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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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zog sich ein frisches Hemd an und kochte dann Tee. Floyd setzte sich an seinen Schreibtisch, zog das Telefon heran und meldete bei der Vermittlung ein Auslandsgespräch nach Berlin an. Er gab die Nummer von Kaspar Metall durch, die er aus dem Brief hatte, und wartete darauf, dass die Verbindung zustande kam.
    Nach einer Weile hörte er wieder die Stimme der Dame von der Vermittlung. »Es tut mir Leid, Monsieur. Die Nummer scheint nicht zu stimmen.«
    Floyd gab ihr die Nummer noch einmal durch, aber die Zahlen stimmten. »Sie meinen, dass niemand ans Telefon geht?«
    »Nein«, sagte sie. »Die Leitung ist tot.«
    Floyd dankte ihr und legte den Hörer zurück auf die Gabel. Also eine weitere Spur, die im Sande verlief. Er trommelte mit den Fingern und wählte dann Marguerites Nummer in Montparnasse.
    »Hallo, Floyd«, meldete sich Greta am Telefon.
    »Wie steht’s?«
    »Sie schläft.«
    »Können wir uns heute Abend treffen?«
    »Ich denke schon.«
    »Zügle deine stürmische Begeisterung, Mädchen.«
    Sie seufzte. »Tut mir Leid, Floyd. Es ist nur so, dass meine Stimmung vielleicht nicht die allerbeste ist.«
    »Dann könntest du etwas Aufmunterung vertragen.«
    »Das soll vermutlich heißen, dass du für diese Aufgabe genau der richtige Mann bist, wie?«
    »Custine und ich haben die ganze Zeit am Fall gearbeitet. Ich glaube, wir alle könnten heute Abend etwas Entspannung vertragen. Was hältst du davon, wenn ich uns drei zum Essen einlade, und dann lassen wir den Abend im Le Perroquet Pourpre ausklingen?«
    »Ich glaube, es geht«, sagte sie, obwohl sie nicht ganz überzeugt klang. »Sophie ist die Nacht über hier und studiert, also könnte ich sie fragen, ob sie nach Marguerite sieht …«
    »Das wollte ich hören. Ich komme in einer Stunde zu dir. Mach dich schick – wir treten heute in die Lichter der Großstadt.«
    »Ich werde mir Mühe geben«, sagte sie.
    Custine und Floyd tranken Tee. Dabei tauschten sie sich über den Fall aus und verglichen ihre Notizen über die Befragung der Mieter, um sich gegenseitig über ihre wichtigsten Erkenntnisse auf den letzten Stand zu bringen. Während sie diskutierten, drehte sich eine zerkratzte alte Bluebird-Pressung von Sidney Bechets »Blues in Thirds« auf Floyds Grammophon.
    »Was wir bis jetzt haben«, fasste Custine zusammen, »ist eine merkwürdige Frau aus Amerika, die gerne an Radios herumgebastelt hat, vorausgesetzt, sie hat es selbst getan und nicht irgendein Vormieter.«
    »Wir haben ein wenig mehr als nur das«, sagte Floyd. »Wir wissen, dass sie ein merkwürdiges Interesse an einem Produktionsvertrag in Berlin hatte. Wir wissen, dass sie starb und gleichzeitig ihre Schreibmaschine den Geist aufgeben musste. Und wir wissen, dass sie die Angewohnheit hatte, Bücher und andere Sachen zu sammeln.«
    »Insgesamt sehr ungewöhnliche Feststellungen, aber jede für sich genommen durchaus erklärbar.«
    »Aber zusammen genommen …«
    »Nicht genug, um überzeugend beweisen zu können, dass sie eine Spionin war.«
    »Was ist mit den Kindern?«
    Custine warf Floyd einen tadelnden Blick zu. »Ich hatte eigentlich gehofft, du würdest die Kinder nicht mehr erwähnen.«
    »Ich bin immer noch nicht dazu gekommen, mit dem Mieter zu sprechen, der das eine Mädchen deutlich gesehen hat.«
    »Ich werde ihn morgen noch einmal besuchen, wenn es dich glücklich macht. In der Zwischenzeit dürfte ich vielleicht vorschlagen, dass wir uns auf die handfesteren Beweise beschränken.«
    Floyd dachte einen Moment lang nach und ließ sich mit dem Auf und Ab von Bechets Saxophon dahintreiben. Die Schallplatte war uralt und voller Kratzer, sodass die Musik fast in der rauschenden und knackenden Brandung unterging. Er könnte sie morgen durch einen preiswerten Bootleg ersetzen, und der Klang wäre so klar und rein wie eine Blechflöte. Aber es wäre nicht die richtige Klarheit gewesen. Neunundneunzig von hundert Leuten hätten sich durch die Nachahmung täuschen lassen, aber in diese alte Schellackplatte war etwas Unverfälschtes und Echtes graviert, etwas, das wie eine Fanfare durch das Rauschen und die dreißig Jahre tönte.
    »Die Verbindung nach Berlin ist eine Sackgasse«, sagte er. »Und wir wissen nicht, was sie mit den Büchern und Zeitschriften gemacht hat.«
    »Und den Schallplatten«, fügte Custine hinzu. »Außer dass wir Monsieur Blanchards Beobachtung haben, wie sie die Métro-Station Cardinal Lemoine mit einem vollen Koffer betreten und mit einem leeren wieder verlassen

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