EwigLeid
FBI einzuschalten. Der Embalmer-Fall fällt dann in dessen Zuständigkeitsbereich, und Sie und Jase werden für den zweiten Fall freigestellt. Das heißt, wenn Sie bereit sind, sich an meine Befehle zu halten. Andernfalls übergebe ich den Fall jetzt gleich Tyler und stelle ihm einen anderen Officer als Assistenten an die Seite.“
„Ich verstehe, dass sich im Fall eines Trittbrettfahrers die Sachlage verändert. Ich kann die Leitung übernehmen, Sir. Und ich kann akzeptieren, dass das FBI sich einschaltet, falls es sich als notwendig erweist.“
„Gut. Vor einer Stunde ist beim SFPD ein Notruf eingegangen, abgesetzt von zwei Wanderern drüben im Wasserschutzgebiet von Marin County. Die Wanderer haben eine verstümmelte Frauenleiche gefunden. Streifenpolizisten haben das Gebiet abgesperrt und warten darauf, dass Sie die Leiche untersuchen.“
„Also gibt es dieses Mal tatsächlich eine Leiche und nicht nur Fotos? Ist die Leiche konserviert worden?“
„Das weiß ich nicht. Aber sie wurde praktisch ausgeweidet. Verstümmelt.“
„Wenn nicht bekannt ist, ob die Leiche konserviert ist, wieso bringen Sie dieses Opfer dann mit dem Embalmer in Verbindung?“
Stevens seufzte und strich sich mit beiden Händen übers Gesicht. Zum ersten Mal wirkte er unübersehbar besorgt. Als würde er im Grunde doch an ihrer Fähigkeit zweifeln, einen Mörder zu fassen. „Einer der Zeugen hat bei der Befragung durch die Polizisten angegeben, dass er einen Frauenkopf gefunden habe. Die Augenlider seien abgeschnitten worden.“
10. KAPITEL
Brad stand in seinem Bad vor dem Waschbecken und wusch sich die Hände. Im Gegensatz zum Vorabend war das Wasser klar, doch Brads Fantasie gaukelte ihm die rote Farbe vor. Das Blut der Frau und seine zitternden Hände hatten in Verbindung mit dem Wasser rosa Schlieren und rote Flecken in dem schmutzig weißen Becken hinterlassen.
Die Frau …
Als er sie getötet hatte, überkam ihn spontan ein Gefühl, so fremdartig, dass er es kaum erkannte.
Macht.
Und Lust.
Emotional und körperlich. So stark, dass er sich kaum hatte anfassen müssen, um den mächtigsten Orgasmus seines Lebens zu bekommen.
Stunden waren vergangen. Stunden, in denen er die Leiche entsorgen musste. Clever. Penibel.
Dramatisch.
Doch das Machtgefühl rauschte immer noch erhaben durch seine Adern. Ohne zu zittern, hob er die Hand und strich sich mit den Fingerspitzen über Hals und Gesicht, spürte die Unebenheiten unter den dunkelvioletten Flecken. Immer noch vorhanden,aber eindeutig besser.
Das hatte er selbst bewirkt. Einfach, indem er sie tötete. Eine Prostituierte. Eine Hure.
Er hatte ihr seine Macht bewiesen. Seine Stärke.
Seine Schönheit.
Und dafür war er Dr. Bowers Dank schuldig. Nach all der Stümperei und den erfolglosen Behandlungen, die Brad hatte über sich ergehen lassen müssen, zeigte Bowers sich schließlich doch noch seines Honorars würdig, indem er Brad den richtigen Weg wies.
Die Macht, die der Mann als Arzt ausübte, selbst die Fähigkeit, Leben zu retten, war nichts im Vergleich zu dem Gefühl, so skrupellos ein Leben zu beenden. Es war ein unvergleichlicher Rausch. Ein Rausch, den Alkohol oder Drogen nicht bewirken konnten, und Brad hatte weiß Gott beides im Verlauf seines Lebens immer wieder eingesetzt, um seinen Schmerz zu betäuben.
Hinterher war er sich immer ein bisschen blöd vorgekommen. Hatte ein schlechtes Gewissen. Als wäre es Schwäche, auf eine fremde Substanz zurückzugreifen statt auf seine innere Stärke.
Doch was er jetzt empfand, war einzig in ihm selbst. Es war nichts Künstliches, nichts, was ersticken oder tarnen sollte. Es sollte vielmehr enthüllen. Klären. Vergrößern.
Nicht die Gewalttätigkeit oder das Töten an sich hatten die Veränderung in ihm bewirkt. Schon als Kind hatte er Tiere getötet. Hatte dieses Mädchen in einem anderen Bundesstaat vergewaltigt, bevor er seinen Schulabschluss machte. Und im vergangenen Jahr hatte er ein Mädchen umgebracht. Nicht absichtlich. Versehentlich. Nachdem es ihn ausgelacht hatte. Ihn verspottet hatte. Doch diese Taten waren in keiner Weise vergleichbar mit dem Gefühl, das er jetzt verspürte. Weil er nicht bewusst vorgegangen war. Weil er das Ausmaß seiner Macht nicht kannte, nicht wusste, dass er durch sie gewinnen konnte.
Die Auswahl des richtigen Opfers aus den richtigen Gründen war der Schlüssel.
Die Frau vom Vorabend war nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was er haben konnte.
Man stelle sich nur vor,
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