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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Artikelserie über riskante Diäten und die dafür verantwortlichen Ärzte geschrieben hatte. Es hatte ihr erstaunlich wenig ausgemacht. Worauf es ankam, war, sich nicht zu verstellen. Zurückhaltung brachte mehr als übertriebene Gestik, weil dem Kameraauge nichts entging. Fasse dich kurz und drücke dich verständlich aus.
    Die heutige Talkshow würde zur gleichen Sendezeit laufen, sie wurde am Vormittag aufgezeichnet und sollte nachmittags ausgestrahlt werden. Joannas Artikel über die schäbigen Tricks in Camp Starburst hatten erwartungsgemäß eine Menge Staub aufgewirbelt. Und so saß sie jetzt neben einem männlichen »Medium«, einer Astrologin und dem Autor eines Buches über die Geister von Prominenten, die angeblich noch immer keine Ruhe gefunden hatten. Der fünfte Studiogast war ein Psychologe namens Sam Towne, der an der Manhattan University paranormale Phänomene »wissenschaftlich« untersuchte.
    Eigentlich ging Joanna das Thema ziemlich auf die Nerven. Und sie hatte auch für diese Sendung nicht viel übrig. Aber leider war ihr Herausgeber der Meinung, daß alles, was den Bekanntheitsgrad der Zeitschrift – und nebenbei auch den ihren – steigerte, die Verkaufszahlen in die Höhe trieb.
    »Wollen Sie damit sagen«, fragte eine Frau aus dem Publikum, »daß das alles eine große Lüge ist, die ganze Religion und so, daß nach dem Tod nichts mehr ist?«
    »Ich will damit sagen, daß niemand weiß, was passiert, wenn wir sterben«, erwiderte Joanna. »Und daß jeder, der das Gegenteil behauptet, ein Lügner ist – und wahrscheinlich auch ein Betrüger.«
    »Aber was ist dann mit dem religiösen Glauben?« griff der Gastgeber der Sendung das Stichwort auf, während er mit dem Mikrofon zwischen den Publikumsreihen hin und her ging. »Gehört Religion Ihrer Meinung nach in die gleiche Kategorie, ist das ebenso Betrug wie das, worüber Sie geschrieben haben?«
    »Nein, natürlich nicht. Religion ist etwas ganz anderes.«
    »Darf ich fragen, ob Sie gläubig sind und einer Religionsgemeinschaft angehören?«
    »Ich bin in einer protestantischen Familie aufgewachsen. Zwar war ich nie eine große Kirchgängerin, aber wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich an Gott glaube… ich würde mich schwertun, nein zu sagen.«
    »Darf ich etwas dazu sagen?« meldete sich Sam Towne, der Psychologe, zu Wort. Der Gastgeber nickte.
    »Miss Cross hat über Leute geschrieben, die behauptet haben, etwas über das Leben nach dem Tod zu wissen«, begann Towne, »die detaillierte spezifische Kenntnisse vortäuschten über Menschen, die, wie sie zu sagen pflegen, ›von uns gegangen sind.‹ Nun, wir sollten religiöse Überzeugungen nicht in einen Topf werfen mit dieser Art von Wissen – oder überhaupt mit irgendeiner Form von Wissen im landläufigen Sinn. Ich weiß, daß ich in einem Fernsehstudio sitze, ebenso wie Sie. Darüber können wir nicht verschiedener Meinung sein. Aber ich kann glauben, wie es dazu gekommen ist, daß ich hier sitze, daß das Fernsehstudio hier steht, wie die Welt, in der wir uns befinden, entstanden ist – und Sie können etwas anderes glauben. Unsere jeweiligen Glaubensüberzeugungen können mit den Fakten, die wir kennen, übereinstimmen und doch einander widersprechen. Der faule Zauber aber, über den Miss Cross geschrieben hat, hat nichts mit religiöser Überzeugung oder Wissen zu tun. Diese Leute haben das Vertrauen vieler Menschen mißbraucht, um schnelles Geld zu machen.«
    Wie nicht anders zu erwarten, flüchteten sich die übrigen drei Gäste in eine »Ja-aber«-Haltung: Die Camp-Starburst-Affäre sei natürlich ein Skandal, aber doch nur ein vereinzelter Ausrutscher. Man solle nicht die ganze Esoterik-Branche über einen Kamm scheren.
    Während Joanna den anderen Talkgästen zuhörte, fühlte sie sich mehr und mehr in der schlechten Meinung, die sie sich in der vergangenen Stunde von ihnen gemacht hatte, bestätigt. Allerdings mußte sie zugeben, daß Sam Towne sie zu interessieren begann. Als sie erfahren hatte, daß sich auch ein Geisterjäger unter den Studiogästen befinden würde, hatte sie sich einen mürrischen Exzentriker vorgestellt, der seine Wochenenden in Spukschlössern verbrachte, um dort die Geister mit der Videokamera zu filmen. Dieser Mann jedoch war höchstens Mitte bis Ende Dreißig, hatte Sinn für Humor und einen aufgeschlossenen Charakter. Zudem war er zweifellos intelligent, er wechselte geschickt von einem Thema zum anderen, ohne sich zu verzetteln, und wie ihr ein

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