EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung

Betrieb war. In den Servern des Erotikanbieters wurden die chiffrierten Daten von den Bildern der Webcam in Bildpunkte der Softpornos eingeschleust – nicht wahrnehmbar für das menschliche Auge. Die regulären Kunden von Erotipixx.com betraf dieser Vorgang allerdings nicht. Die STOG hatte in Mitteleuropa dreihundert fiktive Webkonten aufgestellt. Sie waren die Empfänger der chiffrierten und steganografierten Bilder. In ihren Computern wurden die Datenpakete aus Sandrock ausgepackt und über sichere Verbindungen nach Luxemburg gesendet. Das komplizierte Vorgehen hatte zur Folge, dass man in Luxemburg, mit einer Zeitverzögerung von zehn Sekunden nur zwei Bilder pro Sekunde empfing. Was allerdings vollkommen genügte.
     
    Tim Lewis erwachte durch das nervtötende Quäken des Weckers. gesprochen, also 5 Uhr in der Zeitzone, in der Texas lag. Nachdem er die Kaffeemaschine angeworfen hatte ging er ins Wohnzimmer. Zuerst der Telefontest – Josephina. »Wir müssen Ihnen leider mitteilen ...« Wieder nichts! Warum so früh? Shit – weil NBC wieder sendet! 6 Uhr. Noch neunzig Minuten bis zum Ende der Ausgangssperre. Als sich Tim aus dem Bett quälte – er hatte keinen Fernseher im Schlafzimmer – fiel ihm auf, dass er den Wecker ein Stunde früher hätte stellen müssen. NBC hatte von 6 Uhr Ostküstenzeit
       Er realisierte, dass er Herzklopfen hatte, als er den Fernseher einschaltete. Was wohl in der Zwischenzeit alles passiert war? Schon das erste Bild ließ an Dramatik nichts zu wünschen übrig. Die Textzeile beseitigte alle Interpretationsmöglichkeiten. Silos der Atomraketen in Russland geöffnet. Darunter: Bild und Ton dieser Sendung freigegeben durch Verteidigungsministerium. Eine Satellitenaufnahme einer Waldlichtung irgendwo in Russland. Zehn schwarze Löcher gähnten im Boden. Tief in der Erde, unsichtbar für das Kameraauge des Satelliten, je eine interkontinentale ballistische Rakete – bestückt mit Atomsprengköpfen. Schnitt zurück ins Studio, ins Bild kam Judith Roth. » Präsidentin Adams wird sich heute um 9 Uhr Ostküstenzeit mit einer wichtigen Ankündigung an das amerikanische Volk wenden«, erklärte sie. Sie trug eine modische olivfarbene Bluse, an deren Kragen eine Brosche in der Form einer amerikanischen Flagge geheftet war. »Es ist zu vermuten, dass die Präsidentin das Kriegsrecht für das gesamte Gebiet der Vereinigten Staaten von Amerika ausrufen wird. Das wäre zum ersten Mal seit 1861 durch Präsident Abraham Lincoln. Die Präsidentin und der Generalstab haben bereits das Militär in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Seit 4 Uhr gilt für alle US Streitkräfte DEFCON 2. Dies war zum letzten Mal 1962 während der Kubakrise der Fall.« Ernst fügte sie hinzu. »Der nächste Schritt, DEFCON 1, würde erklärt, wenn die USA tatsächlich angegriffen werden. Sämtliche Feierlichkeiten zum Gedenken an die Anschläge vom 11. September 2001 wurden abgesagt.«
       Das Bild wechselte auf ihren Kollegen Roberto McIntyre. »Wir weisen Sie darauf hin, dass Bild und Ton dieser Sendung von der militärischen Zensur überwacht werden.« Er drehte sich und blickte in eine andere Kamera. »Die Entwicklung in Russland ist schlimm genug, aber ...«
       Zwei Gefühle rangen in Tim um Vorherrschaft: Angst vor der allernächsten Zukunft und Trauer wegen des fehlenden Kontakts zu Josephina. Die Situation legte sich wie eine Decke aus Blei über ihn. Das abstrakte Element der Nachrichten wurde durch die Ausgangssperre und die Einschließung in Sandrock mehrfach verstärkt. Gestern war der alte Kenneth Williams vor dem Fernseher an einem Herzinfarkt gestorben. Es hatte nur wenige Stunde gedauert und ganz Sandrock wusste von seinem Tod. Er wirkte wie ein Omen – die Alten und Schwachen sterben zuerst.
       »... in der Nacht sind in fünfzehn Städten der USA, Europas und dem Nahen Osten Bomben mit möglicherweise radioaktiven Stoffen explodiert. Dabei wurden mehr als siebenhundert Menschen getötet und tausende verletzt. Betroffen sind die Städte Boston, Baltimore, Washington D.C., Seattle, Dallas, San Francisco, Orlando, London, Birmingham, München, Hamburg, Genf, Marseille, Rom und Jerusalem. Zu den Anschlägen hat sich die Kampfgruppe 9/11 bekannt. Erschreckend ist, dass dies trotz der einschneidenden Maßnahmen, die seit gestern getroffen wurden, geschehen konnte. Dies zeigt, dass die Anschläge von langer Hand vorbereitet worden sind. Inzwischen wurde auch in den betroffenen Ländern der