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Ihrer Frau und erzähle ihr irgendwas, was einen Sinn ergibt. Nicht die Wahrheit«, ergänzte er mit einem trockenen Lachen, »denn die ergibt keinen Sinn. Ich werde mir einfach etwas einfallen lassen und ihr sagen, daß Sie mir erlaubt haben, eine Weile hier im Haus zu bleiben, um das Phänomen genauer unter die Lupe zu nehmen. Was halten Sie davon?«
Ungläubig sah Ralph ihn an. »Sie wollen hierbleiben? Allein?«
»Ja, genau.«
Es dauerte ein paar Sekunden, doch dann schien Ralph zu begreifen.
»Ja, natürlich. Sie und… diese Frau… das hätte ich mir gleich denken können, so wie Sie von ihr gesprochen haben.«
»Darf ich bleiben?«
Ralph nickte. »Einverstanden.«
KAPITEL 58 Sam inspizierte noch kurz die anderen Räume des Hauses, während Ralph noch ein paar Koffer für sich und seine Frau zusammenpackte. Joannas Eltern hatten darauf bestanden, vorbeizukommen, nachdem Joanna sie vor dem Frühstück angerufen und ihnen von den Vorfällen erzählt hatte. Die nächsten Tage würde sie bei ihren Eltern wohnen, und Ralph würde vorerst eine Wohnung in Manhattan mieten und am Wochenende zu ihr herausfahren.
Das meiste hatte er schon gesehen. In der Küche im Souterrain lag der Inhalt der offenstehenden Schubladen überall verstreut. Verschiedene Küchengegenstände, allerdings nicht alle, waren von den Regalen gefegt worden, mehrere Töpfe und Pfannen hingen nicht mehr am vorgesehenen Platz. Im Vergleich zum Wohnzimmer war der Schaden gering, aber trotzdem sah es aus, als hätte ein Wirbelsturm gewütet.
Sam hörte, wie Ralph die Treppe herunterkam – mit übertriebener Hast, dachte er. Ralph hatte gemeint, es mache ihm nichts aus, beim Packen ein paar Minuten allein zu sein. »Am hellichten Tag wird ja wohl nichts passieren, oder?« hatte er gefragt. »Solche Sachen geschehen doch nur nachts, nicht wahr?«
Sam hatte ihn nicht eines Besseren belehrt. Aber derartige ›Phänomene‹ – um diesen nüchternen, sterilen Begriff zu verwenden, den Sam immer unzulänglicher fand – folgten keinen Regeln. Sie konnten zu jeder Tages- und Nachtzeit und an jedem Ort auftreten, im Dunkeln oder bei hellem Tageslicht, plötzlich und unerwartet.
»Okay, gehen wir«, meinte Ralph, als Sam zu ihm in die Diele kam.
»Geben Sie mir den.«
Nachdem Sam ihm einen der schweren Koffer abgenommen hatte, verließen sie das Haus und winkten ein Taxi heran. Zwanzig Minuten später betraten sie das Foyer des kleinen Hotels, in dem Sam damals Joannas Eltern getroffen hatte. Der Mann an der Rezeption teilte Ralph mit, sie seien bereits eingetroffen und oben bei Joanna.
Während sie im Lift nach oben fuhren, hatte Sam wieder dasselbe flaue Gefühl im Magen wie damals, als er vor dem Haus stand und wartete, daß Ralph Cazaubon die Tür öffnete. Obwohl Bob und Elizabeth Cross ihn bestimmt nicht erkennen würden, sah er dem Treffen ungeduldig entgegen. Man konnte sich nie sicher sein, sagte er sich ein ums andere Mal. Logisch betrachtet gehörten Joannas Eltern ebenso wie die Joanna, die er gleich wiedersehen würde, zu jener subtil veränderten Welt, in der Adam Wyatt kein Kind der Phantasie war, sondern das Kind seiner Eltern und der Vorfahre der Familie Cazaubon.
Allerdings wußte Sam, daß die Gesetze der Logik nicht das Universum beherrschten. Oder wenn, dann auf eine Art und Weise, die dem menschlichen Verstand unergründlich blieb. Mit diesem Gedanken versuchte er sich zu beruhigen und sich mit der Gelassenheit des Zen für die Begegnung zu wappnen.
Kaum, daß Ralph geklingelt hatte, öffnete Bob Cross die Tür der Hotelsuite. Nichts in seinem Blick verriet, daß er Sam wiedererkannte, als sie ins Wohnzimmer eintraten und Ralph sie einander vorstellte. Aus dem angrenzenden Raum, vermutlich dem Schlafzimmer, kam Elizabeth Cross und schloß die Tür hinter sich.
»Joanna ist gerade mit Duschen fertig«, sagte sie zu Ralph. »Wenn du die Kleider für sie dabeihast, bring sie ihr doch bitte gleich rein.«
Er ging in das andere Zimmer und überließ es Bob Cross, Sam seiner Frau vorzustellen – und auch ihre Reaktion ließ nicht erahnen, daß sich ihre Wege schon einmal gekreuzt hatten.
»Joanna sagt, Sie befassen sich beruflich mit diesen Dingen«, meinte Elizabeth Cross.
»Ich leite an der Manhattan University eine Abteilung«, erklärte Sam, »die sich mit ungewöhnlichen Phänomenen aller Art beschäftigt.«
»Nun, ungewöhnlich ist diese Sache bestimmt«, bemerkte Bob Cross. »Ich habe zwar mal eine fliegende
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