Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
EwigLeid

EwigLeid

Titel: EwigLeid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
Vom Netzwerk:
Lächeln dir abhandengekommen?“
    Erstaunlich, was er in so kurzer Zeit alles aus ihren Fotos herausgelesen hatte, dachte Carrie. „Sofern du nicht selbst bereit bist, Persönliches von dir zu preiszugeben, sollten wir dieses psychologisierende Eindringen in mein Bewusstsein beenden. Ich habe nicht vergessen, was geschehen ist, als ich dich das letzte Mal an mich herangelassen habe, Jase. Darauf falle ich nicht noch einmal herein.“
    Jase lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    Sie gab sich Mühe – vergeblich, versteht sich –, nicht auf seinen strammen Bizeps zu blicken.
    „Dann dringe doch in meines ein.“
    „Wie bitte?“
    Jase zuckte die Achseln. „Du hast recht. Ich war in deine persönlichen Angelegenheiten eingeweiht und habe mein Wissen genutzt, um dich einschätzen zu lernen. Zu erfahren, was in dir vorgeht. Es erscheint mir nur fair, dass du die gleiche Chance bekommst.“
    „Du hast mir schon von dem Kriminellen erzählt, der dich beinahe umgebracht hätte. Und jetzt? Willst du mir etwa freien Zugang zu all deinen Geheimnissen gewähren?“
    „Ehrlich gesagt, ich habe nicht viele Geheimnisse. Falls du an eines rührst, das ich nicht offenbaren will, sage ich dir Bescheid. Aber ich weiß, dass du immer noch sauer auf mich bist. Wenn wir diesen Fall gemeinsam bearbeiten wollen, müssen wir einander vertrauen. Ich schätze, wenn du etwas mehr über meine Schwachstellen erfährst, sind wir quitt.“
    „Wir sind erst quitt, wenn Commander Stevens mich über dich ausfragt. Dann kann ich alle Informationen über dich einsetzen, um zu begründen, dass du nicht zur Bearbeitung eines bestimmten Falls fähig bist.“
    „Irgendwo muss man ja anfangen, oder?“
    „Wir müssen arbeiten …“
    „Wir haben so lange gearbeitet, dass wie schon schielen. Wenn du kneifen willst, denk dir eine bessere Ausrede aus, Ward.“
    Die Hände in die Hüften gestemmt, sah sie ihn fest an. Als klar war, dass er nicht nachgeben würde, hob sie beide Hände und setzte sich wieder. „Schön. Ich soll dir eine persönliche Frage stellen? Hmm, mal sehen …“ Sie tippte sich ostentativ mit dem Zeigefinger ans Kinn und hielt ihn dann in die Höhe. „Ich weiß!“ Trotz ihres scherzhaften Tonfalls spürte sie selbst, wie ihre Miene ernst wurde. „Warum angelst du dir immer diesen bestimmten Frauentyp? Warum willst du dein Privatleben so einfach gestalten, wie du gestern erwähnt hast? Denn in allen anderen Lebensbereichen langweilt dich doch alles, was einfach ist.“
    Sein Blick war undurchdringlich und verunsicherte Carrie.
    „Was ist denn?“
    „Nichts. Aber offenbar kennst du mich doch viel besser, als ich angenommen habe.“ Er straffte sich. „Weißt du von der Debatte über angeborene und anerzogene Entwicklungsfaktoren? Es herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Biologie oder die Sozialisation wichtiger für das Erwachsenenverhalten ist.“
    „Ja. Und?“
    „Nun ja, meine Eltern haben sich häufig gestritten.“
    „Und das ist alles?“, hakte sie nach. „Deine Eltern haben sich oft gestritten? Damit haben sie dich dazu erzogen, ständig wechselnde Freundinnen zu haben? Das ergibt keinen Sinn. Eine tolle Art, dich zu öffnen und deine Schwachstellen zu zeigen, Jase. Dafür ist mir meine Zeit zu kostbar.“
    Sie wollte aufstehen, doch er hob die Hand. „Nein, warte. Einen Moment noch, lass mich erklären. Ich meine es ernst.“
    Langsam ließ sie sich wieder auf ihren Stuhl sinken.
    Jase beugte sich vor und faltete die Hände. Lange Zeit blickte er diese Hände an, als hätte die Diskussion ihn buchstäblich an eine Szene aus seiner Vergangenheit erinnert. „Meine Eltern haben sich oft gestritten, weil beide starke Persönlichkeiten waren. Stark in ihren Leidenschaften und Meinungen. Doch sie waren oft nicht einer Meinung, und beide wollten nicht nachgeben. Bei ihnen artete alles in Streit aus. Es konnte mit der Frage anfangen, was es abends zu essen geben sollte, und mit dem Streit über die Route zu einem bestimmten Zielort aufhören. Erst als ich älter wurde,begriff ich, dass meine Eltern im Grunde gern stritten. Dass es sie gewissermaßen anmachte.“
    „Deine Eltern sind beide Polizisten, oder?“
    „Stimmt. Aber ich habe nicht in erster Linie Beziehungen mit Polizistinnen abgeschworen, sondern eher solchen mit starken Frauen, und starke Frauen werden oft Polizistinnen.“
    Sie grinste. „Und um nicht das Risiko einzugehen, dein Leben lang mit einer starken

Weitere Kostenlose Bücher