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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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verwandeln.
    Angenommen, wir verpatzen alles, und zwar richtig. Angenommen, es bleiben nur einige kleine Geschöpfe zurück, die durch die Ruinen krabbeln.
    Vielleicht hat das Leben nur eine weitere Chance, es richtig hinzukriegen.
    Das Füllhorn der Pandora

Duft 6
    »Eine Krise steht bevor, Lacey. Kroh. Du darfst deinesgleichen nicht aufgeben.«
    Lacey neigte den Strohhut nach vorn, um nicht von der grellen chilenischen Sonne geblendet zu werden, und antwortete mit leiser Stimme.
    »Meinesgleichen was?«
    Es war nicht die beste Zeit dafür, in dem schmalen, steinigen Garten Blumen zu pflücken, insbesondere in dieser Höhe, an der Seite und unterhalb der glänzenden Observatoriumskuppel. Aber drinnen waren keine Tiere gestattet. Oh, für Lacey hätten die Astronomen sicher eine Ausnahme gemacht, da es ihr Geld gewesen war, das den Bau des Observatoriums ermöglicht hatte. Dennoch: Neublesse oblige lehrte, dass man seinen Status besser nicht ausnutzte. Zumindest nicht offen.
    Während sie auf die Antwort ihres Besuchers wartete, wählte Lacey eine weitere Blume, eine bunte Marsianische Rose, eine der wenigen Arten, die so hoch über dem Meeresspiegel blühten.
    »Du weißt, was ich meine. Krok. Das derzeit geschnürte gesellschaftliche Paket kann nicht zusammenhalten. Und wenn es auseinanderbricht, könnte Blut fließen. Kro. Jede Menge.«
    Ein graublauer Papagei saß auf der Kryo-Kiste, die ihn vor kurzer Zeit per Sonderkurier geliefert hatte. Die lange Reise im gefrorenen Zustand und dann das Schocktauen schienen dem Vogel nichts ausgemacht zu haben: Er neigte den Kopf, hob den einen Krallenfuß und kratzte sich an der schimmernden Wange. Er wirkte gelangweilt, im Gegensatz zu den Worten, die krächzend und mit einem schweizerdeutschen Akzent aus seinem krummen gelben Schnabel kamen.
    »Das Aufklärungsexperiment geht seinem Ende entgegen, Lacey. Krakh. Die KI-Modelle weisen deutlich darauf hin. Alle zehn Stände treffen Vorbereitungen.«
    Der Papagei schien zu schielen und wirkte abgelenkt, aber Lacey wusste, dass er sehr gut sah. Ein weiterer Grund dafür, dieses Gespräch draußen zu führen, wo sie sich ein bisschen unter einem Strohhut verbergen konnte. Vorsichtig wählte sie eine weitere Blume und fragte:
    » Alle zehn Stände? Selbst das Volk ?«
    Das Vogelhirn brauchte einige Sekunden, um die Worte zu verschlüsseln, und anschließend wurden sie per Satellit einem zweiten Papageien übermittelt, der sie in Zürich empfing und entschlüsselte. Wiederum einige Sekunden später traf die codierte Antwort ein und entlockte dem Vogel vor Lacey ein gereiztes Krächzen.
    »So viele von ihnen, dass es eine Rolle spielt. Hör auf damit, es herunterzuspielen. Du weißt, was unsere Modelle zeigen. Die Massen bilden den gefährlichsten Stand. Insbesondere wenn sie erwachen. Möchtest du sehen, wie erneut Schinderkarren durch die Straßen rollen, gefüllt mit verurteilten Aristokraten? Allerdings diesmal nicht in Paris, sondern überall auf der Welt? Krahk!«
    Lacey sah von ihrer kleinen Ernte auf, die hauptsächlich aus blaugrünen Cyanomorph-Zierblumen bestand, für den Esstisch dieses Abends bestimmt, im nahen Kloster.
    »Dein Vogel spricht wundervoll, Helena! Du hast dich selbst übertroffen. Ein prächtiger Herold. Kann ich ihn behalten, wenn wir hier fertig sind?«
    Ein Vogelauge beobachtete sie während der nächsten drei stillen Sekunden, als wüsste das gefiederte Geschöpf, dass es um sein Schicksal ging.
    »Tut mir leid, Lacey«, krächzte er schließlich. »Wenn ich ihn zurückbekomme, können meine Leute die Verschlüsselungspfade aus dem Gehirn schneiden. Krohk! Wir dürfen nicht riskieren, dass er in unfreundliche Hände fällt. Unser Gespräch könnte retro-abgehört werden.
    Ich sag dir was. Ich lasse einen anderen Vogel für dich wachsen, genauso beschaffen wie dieser. Wenn du mir versprichst, an der Konferenz teilzunehmen.
    Andernfalls müssen wir, krr, leider davon ausgehen, dass du uns verlassen hast. Dass dir deine Wissenschaftler lieber sind. Vielleicht gehörst du in den Fünften Stand.«
    Die angedeutete Drohung klang ernst. Lacey nahm ihre Werkzeuge und Blumen und wünschte sich insgeheim, das eingestehen zu können, was tief in ihrem Herzen lag. Sie wäre bereit gewesen, auf alles zu verzichten, auf die Milliarden und vielen Bediensteten, wenn sie dadurch die Möglichkeit bekommen hätte, ihre soziale Kaste zu wechseln wie damals Charles Darwin, durch freie Wahl oder durch harte Arbeit.
    Doch

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