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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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neben ihr und nahm ihr den Telefonhörer aus der Hand. In seiner anderen Hand hielt er einen kleinen Kassettenrekorder wie den, mit dem Joanna ihre Interviews machte.
    »Pete, hier spricht Sam. Sag es einfach noch mal, Pete. Sag, was du uns sagen willst.«
    Er drückte auf die Starttaste und hielt den kleinen Rekorder an die Ohrmuschel, während er weiter zuhörte. Die anderen sahen ihm mit seltsamer Faszination zu, sie spürten, daß etwas Ungewöhnliches geschah, auch wenn sie keine Ahnung hatten, was. Selbst Joanna konnte nichts außer einem unzusammenhängenden Gemurmel vernehmen, obwohl sie fast so dicht am Hörer war wie Sam.
    Sam hielt sein Ohr und den Rekorder dicht an den Hörer, bis das Murmeln verklungen war.
    »Pete?« sagte er. »Pete, bist du noch dran?«
    Er wartete ein paar Augenblicke, schaltete dann den Rekorder aus und legte auf.
    »Was hat er denn gesagt?« wollte Roger wissen, als Sam stumm und reglos vor dem Apparat verharrte. »Wo ist er?«
    Sam spulte zurück, und alle hörten die hohen Zwitschertöne der Stimme im Schnellrücklauf. Dann drückte er auf ›Play‹ und drehte die Lautstärke hoch.
    Das deutlich vernehmbare Rauschen wurde von einer Stimme überlagert, die unzweifelhaft die von Pete oder eine ganz ähnliche war. Auch die Worte waren klar zu hören, ergaben aber keinen erkennbaren Sinn.
    »Maya… tan… ke… noh… maya… tan… ke… noh… maya… tan… «
    Joanna sah, wie alles Blut aus Ward Rileys Gesicht wich, als er angespannt den Wortfetzen lauschte. Es sah ganz so aus, als könnte er sie verstehen und erahnte ihre tiefere Bedeutung, nicht mit einem Schlag, sondern ganz allmählich wie bei einem furchtbaren Verdacht, der zunehmend Gewißheit wird. Seine Hand fuhr in die Jackentasche, und zitternd holte er das Kuvert heraus, das er ihnen beim Mittagessen gezeigt hatte.
    Während Petes Stimme weiter leise und blechern aus dem Kasset-tenrekorder drang, riß Ward den Umschlag auf und entfaltete den Brief-bogen.
    Sein Blick flog mehrmals über die Zeilen, und er begann leicht zu schwanken. Joanna befürchtete schon, er würde in Ohnmacht fallen, doch da holte er tief Luft, zerknüllte das Papier und ließ es zu Boden fallen.
    Ohne ein weiteres Wort ging er auf die Treppe zu – ein Mann, der soeben sein Todesurteil erhalten hatte, war Joannas einziger Gedanke in diesem Moment.
    »Ward?«
    Er achtete überhaupt nicht auf Sam.
    »Ward, was ist los?«
    Diesmal blieb er stehen, drehte sich um und musterte die anderen drei. Er hob die Arme, ließ sie aber gleich wieder kraftlos herunterfallen – eine Geste tiefster Verzweiflung.
    »Es hat keinen Sinn«, murmelte er. »Jetzt nicht mehr. Es ist vorbei, tut mir leid.«
    Damit wandte er sich wieder um und stieg weiter die Stufen hinauf. Niemand rief ihn jetzt noch zurück oder versuchte ihn aufzuhalten. Es war etwas entsetzlich Endgültiges in seinen Worten gewesen.
    Als Sam das zerknüllte Papier vom Boden aufhob, kam Roger zu ihm herüber und spähte ihm über die Schulter.
    »Was steht da?« fragte Joanna.
    Hölzern und ausdruckslos las Sam die Worte vor. Sie ergaben keinen Sinn, und vielleicht waren sie auch nicht richtig ausgesprochen. Aber es waren zweifellos dieselben Worte, die Pete vorher am Telefon gesagt hatte.
    »Nicht einmal Ward wußte, was in dem Umschlag war«, flüsterte sie. »Woher kannte Pete das Mantra?«
    Wie zur Antwort nahm Sam den Telefonhörer ab und reichte ihn ihr. »Hör mal«, forderte er sie auf.
    Verwundert preßte sie den Hörer ans Ohr. Sie bekam kein Freizeichen, die Leitung war tot.
    »Meines Wissens wurde dieses Telefon vor zwei Jahren stillgelegt«, erklärte Sam. »Man hat es nur einfach hängen lassen, weil… na ja, weil sich keiner die Mühe machen wollte, es abzumontieren.«
    In Bruchteilen von Sekunden erfaßte der schreckliche Verdacht, der Sam bereits erstarren ließ, nun auch Roger und Joanna.
    Pete war tot.
    An die nächsten Minuten hatte Joanna später nur eine völlig verschwommene Erinnerung. Sie konnte nicht mehr genau sagen, in welcher Reihenfolge was geschehen war. Ob sie Peggy herunterrufen gehört hatte, ob sie sich den leichten Widerschein von zuckendem blauem Licht auf den Kellerwänden nur eingebildet hatte. Oder ob sie anfangs nur ahnte und dann unwillkürlich begriff, was geschehen war.
    Sam war als erster auf der Treppe, sie folgte ihm, und hinter ihr stolperte Roger die Stufen hinauf. Jetzt war knatternder Polizeifunk aus einem Streifenwagen zu hören, der direkt vor dem

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