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EwigLeid

EwigLeid

Titel: EwigLeid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
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die Irre zu führen. Sie forderte jeden, der Informationen hatte, auf, sie unter einer bestimmten Nummer anzurufen.
    Schließlich ergriff Lana das Wort. Ihre Stimme klang ruhig. Besänftigend. Ihre Botschaft war kurz, aber prägnant. Zwar gab sie vor, den Embalmer anzusprechen, doch in Wirklichkeit galten ihre Worte Darwin.
    „Ich wende mich an den Embalmer und biete meine Hilfe an. Ich lese deine Gedanken über deine Opfer. Ich weiß, warum du tötest. Nicht aus Hass. Du hast dich ohnmächtig gefühlt. Von der Welt zurückgestoßen. Für etwas, was überhaupt nicht deine Schuld war, sondern eine Fügung des Schicksals.“ Sie hob eine Hand und berührte ihre Wange. „Ein Mal im Gesicht. Doch dieses Mal macht dich nicht zum Monster. Und du kannst kontrollieren, was du tust. Ich werde dich so sehen, wie du wirklich bist. Ich werde anderen helfen, dich so zu sehen. Lass dir von mir helfen. Du kannst Kontakt zu mir aufnehmen, zu Dr. Lana Hudson beim Justizministerium von Kalifornien.“
    Als Lana endete, drehte sie sich um und fing Carries Blick auf. Ihre mitfühlenden Worte bereiteten Carrie Unbehagen. Plötzlich fielen ihr Jases Worte wieder ein, dass sie und Lana „Böser Bulle, guter Bulle“ spielen wollten.
    Lana war der gute Bulle und appellierte an die menschliche Seite des Verbrechers.
    Und Carrie war der böse Bulle und verwies auf die dunklen Seiten und die Schlechtigkeit des Verbrechers. Was sagte das über ihren Platz in der Welt aus?
    Wenn jemand am besten in der Dunkelheit funktionierte, musste er dann nicht irgendwann lichtscheu werden?
    Simon erfuhr etwa eine Dreiviertelstunde nach den Dreharbeiten von dem Interview. Dass er nicht eingeweiht war – seiner Überzeugung nach absichtlich nicht –, machte ihn unglaublich wütend. Bis er sich beruhigt hatte, ging er Lana aus dem Weg, doch schon eine Stunde später suchte er sie. Lana war im Konferenzraum der Abteilung, wo sie mit einer Gruppe von Polizeianwärtern diskutierte. Er setzte sich ein wenig abseits und bemerkte, wie Lana den Rücken straffte und seinem Blick auswich.
    Sie zog ihre Kreise durch den Raum und bemühte sich um Augenkontakt mit den sechs Rekruten, während sie Verhandlungsstrategien bei Geiselnahme besprach. „Denken Sie daran“, sagte sie, „jegliche Wortwahl, die Konflikte heraufbeschwören kann, ist unprofessionell.“
    Ein Rekrut unterbrach sie. „Heißt das, wir müssen höflich sein, wenn wir einen Verdächtigen auffordern, die Waffe niederzulegen? Ich finde, dadurch bringen wir uns in eine Position der Schwäche. Sollen wir nicht Macht und Autorität ausstrahlen?“
    Simon hätte dem vorlauten jungen Mann am liebsten eine runtergehauen, doch Lana schien die Frage nicht übel zu nehmen. Irgendwann beendete sie die Unterweisung, und Simon wartete, während sie noch ein paar Fragen beantwortete. Als der letzte Rekrut gegangen war und Lana ihre Papiere einsammelte, schlug Simon hörbar die Tür zu. Lana ging auf ihn zu und blieb ein paar Schritte vor ihm stehen.
    Er kam sofort zur Sache. „Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, Lana?“
    Sie machte sich nicht die Mühe, so zu tun, als wüsste sie nicht, wovon er sprach. „Ich habe seine Blogs durchgesehen, Simon. Ich weiß, warum er tötet. Der Schmerz treibt ihn. Ich kann ihm helfen. Er hat Narben …“
    Simon stapfte auf sie zu und kam ihrem Gesicht sehr nahe. Er sprach mit zusammengebissenen Zähnen. „Sein Aussehen, seine Herkunft, seine Religion, ob er aus gestörten Familienverhältnissen kommt oder sein Hund überfahren wurde, als er noch klein war, das alles ist mir egal. Ich will, dass er aufhört zu morden.“
    Lana sah ihn ungerührt an, zuckte nicht mit der Wimper angesichts seines aggressiven Verhaltens. „Das will ich auch.“
    „Und wie willst du das zustande bringen? Indem du an sein besseres Ich appellierst? Der Kerl ist ein psychopathischer Mörder.“
    „Wir verfolgen das gleiche Ziel, Simon. Aber du hast es selbst zugegeben. Dir ist es gleichgültig, wodurch er so geworden ist. Mir nicht. Denn wenn wir es verstehen, können wir verhindern, dass andere Menschen genauso werden. Können wir ihm vielleicht helfen, sich zu ändern.“
    „Er kann sich nicht ändern. Er ist ein verfluchtes Monster.“
    Sie hängte sich ihre Tasche über den Arm. „Ja, er hat etwas von einem Monster. Das habe ich in meinem Profil geschrieben.“ Sie zitierte: „‚Ein gebildeter, manipulativer, ichbezogener Soziopath; möchte gesehen werden, hält sich für

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