Ewigkeit
Weltkrieg gespielt? Im U-Boot-Krieg oder so?«
»Ja«, sagte Skellsgard. »Irgendwann wurde der Enigma-Code geknackt. Die Voraussetzung dazu waren einige Fortschritte in der Kryptoanalyse und auf dem Gebiet der elektromechanischen Rechenmaschinen. Die Aufgabe, Enigma zu knacken, war in gewisser Weise sogar der Anstoß für die gesamte spätere Computerrevolution. Aber das alles ist hier nicht geschehen. Es gab keinen Zweiten Weltkrieg auf E2.«
»Das habe ich mir bereits gedacht, als ich die Karte gesehen habe, die Caliskan mir geschickt hat. Aber ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.«
»Halten Sie davon, was Sie wollen. Tatsache ist, dass der Ablauf der E2-Geschichte erheblich von unserem abweicht. Auf E2 verpuffte der Krieg im Jahr 1940. Es gab für kurze Zeit eine Front in den Ardennen, und dann war schon wieder alles vorbei. Der Vorstoß der Deutschen kam ins Stocken. Die Führung wurde durch einen Staatsstreich abgelöst, wobei von Stauffenberg und Rommel eine wichtige Rolle spielten, und zwei Jahre später war die Nazi-Partei in Richtungskämpfen zerfallen. Hier sprechen die Menschen immer noch vom Großen Weltkrieg, aber es gab niemals einen zweiten, der ihm Konkurrenz gemacht hätte. Kein Zweiter Weltkrieg, keine Anstrengungen, Enigma zu knacken. Die Computertechnik ist hier immer noch auf dem Stand von 1930 – und das ist praktisch der gleiche Stand wie 1830. Das ist gleichzeitig gut und schlecht für uns. Einerseits bedeutet es, dass wir nicht losziehen und Computerbauteile oder sonstige hochgezüchtete elektronische Hardware stehlen können. Es gibt keine Transistoren, integrierten Schaltkreise oder Mikroprozessoren. Andererseits können wir uns sicher sein, dass niemand auf E2 in der Lage ist, unsere Enigma-Botschaften zu entziffern.«
»Also haben Sie diese Geräte benutzt, um mit Susan zu reden.«
»Ja«, sagte Skellsgard. »Aber es war eine strikt einseitige Konversation. Es ist eine Sache, einen Radioempfänger zu bauen. Aber es ist viel komplizierter, einen Sender mit der notwendigen Reichweite zusammenzubasteln, und noch schwieriger, damit zu arbeiten, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Mit genug Zeit hätte sie es schaffen können – wir haben ihr die nötigen Anleitungen mitgegeben –, aber sie war viel mehr daran interessiert, ihre ganz persönlichen Ermittlungen weiterzuverfolgen.«
»Was sie das Leben gekostet hat.«
»Ich kannte Susan. Sie hätte sich niemals auf eine brisante Angelegenheit eingelassen, wenn sie nicht das Gefühl gehabt hätte, dass es das Risiko wert war.«
»Was bedeutet, dass sie einer heißen Sache auf der Spur war? Aber nach Auskunft von Aveling …« Auger schaute zu Barton hinüber, der den Kopf gehoben hatte, wahrscheinlich, weil er Avelings Namen gehört hatte. Sie senkte die Stimme. »Wenn ich Aveling richtig verstanden habe, will Caliskan die Dokumente nur deshalb zurückhaben, damit sie nicht den Einwohnern von E2 in die Hände fallen.«
»Unterschätzen Sie diese Gefahr nicht«, sagte Skellsgard. »Es wäre nur ein Schubs in die richtige Richtung nötig, um sie erkennen zu lassen, dass sie sich in einer AGS befinden. Die Illusion ist sehr gut, aber sie ist nicht fehlerfrei.«
»Trotzdem glauben Sie nicht, dass das der einzige Grund ist, nicht wahr? Wie es scheint, hat hier jeder eine gute Meinung von Susan. Wenn sie sagte, dass sie einer Sache auf der Spur ist …«
»Dann war sie es vermutlich auch. Aber wenn wir wissen wollen, was es war, müssen wir diese Dokumente holen. Und hoffen, dass sie uns ausreichende Hinweise liefern.«
»Da ist immer noch etwas, das ich nicht verstehe«, sagte Auger, die weiterhin leise sprach. »Warum ich? Wenn Sie das Terrain genauso gut kennen, hätten Sie doch als ihre verlorene Schwester auftreten können, statt mich quer durch die halbe Galaxis zu zerren.«
»Es gibt da einen Haken«, sagte Skellsgard.
»Noch einen? Aber was rede ich da? Natürlich gibt es noch einen. Ich sollte allmählich anfangen, eine Sammlung anzulegen.«
»Aus irgendeinem Grund wollte Susan, dass Sie ihre Schwester spielen. Das hat sie auf der letzten Postkarte mitgeteilt, die sie uns geschickt hat.«
Auger runzelte die Stirn. Bis zu diesem Moment hatte sie nicht mehr als eine entfernte professionelle Beziehung zu Susan White gehabt. Von der akademischen Rivalität abgesehen, hatte sie weder Sympathie noch Antipathie für diese Frau empfunden, doch darüber hinaus war sie ihr praktisch unbekannt gewesen. »Das verstehe ich
Weitere Kostenlose Bücher