Ewiglich die Hoffnung
dachte blitzschnell nach. »Ich bin in Wahrheit eine Botin. Mit einer Botschaft für Euch, Euer Majestät.«
Sie ballte die Faust, und auf das Zeichen hin bewegten die Schatten sich nicht mehr. »Mit einer Botschaft von wem?« Ihr Tonfall war skeptisch, und ich wusste, dass ich bloß eine einzige Chance hatte. Ich hoffte nur, dass ich mit der Tätowierung an ihrem Handgelenk nicht falschlag.
Aber ich spürte den Orden in meiner Tasche. Ich täuschte mich nicht.
»Von der Person, die Euer Anker war.«
»Und wer soll das sein?«
Ich holte tief Luft und betete, dass meine Rechnung aufgehen würde. »Nathanial.«
Kapitel Neunundzwanzig
Alles wurde still. Sogar das Prasseln der Flammen im Ring des Feuers wurde leise. Cole sah mich schockiert an. Er hatte keine Ahnung, was ich da machte. Und ich eigentlich auch nicht.
Ich rief mir die Gespräche mit Mrs Jenkins in Erinnerung, alles, was ich über die Königin und den Obersten Hof wusste.
»Sobald Ihr am Obersten Hof wart, dachtet Ihr, Ihr könntet Eurer ganzen Ahnenreihe ewiges Leben gewähren. So geht jedenfalls das Gerücht, stimmt’s? Hat es funktioniert?«
Sie beobachtete mich mit wildem Blick, und ich dachte schon, sie würde meine Frage ignorieren, doch dann schüttelte sie den Kopf.
Aber obwohl die Königin mir Antwort gab und bestätigte, dass es nicht funktioniert hatte, wirkte sie immer noch argwöhnisch. Also redete ich weiter.
»Doch Ihr habt die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es möglich ist, hab ich recht? Ihr habt Euren Ewiglichen nicht geliebt. Ihr habt Euch dieses Leben nicht ausgesucht. Ihr wollt bloß wiederhaben, was Ihr verloren habt. Den einzigen Mann, den Ihr je geliebt habt. Aber die magische Kraft des Obersten Hofes ermöglicht es Euch nicht, die Toten wieder zum Leben zu erwecken.« Ich reimte mir das alles zusammen, während ich redete.
Da bekam ihr Gesicht plötzlich Risse, ihr Aussehen begann sich verändern und schwankte mit einem Mal zwischen der großen Rothaarigen und einer kleineren, zarteren Frau mit blondem Haar und blauen Augen.
Ich machte einen zögerlichen Schritt auf sie zu. »Ich weiß, wer Ihr seid, Adonia.«
Ashe fuhr zusammen, und seine Füße scharrten auf der Stelle, als wüsste er nicht, ob er zu ihr hin oder von ihr weglaufen sollte. »Adonia«, sagte er tonlos. »Das kann nicht sein.«
Sie wandte sich Ashe zu und blickte ihn zornig an. »Warum nicht? Weil die Königin mich getötet hat? Nachdem du mich an sie ausgeliefert hattest?« Ihr Blick fiel wieder auf mich. »Nathanial war nicht tot. Er war nicht im Krieg gefallen. Man fand ihn in einem heruntergekommenen Spital, verwundet und verwirrt, zwei Tage nachdem ich mit Ashe mitgegangen war. Zwei Tage!« Sie presste die Lippen zusammen und sah Ashe an. »Er sagte immerzu meinen Namen. Er hatte die ganzen sechs Monate, die ich mit dir in der Nährhöhle war, durchgehalten. Er hatte die Hoffnung nie aufgegeben. Er wusste, dass ich noch lebte. Das ganze Jahrhundert, das ich mit dir zusammen war, hatte ich immer nur sein Gesicht vor Augen.«
Sie wandte den Blick ab. Ihr Mund war geöffnet, und sie zitterte am ganzen Körper, als könnte sie den Schmerz nicht ertragen. Ich kannte das Gefühl.
»Dann seid Ihr also seinetwegen in die Oberwelt zurückgekehrt«, sagte ich.
Sie nickte, den Blick noch immer in die Ferne gerichtet. »Wir waren einen ganzen Tag lang wieder vereint, bevor er seinen Verletzungen erlag.« Sie sah zu Boden und blinzelte. »Er starb in meinen Armen. Als hätte er die ganze Zeit nur auf mich gewartet, um sich zu verabschieden.«
Das Prasseln der Feuerwände schien noch leiser zu werden, wie aus Ehrfurcht vor der trauernden Königin.
Als sie den Kopf wieder hob, loderte ein Feuer in ihren Augen, und es richtete sich auf Ashe. »Ich habe um meine Liebe getrauert. Ich habe versucht, Wiedergutmachung zu leisten gegenüber meiner Familie. Ich war bereit, in die Tunnel zu gehen, aber das hat dir nicht gereicht. Du wolltest sehen, wie ich in Stücke gerissen werde!«
»Aber …« Ashe sah hilflos zu Cole hinüber. Doch Cole wirkte genauso ratlos. »Aber du bist hier, das heißt doch, dass du die Königin getötet hast. Du hast ihren Platz eingenommen. Und du hast es mir nicht gesagt.«
Sie wirkte erstaunt. »Du hast mich verraten. Also habe ich dich verraten. Ich wollte auf keinen Fall, dass du irgendwie davon profitierst.«
Während dieses Wortwechsels warf ich einen Blick auf das Wasser hinter mir und schob mich langsam von Cole weg. Mein
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