vor ihrem geistigen Auge stellte sie sich vor, wie lebenswichtige Systeme – Sensor- und Steuertechnik – von der Hülle losgerissen wurden und glühende elektrische Ganglien hinter sich herzogen. Warnleuchten blinkten, aber die Sirenen blieben erstaunlicherweise stumm.
    »Floyd«, sagte sie mit trockenem, trägem Mund, »wie lange war ich weg?«
    »Ein paar Stunden.« Er hatte immer noch die Hand am Joystick, und sie sah, wie er präzise Kursanpassungen ausführte.
    »Ein paar? Es kommt mir vor wie …«
    »Mehr als nur ein paar? Wahrscheinlich waren es mehr als sechs, vielleicht sogar zwölf. Ich weiß es nicht. Irgendwann habe ich jedes Zeitgefühl verloren.« Er schaute sich zu ihr um. Sein Gesicht zeigte Erschöpfung. »Wie fühlst du dich, Mädchen?«
    »Besser.« Sie rieb sich vorsichtig über ihre Verletzung. »Zerschlagen … wund … aber besser. Das UR scheint die Entzündung gelindert und die Blutung gestoppt zu haben.«
    »Heißt das, du wirst durchhalten, bis wir diese Achterbahnfahrt überstanden haben?«
    »Scheint so«, sagte sie.
    »Aber ich vermute, dass du trotzdem Hilfe brauchst, wenn wir da sind.«
    »Ja, aber mach dir deswegen keine Sorgen. Wenn wir eingetroffen sind, wird man sich um mich kümmern.«
    Das Schiff scherte abrupt aus, dann stieß es heftig gegen etwas und rutschte auf seitwärtigem Kurs weg, begleitet von einem bedrohlichen Rumpeln, das durch Mark und Bein ging. Mit verbissener Miene zog Floyd den Joystick hart zur Seite. Auger hörte die koordiniert feuernden Manövrierdüsen und fragte sich, wie viel Treibstoff Floyd bereits dafür verbraucht hatte, sie bis jetzt auf Kurs zu halten.
    »Ich habe zwölf Stunden geschlafen?«, sagte sie, als sie seine Worte verarbeitet hatte.
    »Vielleicht auch dreizehn. Aber mach dir meinetwegen keine Sorgen. Die Zeit ist wie im Fluge vergangen.«
    »Du hast deine Arbeit wirklich gut gemacht, Floyd. Im Ernst, ich bin beeindruckt.«
    Er sah sie mit aufrichtiger und geradezu anrührender Überraschung an, als wäre ein Lob das Letzte gewesen, was er von ihr erwartet hätte.
    »Wirklich?«
    »Ja, wirklich. Gar nicht schlecht für jemanden, der eigentlich gar nicht existieren dürfte. Ich hoffe nur, dass sich deine Bemühungen am Ende gelohnt haben.«
    »Du machst dir immer noch Sorgen, was auf der anderen Seite passieren könnte?«
    »Wir werden viel schneller aus dem Tunnel geschossen kommen, als das System normalerweise verkraften kann – wie ein Expresszug, der mit voller Fahrt auf den Prellbock knallt.«
    »Auf der anderen Seite gibt es doch mehrere Leute, nicht wahr? Leute wie Skellsgard.«
    »Ja, aber ich weiß nicht, wie viel sie für uns tun können. Selbst wenn wir sie warnen könnten … aber wir können keine Verbindung mit ihnen aufnehmen. Man kann keine Signale durch die Röhre schicken, während ein Schiff darin unterwegs ist. Jedenfalls steht es so im Lehrbuch.«
    »Können sie nicht feststellen, was geschehen wird?«
    »Vielleicht. Skellsgard kann mit ihren Instrumenten den Zustand des Tunnels überwachen. Ich weiß allerdings nicht, ob sie erkennen kann, dass die gesamte Verbindung zusammenbricht. Aber sie hat mir etwas von einer Bugschockwelle erzählt. Das ist eine Verzerrung der Tunnelgeometrie, die wir vor uns herschieben. Das können sie mit ihren Instrumenten registrieren, sodass sie es merken, wenn demnächst ein Schiff durch das Portal kommen wird. Ich glaube, dadurch erhalten sie ein paar Minuten Vorwarnzeit.« Auger kratzte sich etwas aus dem Augenwinkel. Die verkrustete Masse fühlte sich dicht und wie etwas Geologisches an, hart und kompakt, wie ein Stück Urgestein aus Granit. »Aber das wird uns nicht helfen. In diesem Fall haben sie noch weniger Vorwarnzeit als sonst, weil wir viel schneller als gewohnt eintreffen werden.«
    »Gibt es denn wirklich nichts, was wir tun können?«, sagte Floyd.
    »Ja«, sagte Auger. »Wir können beten. Und hoffen, dass der Tunnel uns nicht noch mehr beschleunigt. Im Augenblick haben wir durchaus eine Chance, die Sache lebend zu überstehen. Noch etwas schneller, und wir können es vergessen.«
    »Falls wir diesen Punkt erreichen, wäre es mir lieb, wenn du mir nichts davon sagst. Der