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EwigLeid

EwigLeid

Titel: EwigLeid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virna Depaul
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Uhr abends. Genau wie heute.“
    Higgs war irgendwann zwischen dreiundzwanzig Uhr und zwei Uhr morgens ermordet worden. Carrie musterte den Burschen eingehender. Der Junge war kaum älter als die Studenten, die er bediente. Und er war keineswegs entstellt, sondern vielmehr der Inbegriff amerikanischen Charmes und guten Aussehens. Ein bisschen ähnelte er Lance Reynolds, dem Barmann in McGill’s Bar.
    „Tony Higgs. Kennen Sie ihn?“
    „Klar kenne ich Tony. Den kennt doch jeder. Ein netter Kerl.“
    „Haben Sie ihn gestern Abend hier gesehen?“
    Er wirkte unsicher, runzelte die Stirn. „Herrje, ich weiß nicht. Ich glaube schon. Gestern Abend war viel los hier. Die Abschlussprüfungen, wissen Sie? Da pauken viele fürs Examen.“
    Carrie schaute sich um. Das Café war wirklich gut besucht. Sie sah Jase, der mit dem Mädchen sprach, das jetzt weinte und sichtlich zitterte.
    „Das Mädchen dort. Erinnern Sie sich, Tony mit ihr gesehen zu haben? Mit Nora Lopez? Ich habe gehört, sie gibt ihm jeden Nachmittag hier Nachhilfestunden.“
    Brad Turner schien bestürzt zu sein, als er das Mädchen weinen sah. „Ja, ich kenne Nora. Was ist passiert? Warum weint sie?“
    Statt zu antworten, zückte Carrie mehrere Fotos. „Sehen Sie diese Fotos genau an und sagen Sie mir, ob Sie eine oder mehrere von diesen Personen schon einmal gesehen haben.“
    Er betrachtete die Fotos, die sie ihm gab. Kelly Sorenson. Tammy Ryan.
    Er zog das Foto von Sorenson aus dem Stapel. „Ich meine, ich hätte sie hier schon mal gesehen. Aber die andere kenne ich nicht.
    Aus der Ecke ertönte ein Klagelaut. Carrie schaute hinüber und sah, wie Jase sie leicht panisch herüberwinkte. Nora Lopez war offenbar nicht nur Tonys Nachhilfelehrerin gewesen. Das Mädchen hyperventilierte und sah aus, als würde sie im nächsten Moment in Ohnmacht fallen. Carrie reichte Brad Turner ihre und Jases Karten.
    „Da haben Sie meine Karte und die meines Partners. Falls Sie sich erinnern, diese Frauen gesehen zu haben, oder wenn Ihnen etwas Verdächtiges einfällt, melden Sie sich bitte bei uns.“
    „Klar.“ Doch sie war bereits auf dem Weg zu Jase.
    Brad blickte der Polizistin nach, die zum Tisch eilte und Nora nach draußen begleitete. Dort setzten sich beide mit ihr an einen der Tische. Noras hysterischer Anfall schien den Mann zu ärgern.
    Brad hasste es, Nora so bekümmert zu sehen, aber irgendwann musste sie es ja erfahren. So war es besser. Je schneller sie Tony Higgs vergaß, desto schneller konnten sie zusammenkommen. Er nahm seine Arbeit wieder auf, füllte die Kuchenvitrine und behielt dann Nora im Auge, während er ein paar Tische abwischte. Einige Minuten später standen die Polizisten auf, gaben Nora ihre Karten und gingen. Brad rückte Tische und Stühle zurecht, als Nora allein zurück ins Café kam, zu ihrem Tisch ging und anfing, ihre Sachen im Rucksack zu verstauen. Mitten in dieser Beschäftigung hielt sie plötzlich inne und sank mit benebeltem Gesichtsausdruck in sich zusammen.
    Brad schüttelte den Kopf. Armes Mädchen. Ihr war einfach nicht klar, dass sie ihre Zeit verschwendete, wenn sie um einen derartigen Schwächling trauerte. Doch sie würde über ihn hinwegkommen. Dafür wollte er schon sorgen.
    Er blickte auf seine Uhr. Bald würde die Polizei den gesuchten Mörder fassen. Er hatte schon alles vorbereitet. Die Vorstellung, wie die Polizei das Haus seines Pflegevaters stürmte und den verwahrlosten Drogenabhängigen aus seinem Elend erlöste, bereitete ihm Vergnügen. Er war ein wertloses Stück Dreck, der ein ausgesetztes entstelltes Baby in Pflege genommen hatte, nur weil seine drogenabhängige Frau und er das Geld haben wollten. Der Mann rechnete bestimmt nicht mit Brads Rache. Rache für jahrelange Misshandlung und Vernachlässigung. Rache für all die Jahre, in denen ihm das Gefühl vermittelt wurde, ein hässlichesMonstrum zu sein, das verborgen gehalten werden musste.
    Es war nur recht und billig, dass dieser verhasste Pflegevater nun Brads Verwandlung vervollständigte. Er zitterte vor Ungeduld. Im gefiel es, dass die Polizei sich binnen vierundzwanzig Stunden von ihm ab- und seinem nächsten Opfer zuwenden würde.
    Brad war voller Erwartung und konnte seine Ungeduld kaum zügeln. Aber es war besser zu warten, bis die Polizei glaubte, den Mörder gefasst zu haben. Das war sein Plan. Er hatte Beweismittel vorbereitet. Er brauchte nur noch die Polizei anzurufen und anzugeben, wo die Beweise zu finden waren. Dann würde er

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