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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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sich alle wieder im Labor treffen.
    Fünfzehn Minuten später stiegen sie an der Park Avenue aus einem Taxi, weil sie die letzten Meter lieber zu Fuß gehen wollten, als im Schneckentempo durch Einbahnstraßen um zwei Blocks zu fahren. Sie suchten nach Hausnummern, um herauszufinden, auf welcher Straßenseite sich das Haus befand. Nachdem sie festgestellt hatten, daß es auf der Südseite liegen mußte, traten sie an den Rand des Bürgersteigs und warteten auf eine Lücke im Verkehrsstrom. Doch gerade als sie losgehen wollten, packte Joanna Sam so fest am Arm, daß er fast das Gleichgewicht verlor.
    »Was zum Teufel…«, setzte er an, aber dann sah er, wie sie auf die andere Straßenseite starrte und die Hand vor den Mund hielt, als wollte sie einen Schrei unterdrücken.
    Als er ihrem Blick folgte, bemerkte er ein älteres Paar, das in eine elegante schwarze Limousine einstieg, deren Tür von einem Chauffeur aufgehalten wurde.
    Beide waren klein, die Frau trug einen edlen Pelzmantel, mit dem sie heutzutage sicher nicht selten mißbilligende Blicke erntete, der Mann trug einen Kamelhaarmantel und eine schwarze Pelzmütze. Dann waren sie auch schon im Innern des Wagens verschwunden.
    Verwundert über Joannas Reaktion, drehte sich Sam zu ihr um und wollte fragen, was los sei. Aber sie starrte so gebannt auf den losfahrenden Wagen, daß er sich still verhielt. Als das Auto auf ihrer Höhe war, erkannte er zwei undeutliche Silhouetten, die gleichmütig geradeaus schauten. Im Verkehrsgewühl Richtung Central Park verlor er sie schließlich aus den Augen.
    Noch immer klammerte sie sich ängstlich an ihn, den Blick starr in die Ferne gerichtet. Erst als er sie zum zweiten Mal ansprach, reagierte sie.
    »Joanna? Joanna, was ist los? Wer waren die Leute?«
    »Ellie und Murray Ray«, antwortete sie tonlos, wie unter Schock.
    »Ellie und Murray Ray? Das Ehepaar von Camp Starburst?«
    Sie nickte stumm.
    »Aber du hast mir doch erzählt, daß er tot ist.«
    »Ja.«
    Sam schwieg, als müsse er diese Nachricht erst verdauen. »Dann hat sie dich offensichtlich angelogen«, meinte er dann. »An dem Tag, als wir beide uns kennengelernt haben, hat die alte Frau dir gesagt, er sei tot. Nun, das war wohl eine Lüge.«
    Joanna schüttelte den Kopf. »Ich habe es nachgeprüft. Ich habe jemanden im Krankenhaus anrufen lassen.« Mit zerfahrenem Blick sah sie ihn an. »Murray Ray ist gestorben.«
    Einen Augenblick lang wußten sie beide nichts zu sagen.
    »Dann war er es nicht«, stellte Sam plötzlich mit Entschiedenheit fest. »Wir waren… wie weit weg? Zwanzig Meter? Dreißig? Auf diese Entfernung kann man niemanden mit Sicherheit erkennen. Und wahrscheinlich hast du dich bei der Frau ebenfalls geirrt. Du hast zwei Leute gesehen, die Ähnlichkeit mit den beiden hatten, und hast dir eingebildet, sie wären es.«
    Joanna schwieg, sie war noch immer blaß und sichtlich mitgenommen, doch der Griff ihrer Hand lockerte sich allmählich.
    »Ja, du hast recht«, sagte sie, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Ich muß mich getäuscht haben. Es war nur so unheimlich im ersten Moment.«
    Schützend legte er den Arm um sie, und sie überquerten die Straße. An der Stelle, wo das Paar in den Wagen gestiegen war, gingen sie schnell vorüber. Joanna warf einen kurzen Blick zurück, als suchte sie nach irgendeiner Bestätigung für das, was sie gesehen hatte. Sam richtete sein Augenmerk auf die Häuser, an denen sie vorübergingen, und rechnete aus, welches der Häuser die Nummer haben mußte, nach der sie suchten.
    »Einhundertsechsunddreißig… da ist es«, sagte er. Sie blieben vor einem großen rötlichbraunen Sandsteinhaus stehen, das aussah wie alle anderen in der Straße – nur daß bei diesem sämtliche Rolläden geschlossen waren, die schmutzige Farbe abblätterte und das ganze Anwesen einen so verkommenen Eindruck machte, als hätte hier jahrelang niemand mehr gewohnt.
    »Das kann es nicht sein«, wunderte sich Joanna.
    »Es muß aber. Auf der einen Seite ist hundertvierunddreißig, auf der anderen hundertachtunddreißig. Bist du dir sicher, daß das die richtige Straße ist?«
    »Hundertprozentig.«
    »Tja, wenn hier jemand wohnt, will er es wohl geheimhalten.«
    Aus dem Keller drang ein Scheppern. Zwei Katzen sprangen aus einem umgekippten Mülleimer inmitten eines Haufens von Gerümpel, das offenbar schon sehr lange hier lag. Vor den Kellerfenstern waren Gitterstäbe in die Mauer eingelassen, dahinter befanden sich Holzjalousien

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