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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Seitdem hat jedes Jahrhundert unseren Horizont noch weiter hinausgeschoben, bis zur heutigen Multitasking-Generation, die hin und her springt, mit leichter Hand alle beliebigen Informationen, Konzepte und Kunstwerke berührt, klickend und blinzelnd mit allen Lebenden kommuniziert, und manchmal auch mit Entitäten, die nicht zu den Lebenden zählen.
    Und genau da liegt der Haken: mit leichter Hand …
    Es ist bereits viel über die Probleme in Zusammenhang mit »ständig geteilter Aufmerksamkeit« geschrieben worden. Verlust von Konzentration. Ein Hang zu grob vereinfachenden Konzepten. Die Tendenz, Gedanken ziellos treiben zu lassen. Und das sind nur die milden Symptome. Schlimmstenfalls drohen Dutzende von neuen Geisteskrankheiten, wie zum Beispiel das Noakes-Syndrom oder die Leninger-Krankheit. Viele von ihnen werden auf die neu gewonnene Freiheit zurückgeführt, auf die Möglichkeit, unsere Gedanken überallhin zu schicken.
    Sind wir einer Gefahr ausgewichen – der Überspezialisierung –, nur um mit dem genauen Gegenteil konfrontiert zu werden? Mit breit gefächerter Oberflächlichkeit ? Gedanken, die bis zu den fernsten aller Horizonte reichen, und darüber hinaus, aber nur hauchdünn, ohne Tiefe?
    Man höre all die Griesgrame dort draußen, die die Fehler unseres gegenwärtigen »Zeitalters der Amateure« anprangern. Sie rufen nach einer Rückkehr von Sachverstand, nach kompetenter Pflege von Wissen, neuer Ordnung und disziplinierter Zuwendung zu unseren Berufen, Künsten und Akademien. Handelt es sich dabei nur um egoistische Gildenpflege, die vor allem den eigenen Interessen gilt? Oder beschreiben diese Stimmen eine weitere Kurskorrektur, die dringend erforderlich ist, um einer Katastrophe auszuweichen?
    Können uns die neuen KI-Systeme dabei helfen, diese Seuche der Oberflächlichkeit zu vermeiden? Oder werden sie sie gar noch verschlimmern?
    Eines ist klar. In dieser unserer Galaxis ist es nicht leicht, klug zu sein. Auf unserem Weg, wohin auch immer, entgehen wir nur knapp Myriaden Fallgruben.
    Wenn man all das berücksichtigt … Ist es dann wirklich eine Überraschung, dass wir allein zu sein scheinen?
    Das Füllhorn der Pandora

Inselstädte 34
    Ozean so weit der Blick reichte.
    Peng Xiang Bin hielt sich für einen Mann des Meeres, der den größten Teil seiner Zeit im Wasser verbrachte, in den schmutzigen, sandigen Gezei tenströmungen der Huangpu-Mündung. Es machte ihm nichts aus, den Atem anzuhalten und ein Dutzend Meter tief nach Krabben zu tauchen oder Bergungsgut von dem mit Müll übersäten Meeresgrund zu holen. Er fühlte sich den Fischen und sogar Quallen näher als den Landratten, zu denen er einmal gehört hatte. In einer Welt mit steigendem Meeresspiegel und überfluteten Küsten schien das eine gute Anpassung zu sein.
    Aber jetzt begriff er: Ich habe mich immer auf die Nähe von Land verlassen.
    Erstaunt stellte er fest, dass er die große, hässliche Betonbarriere vermisste, die China zum Schutz der neuen Küstenlinie errichtet hatte. Und auch die glitzernden Türme von Schanghai hinter der Neuen Chinesischen Mauer.
    Selbst die schiefen, halb überfluteten ehemaligen Strandvillen, die armen Leuten wie mir angeboten werden – eine billige Methode, um das von Generationen hinterlassene Durcheinander aufzuräumen –, selbst jene langsam in sich zusammenfallenden Ruinen waren irgendwie beruhigend. Sie gaben meinem Teil des Meeres eine Art Anker, ein festes Stück Zuhause.
    Im Vergleich hiermit.
    Vor ihm erstreckte sich nichts als grauer Ozean, endlos und beängstigend, die Wellen schaumgekrönt. Am Horizont schienen Meer und Himmel untrennbar ineinander überzugehen. Festigkeit gab es nur hier, auf der von Menschen fabrizierten Insel, einem auf Stelzen stehenden Hightech-Dorf – es klammerte sich an ein Riff, das einst eine Nation gewesen war.
    Jetzt war es wieder eine.
    Peng Xiang Bin stand auf einem Balkon, und wenn er genau hinsah, konnte er die Wellenlinien erkennen, wo mutierte Korallen angepflanzt worden waren, in der Hoffnung, das Riff zu erweitern. Unter der Oberfläche, so wusste Bin, lagen Stummel und Buckel, die einst Gebäude gewesen waren: Wohnhäuser und Schulen, Läden und Kais. Hier hatte es keine großen Seemauern gegeben, keinen Schutz vor dem ansteigenden Meer. Dies alles war schon vor langer Zeit mächtigen Taifunen zum Opfer gefallen. Kurze Zeit nach der Evakuierung der letzten Bewohner hatten Sprengladungen die Reste von Alt-Pulupau zerstört und das verschwinden

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