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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Kontrolle …
    Andererseits, Tenskwatawa war die klügste Person, die Hamish kannte – warum sich also Sorgen machen?
    »Warum versuchen Sie nicht, Dr. Betsby irgendwie an Bord zu bringen?« Tenskwatawa war so groß, dass er nicht zu Hamish hochsehen musste. »Bestimmt gibt es etwas, das unser engagierter Arzt möchte oder braucht, etwas, das seine gegenwärtigen Pläne ersetzen könnte. Geld? Unterstützung bei einem Projekt? Vielleicht könnten wir ihm mit einem kurzen Gefängnisaufenthalt – irgendein Grund wird sich schon finden – zu etwas mehr Einsicht verhelfen.«
    Der Prophet legte eine kurze Pause ein. »Aber wenn Betsby nicht nachgibt … Sehen Sie zu, ob der Senator gerettet werden kann.«
    »Um jeden Preis, Sir?«
    Der Prophet wölbte eine Braue, überlegte kurz und schüttelte den Kopf.
    »Nein. So wichtig ist Strong nicht. Nicht mehr. Nicht in einer Welt, die wegen dieses außerirdischen Artefakts außer Rand und Band geraten ist.
    Wie dem auch sei, Hamish: Denken Sie daran, dass es uns nicht darum geht, Tyrannen zu werden. Die Verwendung von schmutzigen Tricks und Stasi-Taktiken muss auf ein Minimum beschränkt bleiben. Unsere Bewegung will der Wissenschaft und Technik nur Zügel anlegen, anstatt sie wild umherlaufen und das Schicksal der Menschheit bestimmen zu lassen. Wir greifen auf Populismus und Mobilisierung zurück, aber um die Massen zu beruhigen und dadurch die Welt zu retten, damit es später eine bessere Demokratie geben kann.«
    »Hmm.« Hamish dachte nach und sah sich dabei um. »Mit dem letzten Teil sind unsere neuen Verbündeten vielleicht nicht einverstanden.«
    Hamish war nicht sicher, was er selbst davon halten sollte. Plato hatte die Demokratie verachtet, und galt er nicht als der klügste aller Philosophen?
    »Ich weiß.« Tenskwatawa drückte kurz Hamishs Arm über dem Ellenbogen, vermittelte damit den Eindruck von Macht, derzeit freundschaftlich zurückgehalten, aber jederzeit bereit, wie eine Naturgewalt. »Die Aristos glauben, sie könnten uns benutzen … und sie haben sowohl die Geschichte als auch die menschliche Natur auf ihrer Seite. Vielleicht gelingt es ihnen sogar! Möglicherweise ergeht es uns wie vielen anderen populistischen Bewegungen vor uns, indem wir hereingelegt werden und letztendlich der Oligarchie zur Macht verhelfen.
    Andererseits … Wir haben einige neue Dinge in unserer Waagschale.« Der Prophet lächelte und strahlte Zuversicht aus.
    »Zum Beispiel die Wahrheit.«

Entropie
    Beim letzten Mal haben wir über eine oder mehrere Möglichkeiten gesprochen, die Zivilisationen daran hindern könnten, ihre Träume zu verwirklichen. Die Rede ist nicht von Katastrophen, Krieg oder ökologischem Zusammenbruch, sondern von etwas weitaus Banalerem.
    Überspezialisierung. Das Versagen bei dem Versuch, den fast vertikalen Berg des angesammelten Wissens zu erklettern. Logisch überlegt scheint es unvermeidbar zu sein. Je mehr Informationen angehäuft werden, desto schwerer wird es, dem Stapel noch etwas hinzuzufügen! Sich auf kleinere Dinge zu konzentrieren, funktioniert nur in gewisser Weise, denn selbst wenn man lange genug lebt, um sein Fachgebiet zu beherrschen: Man weiß nie, wie viel von der eigenen Arbeit gleichzeitig auf der andere Seite der Welt – oder am Ende des Flurs – wiederholt wird, von Leuten, die ein etwas anderes Vokabular für das gleiche Problem verwenden. Der größte Trick der Menschheit für den Fortschritt – die Unterteilung in immer neue professionelle Spezialisierungen – schien bestimmt zu sein, sich in eine Falle zu verwandeln.
    Und tatsächlich: Es könnte eine Falle sein, in die viele außerirdische Zivilisationen tappen.
    Aber wir nicht. Nicht im einundzwanzigsten Jahrhundert auf der Erde. Wir überwanden die Gefahr – zumindest vorerst – mit erstaunlichen Leistungen der menschlichen Agilität. Mit Internet-Verbindungen und Korrelationsdiensten, die den gewaltigen Wissensschatz blitzschnell durchforsten. Mit Suchprogrammen, die Ihnen alles anzeigen, was Ihren gegenwärtigen Interessen entspricht. Mit analytischen Werkzeugen, die Konzepte auf ihre jeweilige Relevanz untersuchen. Und vor allem mit unserer neuen Fähigkeit, wie Götter über unseren elektronisch verlinkten Globus zu fliegen, andere zu treffen, Gildengrenzen zu überwinden und Ideen auszutauschen.
    Die Druckerpresse multiplizierte das, was der Durchschnittsmensch bis dahin wusste, und gläserne Linsen machten erkennbar, was wir bis dahin nicht sehen konnten.

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