EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Senior-Junior-Verhältnis. Eine gleichberechtigte Freundschaft, oder gar keine.«
Schdanow trank einen Schluck Wasser. Der Übersetzer nutzte die Pause, um den letzten Satz fertig zu formulieren.
»Zu dieser gleichberechtigten Freundschaft gehört, dass sich Ihre Länder aus der russischen Einflusssphäre zurückziehen. Viel zu lange hat unser geliebtes Russland zugesehen, wie Sie sich an unseren Rändern eingenistet haben.« Zum ersten Mal huschte ein Lächeln um Schdanows Lippen. »Die Frage stellt sich, was die USA getan hätten, wenn Russland in Mexiko militärische Basen gebaut hätte. Die Antwort ist klar: Man hätte den sofortigen Rückzug gefordert. Das tut auch Russland! Heute fordern wir Sie unmissverständlich und ultimativ auf, Ihre Stützpunkte in den ehemaligen Ländern des Warschauer Pakts aufzugeben. Russland wird nicht akzeptieren, der ... die Einkreisung durch Ihre Streitkräfte länger tatenlos hinzunehmen. Ihre hervorragenden Nachrichtendienste wissen, dass Russland über die modernsten seegestützten strategischen Waffen verfügt, die es heute gibt. Wir verlangen von Ihnen ein positives Signal. Der Abzug Ihrer Truppen und der Rückbau Ihrer Basen kann nicht über Nacht geschehen. Aber die Entscheidung muss auf Ihrer Seite sehr schnell und ... nachvollziehbar fallen.« Schdanow machte wieder eine Pause. Sekundenlang blickte er wortlos in die Kamera. Dann ließ er die Bombe platzen. »Jedes andere als das von mir skizzierte Verhalten müsste von unserem Land als eine Kriegserklärung interpretiert werden. Russland will keinen Krieg. Aber wenn ein stolzer Mann mit dem Rücken zur Wand steht und immer weiter bedrängt wird, hat er nur zwei Möglichkeiten. Entweder er gibt sich auf. Oder er schlägt zu. Russland ... Russland wird sich niemals aufgeben!«
»Der Dritte Weltkrieg!« Tim setzte sich wieder hin. »Das ist wirklich nicht mehr lustig. Das ist verdammt noch mal nicht mehr lustig!« Er schüttelte den Kopf. Wenn er jetzt wenigstens bei Josephina sein könnte!
Die Urheber des Excess-Szenarios hatten herausgefunden, wie man die Dramatik eines schrecklichen Nachrichtenprogramms noch einmal steigern konnte. Mit ... gar keinem Programm.
Das Bild zeigte eine verblüffte Judith Roth. »Meine Damen und Herren, aufgrund einer Anweisung des Ministeriums für die Sicherheit des Heimatlandes wird NBC jetzt das Programm bis morgen um 6 Uhr Ostküstenzeit unterbrechen. Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis.« Sie blickte zur Seite als wolle sie fragen: »War’s das? Noch was?« Dann verschwand sie hinter einem Wall aus Schwärze.
Stille. Schwärze. Panik. In einem Land, das seit drei Generationen den Fernseher nicht mehr ausgeschaltet hatte, wirkte das blinde Schweigen des Fernsehers grausamer als die schlimmsten Nachrichten. Keine Schrifttafel. Nur Schwärze.
Tim griff zur Fernbedienung und schaltete um. CNN. »... morgen um 6 Uhr Ostküstenzeit.« Weg. Stille. Schwärze. Die anderen drei großen Sender waren bereits abgeschaltet. Tim zappte sich durchs Programm. Nichts. Kein einziger Sender lief mehr. Höhnisch schwieg ihn der Fernseher an. Tim legte das Gesicht in seine Hände. Von nirgendwo ein Ton. Wie tot. Josephina! Vielleicht würde er sie nie wiedersehen. Wie schrecklich ihr es gehen musste! Hätte er doch nur ein paar Stunden früher seinen blöden Stolz überwunden und sie angerufen. Dann wären sie jetzt vielleicht zusammen und könnten sich gegenseitig Mut machen. Aber so. Allein zu Hause. Draußen eine Ausgangssperre. Die unerträgliche Stille im Raum.
Fünf Minuten. Zehn Minuten. Dann endlich ein Geräusch – das Telefon läutete. Tim stolperte über einen Stuhl, als er den Hörer ergreifen wollte. Sein Schienbein tat weh. Er drückte auf die Telefontaste. Eine fremde Frauenstimme. »Dies ist eine aufgezeichnete Mitteilung des Heimatschutzministeriums. Wir weisen Sie darauf hin, dass Präsidentin Adams gestützt auf US-Code 50 heute einen nationalen Notstand erklärt hat. Die nun folgenden Regeln gelten für alle fünfzig Staaten und den District of Columbia. Zuwiderhandlungen können schwere Konsequenzen nach sich ziehen. Erstens ...«
Tim hatte keine Nerven mehr, sich die Regeln noch einmal anzuhören. Er wagte es aber auch nicht, einfach einzuhängen. Vielleicht würde man es registrieren und ihn auf eine schwarze Liste setzen. Also legte er den Hörer neben sich auf den Boden. Verschwommen sah er durch seine tränenden Augen an die
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