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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Distanz schrumpfte so sehr, dass Bin glaubte, durch ihre oberen Wolkenschichten zu fliegen. Für ein oder zwei Sekunden erschien eine glühende Aura im Bild.
    »Ein Bremsflug durch die Atmosphäre der Venus. Meine Güte! Die Umlaufbahndaten müssen bis zu zehn Stellen hinter dem Komma genau gewesen sein, um dies aus so großer Entfernung zu planen, und für so lange Zeit im Voraus.«
    Es folgte ein weiterer abrupter Richtungswechsel und noch ein Vorbeiflug am Jupiter …
    »Ja, aber der Flugkörper könnte mit seinem Segel kleine Kurskorrekturen in Echtzeit vorgenommen haben«, erwiderte Anna. »Wie dem auch sei, eine so genaue Planung kann nur bedeuten, dass von Anfang an ein Ziel ins Auge gefasst war.« Ihre Finger bewegten sich. »Die Fremden müssen bereits von der Erde gewusst haben. Vielleicht aufgrund von Beobachtungen mit Instrumenten, die unserem Lebenssucher-Teleskop ähneln, allerdings einer wesentlich leistungsfähigeren Version. Sie müssen gewusst haben, dass der Planet Erde eine Sauerstoff-Atmosphäre hat, Methan aus biologischen Prozessen, vielleicht sogar Chlorophyll. Trotzdem …«
    Bin schüttelte den Kopf, ohne den Blick vom Weltstein abzuwenden. Selbst wenn der Kurier der Vorsicht den damaligen Menschen diese Bilder gezeigt und versucht hätte, sie ihnen zu erklären … Die Betrachter wären nicht in der Lage gewesen, sie zu verstehen. Schwindel erfasste ihn, verursacht von tanzenden Welten, knappen Vorbeiflügen und plötzlichen Kurswechseln, bis der Bote schließlich langsamer wurde. Die Reise durch das Sonnensystem wurde ruhiger, und eine weitere Kugel näherte sich. Ihr grün blauer Glanz wies Bin darauf hin, um welchen Planeten es sich handelte.
    »Das Objekt muss beabsichtigt haben, beim Anflug auf die Erde eine Feinabstimmung in Hinsicht auf die Kursdaten vorzunehmen«, kommentierte Paul. »Vielleicht mit einer graduellen Aufnahme von Sonnenlicht. Bis zum Erreichen eines hohen, sicheren Orbits, möglicherweise bei einem Lagrange-Punkt. Dann hätte es die nächsten Jahrhunderte damit verbracht, die Situation zu analysieren. Es wäre vielleicht imstande gewesen, das Segel als Teleskopspiegel zu benutzen und detaillierte Beobachtungen auf der Erde durchzuführen, aus sicherer Entfernung. Und dann hätte es gewartet.«
    »Gewartet? Worauf?« Anna klang skeptisch. »Dass der Planet Raumfahrer hervorbringt? Aber die zeitliche Übereinstimmung ist unglaublich! Dieses Ding auf die Reise zu schicken, damit es ein paar Tausend Jahre vor unseren ersten Ausflügen ins All eintrifft … Wie können die Fremden davon gewusst haben?«
    Bin staunte darüber, wie diese gebildeten Leute so viel verstehen konnten, und so schnell. Selbst mit all ihren hochmodernen Werkzeugen und Hilfen … Es war ein Privileg, sich auch nur in ihrer Gesellschaft zu befinden.
    Paul schien Annas Meinung nicht zu teilen. »Woher wollen wir wissen, dass an dem von ihnen gewählten Zeitpunkt etwas Besonderes ist? Vielleicht sind Hunderte oder Tausende oder noch mehr dieser Steinobjekte auf die Reise geschickt worden, über eine Milliarde Jahre hinweg. Vielleicht wimmelt es in unserem Sonnensystem davon! Im Asteroidengürtel haben wir nie nach Objekten dieser Größe Ausschau gehalten. Möglicherweise hat jener Astronaut nur eins von vielen Artefakten gefunden, eins, das zufälligerweise in seine Reichweite geriet …«
    »Trotzdem ist es eine bemerkenswerte zeitliche Übereinstimmung«, beharrte Anna. »Es muss …«
    »Genossen, bitte.« Professor Yang Shenxiu hob kurz den Blick von seiner Workstation. »Etwas geschieht.«
    Aus dem Glitzern der Erde war ein Punkt geworden und dann eine Scheibe, mit Wolkensprenkeln und glänzenden Ozeanen. Das Bild wechselte und zeigte wieder den Reisenden, den eiförmigen Boten. Der Behälter am einen Ende öffnete sich, und das Segel kam wieder zum Vorschein.
    »Schließlich liegt das Ziel in Sicht,
    Jetzt zum sicheren Anflug, einen Wartepunkt finden,
    Um zu blicken, zu lernen und zu bewerten,
    Dann wieder zu schlafen und zu warten.
    Bis zu einer Zeit des Findens,
    Wenn Verlockung sicher ist. Bereit …«
    Doch diesmal ging etwas schief. Als das Segel aus dem Behälter kam und das Licht der Sonne reflektierte, rissen einige Leinen! Eine Ecke des großen Segels neigte sich nach innen, und mehrere Leinen kreuzten sich auf eine nicht vorgesehene Weise. Bin blinzelte und fühlte, wie sich in ihm etwas zusammenkrampfte, als das Segel immer mehr in Unordnung geriet.
    »Offenbar kam es gewissermaßen

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