Ex
durchgeknallt sein, wenn man › joie de vivre‹ als Grund angibt, um jemanden umzubringen.«
Sam war wieder aufgesprungen und machte noch ein paar Fotos vom Fenster, diesmal aus nächster Nähe und mit Blitzlicht.
»Außer wenn er aufgrund irgendeiner perversen Logik seine ›Lebensfreude‹ mit der seiner Opfer für unvereinbar hält«, knüpfte Joanna an Petes Äußerung an.
Pete sah sie an. »Warum sollte er?«
»Andere Welten.«
Diese Bemerkung kam von Roger und klang eher wie ein dahingemurmelter Gedanke als wie eine Antwort auf Petes Frage. Der Physiker saß in einem Sessel, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und starrte auf seine Hände.
»Wie bitte, Roger?« fragte Joanna.
Er richtete sich auf und schaute die anderen an. »In der Welt, in der Adam existiert, kann es keine Zukunft geben, in der er von Menschen erfunden wird. Wie Joanna gerade sagte, ist es ein Problem der Vereinbarkeit, der Kompatibilität.«
Sam wandte sich vom Fenster ab und nahm den zurückgespulten Film aus seiner Kamera. »Versteigst du dich da nicht zu kühnen Spekulationen, Roger? Selbst nach den ›liberalen Maßstäben der parapsychologischen Forschung‹, wie du es immer ausdrückst?«
Um Rogers Lippen spielte ein dünnes Lächeln. »Es war nur eine Idee.«
»Und zwar eine, die auf unangenehme Weise plausibel klingt«, sagte Ward ruhig. »Um so mehr Grund haben wir, dieses Ding zu vernichten.«
»Aber was ist denn ›dieses Ding‹, in deinen Augen?« Sam blieb hartnäckig.
»Grundsätzlich teile ich deine Ansicht, Sam«, erklärte Ward. »Adam ist etwas, das wir erschaffen haben. Eine gedachte Gestalt. Ob er für diese Todesfälle verantwortlich ist, weiß ich nicht. Wir können weder das eine noch das andere beweisen. Aber ich weiß, daß wir ihn – oder dieses Ding, diese Kraft – nicht mehr unter Kontrolle haben. Deshalb meine ich, wenn wir etwas dagegen unternehmen wollen, brauchen wir Hilfe.«
Verwundert sah Sam ihn an. »Hilfe?« In seine Stimme schlich sich ein argwöhnischer Unterton. »Was für eine Hilfe denn?«
Ward zögerte, faßte sich an die Stirn. »Ich würde gern mit ein paar Leuten reden.«
»Dürfen wir erfahren, mit wem?« Die Frage klang nicht aggressiv, aber sie drückte das aus, was alle dachten: Sie saßen alle im selben Boot und hatten ein Recht zu erfahren, wen er noch mit einbeziehen wollte.
Ward begriff und gab bereitwillig Auskunft.
»Es handelt sich eigentlich nur um eine Person, um jemanden, den man wohl als eine Art Guru bezeichnen könnte.« Er lachte leise. »Obwohl ich nicht weiß, wie viele Arten es davon gibt. Ich kenne ihn seit zwanzig Jahren. Er hat keine Sekte oder Anhängerschaft, zumindest keine, bei der die Mitglieder voneinander wissen. Ich kenne ein paar Leute, die seine Schüler waren, und einer von ihnen hat mich mit ihm bekannt gemacht. Woher er kommt und wo er lebt, weiß ich nicht. Er ist ständig unterwegs, vielleicht ist er gerade weiß Gott wo, aber wenn man ihn braucht, kann man ihn mit ein paar Telefonaten ausfindig machen.«
»Was für Nummern hat er denn in seinem Repertoire – singt er mit sich selbst im Duett, oder führt er Regentänze auf?« Die Frage kam von Roger, ihr ungewohnter Sarkasmus war fast verletzend.
Doch Ward ging leichthin darüber hinweg und bedachte Roger nur mit einem spröden Lächeln. »Angesichts dessen, was wir alle in letzter Zeit erlebt haben, werde ich mich nicht dafür entschuldigen, wenn etwas, was ich sage, vielleicht entfernt nach Aberglauben klingen mag. Offen gestanden, ich hätte gedacht, daß wir uns in dieser Hinsicht nichts mehr vorzumachen brauchen.« Während er sprach, schweifte sein Blick zum Fenster. Die Schrift war noch immer zu erkennen, auch wenn inzwischen Wassertropfen die Scheibe hinabrannen und dunkle Linien die Worte durchzogen.
»Ob es uns gefällt oder nicht«, fuhr Ward fort, »im Leben jedes einzelnen von uns hat sich etwas eingenistet, was wir zwar rational nicht erklären können, von dem wir aber wissen, daß es existiert. Ob es Maggie oder Drew und Barry getötet hat, weiß ich nicht. Und ich weiß auch nicht, ob – oder warum – es uns alle umbringen will. Aber darüber möchte ich mit diesem Mann sprechen, denn mir fällt niemand sonst ein, der eine Erklärung dafür haben könnte.«
Keiner sagte etwas, als er quer durchs Zimmer ging, seinen Mantel von einer Stuhllehne nahm und ihn sich überzog.
»Übrigens«, fügte er hinzu, als wäre ihm das eben erst eingefallen, »hat er mich
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