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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Es gibt kein Phos-Urinal.
    Das Toiletten-Bidet verfügte über alle Wasser-und-Luft-Ausstattungen und außerdem den neuesten Sitzwärmer-Vibrator von Kinshasa Luxe. Aber ganz offensichtlich wurde das, was man dem Porzellanbecken anvertraute, einfach weggespült, direkt in die Kanalisation, wie in der schlechten alten Zeit. Es gab keine separate Sammeleinheit, keine Möglichkeit für einen Mann, die moderne Pflicht zu erfüllen, die man von Frauen nicht verlangte. Den einen Dienst, den nur wenige Frauen – selbst die besonders gleichmacherischen oder umweltbewussten unter ihnen – freiwillig leisteten.
    Daheim reduzierte Hamish die Phosphor-Abfälle seines Haushalts, indem er vom Balkon aus in die Rosen pinkelte, oder ins Blumenbeet bei seinem Büro. Ein sehr einfaches Recyclingsystem, und von Männern überall auf der Welt benutzt, wo immer ein nahes Stück Natur davon profitieren konnte – einst eine gewisse Taktlosigkeit, jetzt der Erde geweihter Patriotismus.
    Um ganz ehrlich zu sein: Hamish fand Gefallen daran, und Carolyn war nicht mehr da, um mit den Augen zu rollen und von einer sogenannten Krise zu sprechen, »die sich kleine Macho-Jungs ausgedacht haben«.
    Dieser Gedanke brachte ein Lächeln … dem ein Stirnrunzeln folgte, als er sich daran erinnerte, dass ihn Carolyn zum Schluss einen Heuchler und Scheinheiligen genannt hatte, weil er zehn Millionen Zuschauern und Lesern von Panikbedingung gesagt hatte, der Phosphormangel sei ein Schwindel, ein Plan, den Düngemittel-Barone und radikale Die-Erde-Zuerstler ausgeheckt hatten.
    »Wenn das stimmt, warum hast du dann in jedem Badezimmer dieses Hauses Sammelbehälter installieren lassen?«, hatte Carolyn eines Tages gefragt. »Du solltest konsequent sein. Bring es vor Gericht! Zahl die Strafe! Spül es weg!«
    Hamishs Standardantwort – »He, es ist nur eine Geschichte!« – schien bei ihr nicht mehr zu funktionieren, als es mit ihnen zu Ende ging.
    Inzwischen bedauerte er jenen Roman – erst in Phosvorstadt? umbenannt und dann in Phos-Furcht-Stadt!, für die Kino-Version. Das Offensichtliche zu leugnen, hatte ihn Glaubwürdigkeit gekostet. Andererseits, Carolyn hatte ihn nie verstanden: Ich halte nichts von Klugscheißern, die mir sagen, was ich tun soll. Selbst wenn sie recht haben.
    Hamish kehrte ins Hier und Jetzt zurück und dachte über die Villa Glaucus-Worthington nach. So luxuriös dieses Bad auch sein mochte, es ignorierte ungeniert den weltweiten Düngemittelmangel. Sind die Beamten in Zürich bestochen, damit sie in die andere Richtung sehen, wenn dieses große Haus den ganzen Phosphor zur Mulch-Anlage schickt, zusammen mit Toilettenpapier und Scheiße? Immerhin war Downstream-Rückgewinnung weniger effi zient, und die Schweizer legten doch großen Wert auf Effizienz.
    Nur weil man Plutokrat ist, bedeutet das noch lange nicht, dass einem nichts an der Welt liegt. Selbst wenn sich die GWs nicht um diesen Notfall scheren: Einige ihrer Besucher sind vielleicht ressourcenbewusst oder reiche Naderiten, die …
    Oh.
    Rätsel teilweise gelöst. Der Nachttopf war für Gäste bestimmt, die Wert auf planetare Korrektheit legten. Aber was für eine unpraktische Lösung! Ein Bediensteter musste sich auf den Weg machen, vielleicht zweimal am Tag, die Ausscheidungen einsammeln, die Töpfe reinigen …
    Zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Sekunden erlebte Hamish den Aha-Moment, den er so sehr schätzte.
    Verstehe. Es ist eine Botschaft, und sie lautet: Wir können es uns leisten, gut bezahlte, elegant gekleidete und leise sprechende Angestellte durch diese riesige Villa zu schicken, mit der Aufgabe, alte Pisspötte zu leeren, jeder Einzelne von ihnen ein Vermögen wert. Na schön, hab’s begriffen. Ihr seid so reich, dass ihr euch gar nicht mehr dazu herablasst, euer Geld zu zählen.
    Hamish fügte in Gedanken hinzu: Und so reich, dass euch Ruhm oder … Signaturen völlig schnurz sind.
    Wie Rupert Glaucus-Worthington bei Hamishs Versuch gezeigt hatte, ihm eine signierte Ausgabe von Die neue Pyramide zu überreichen – er hatte das Buch nur kurz mit der Fingerspitze berührt und es dann von einem Bediensteten fortbringen lassen. Und dann, mit einer Herablassung, die noch schmerzhafter war als absichtliches Beleidigen, hatte der Patriarch gefragt:
    »Nun, Mr. Brookeman, was machen Sie beruflich?«
    In Hinsicht auf diese Frage hatte es zwischen den Menschen auf der östlichen und westlichen Seite des Atlantiks immer eine tiefe Kluft gegeben. Amerikaner

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