Ex
Cross stehen und drehte sich zu ihrer Tochter um.
»Mir war nicht bewußt, daß ich etwas Provokatives gesagt habe.«
Joanna merkte, wie ihre Lippen zitterten, und zugleich fiel ihr die belustigte Reaktion ihrer Mutter auf. Dieses Zittern war eine Ange-wohnheit aus ihrer Kindheit, und es ärgerte Joanna maßlos, daß sie es nie hatte ablegen können. Denn dadurch verriet sie, daß sie sich ins Unrecht gesetzt hatte, indem sie zuviel oder etwas Falsches gesagt hatte, was sie aber unter keinen Umständen zugeben würde.
»Ich habe nur gemeint«, fuhr ihre Mutter in einem versöhnlichen Ton fort, »daß es eine ungewöhnliche Arbeit ist, die wohl nur ein ungewöhnlicher Mensch tun kann. Das heißt nicht, daß er nicht nett ist, das habe ich ja schon gesagt. Jetzt komm, sonst fragt sich der arme Kerl noch, was wir so lange über ihn tratschen.«
Joanna folgte ihrer Mutter die Treppe hinauf und durch die ledergepolsterte Tür ins Restaurant zurück. Dabei empfand sie ein eigenartiges Unbehagen. Irgend etwas in den Worten ihrer Mutter, besonders der unterschwellige, mißfällige Zweifel, hatte in ihr das Bild von Ellie Ray heraufbeschworen – jenes finstere, wutverzerrte Gesicht, dem sie sich an jenem Vormittag auf der Sixth Avenue plötzlich gegenübergesehen hatte.
Doch dieses Gefühl ging vorüber, nachdem sie sich wieder gesetzt hatten. Den weiteren Abend plauderten sie über sehenswerte Theaterstücke und die kulturellen Ereignisse der kommenden Saison.
Als sich die beiden Paare vor dem Restaurant gute Nacht wünschten und ihrer Wege gingen, spürte Joanna allerdings, daß ihre Mutter immer noch sehr reserviert war. Das ärgerte und beunruhigte sie. Sie kannte die Intuitionen ihrer Mutter und hatte sich bisher meistens auf sie verlassen – aus gutem Grund, wie sich später meistens herausstellte. Aber diesmal lagen die Dinge anders. Diesmal täuschte sich ihre Mutter, weiter nichts.
Sie hakte sich bei Sam unter und genoß es, in seiner Nähe zu sein. Er beugte sich über sie und küßte sie sanft auf den Mund, während sie durch das winterliche, nächtlich funkelnde Manhattan spazierten.
KAPITEL 13 Das erste Treffen der Gruppe fand an einem Dienstag abend kurz nach sieben statt, in einem Kellerraum gleich unter Sams großem Labor. Bisher hatte man den Raum als Lager genutzt, hauptsächlich für Plunder. Sam war froh gewesen, den Krempel endlich loszuwerden. Zwei kleine Fenster ganz oben an einer Wand sorgten für frische Luft, doch durch den Metallrost davor drang kaum Tageslicht herein, so daß man auch tagsüber das Licht einschalten mußte. Die Neonröhren tauchten die frisch getünchten weißen Wände, deren Farbe noch nicht richtig trocken war, in ein steriles kaltes Licht.
In der Mitte des Raumes standen acht Stühle mit geraden Lehnen um einen rechteckigen Holztisch. Außerdem gab es an Mobiliar ein altes Ledersofa an der Wand, daneben einen Tisch mit einer Kaffeemaschine und Pappbechern darauf sowie einen kleinen Kühlschrank für kalte Getränke. In zwei Ecken des Raums standen Videokameras auf Stativen, und von der Decke hingen vier kleine Mikrofone herab.
Joanna saß links von einem Ehepaar Anfang Vierzig. Die beiden waren ihr als Drew und Barry Hearst vorgestellt worden. Barry war ein breitschultriger, untersetzter Mann mit einem dunklen, gestutzten Bart und einer Vorliebe für offene Hawaiihemden, selbst mitten im Winter. Wie Joanna erfahren hatte, war er Klempner und leitete in einem Vorort von Queens eine erfolgreiche Firma mit beinahe dreißig Angestellten. Seine Frau Drew, die neben ihm saß, war schlank und zierlich, doch ihre ruhige Art ließ auf Entschiedenheit und Stärke schließen.
Neben Drew saß Maggie McBride, eine mütterliche Frau in den Sechzigern mit sanfter Stimme und einem Akzent, der noch immer ihre Herkunft aus dem schottischen Hochland verriet.
Zu Maggies Rechten hatte ein streng wirkender Mann von ungefähr Mitte Fünfzig Platz genommen, der einen teuren, gut geschnittenen Anzug trug und sich als Ward Riley vorstellte. Von ihm wußte Joanna bisher nur (man ging davon aus, daß sich die Teilnehmer während der zweimal wöchentlich stattfindenden Sitzungen ohnehin besser kennenlernen würden), daß er ein ehemaliger Anwalt war, der später als Investment-Banker gearbeitet und sehr viel Geld verdient hatte. Vor zehn Jahren hatte er sich aus dem Arbeitsleben zurückgezogen. Sams Beschreibung nach steckte Ward Riley voller hochinteressanter Widersprüche: ein erfolgreicher
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