Existenz
Bar.
Revanche 7
»Danke, dass Sie so kurzfristig gekommen sind, Mr. Brookeman.«
Crandall Strongs Händedruck war ruhig und fest, mit Fingern fast ebenso lang wie die von Hamish. Der Eindruck, den dieser Mann auf ihn machte, unterschied sich sehr von dem des hysterischen Geiferers am Dienstag, der am ganzen Leib bebend und mit angeschwollenen Zornesadern vor Hunderten geladenen Gästen, schwebenden Kameras und KI-Zeugen von dunklen Verschwörungen gefaselt hatte.
Hier im Vorzimmer des Senators zeigten loyale Angestellte die übliche rege Betriebsamkeit, aber ein aufmerksamer Beobachter war imstande, gewisse Veränderungen wahrzunehmen. Anstelle von Lobbyisten und Wählern waren die Besucher, in der Mehrzahl Medienrepräsentanten, in die gegenüberliegende Ecke verbannt: schlaksige junge Leute, die murmelten, ihre Finger bewegten und virtuelle Welten durchstreiften, während sie darauf warteten, dass sich hier etwas tat – sie würden sofort auf Sendung gehen, wenn der Senator einen neuen nachrichtenwürdigen Anfall erlitt. Denn die lebenden, atmenden Bürger dort draußen hatten das Recht, informiert zu werden. Und außerdem … He, solche Sachen wurden gut bezahlt.
»Gern geschehen«, erwiderte Hamish und musterte den distinguiert wirkenden Senator mit dem grauen, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haar. Das Gesicht war zerfurcht und so gebräunt, als hätte er viele Jahre im Schein der mittelamerikanischen Sonne verbracht. Strong war groß, erreichte fast Hamishs Größe. Gute Kleidung und teure Maniküre bildeten einen auffallenden Kontrast zu den schwieligen Rancher-Händen, die an schwere – vielleicht sogar fröhliche – Arbeit gewöhnt zu sein schienen.
»Sie sind ein Oberhaupt unserer Bewegung gewesen, Senator. Ich schätze, Sie haben einen gewissen Vertrauensbonus verdient.«
»Mit dieser Meinung stehen Sie ziemlich allein da.« Strong neigte reu mütig den Kopf. »Diese Stadt wendet sich schnell gegen ihre eigenen Leute. Derzeit wünschen sich viele, dass ich nach Guatemala zurückkehre, zu Pillen und Evangelium.«
Hamish verzog das Gesicht. Das waren seine eigenen Worte, am vergangenen Tag bei halbprivatem Fanklatsch zum Ausdruck gebracht, bevor er den Anruf und mit ihm die Bitte erhalten hatte, hierher zu fliegen und mit Strong zu reden. Fan-Gerüchte waren »inoffiziell« und von Pseudonymen geschützt. Der Senator wies darauf hin, dass er noch immer über Instrumente der Macht verfügte.
»Wir alle sagen manchmal etwas, von dem wir nicht möchten, dass es an die Öffentlichkeit dringt. Sir.«
»Das stimmt. Und dadurch wird der letzte Dienstag …« Strong zögerte. »Aber lassen Sie uns in mein Büro gehen. Ich muss Sie um einen kleinen Gefallen bitten, bevor wir zur Sache kommen.«
Er winkte Hamish an drei besonders gut gekleideten Sekretären vorbei – ein Mann, eine Frau und eine betont androgyne Person; ganz offensichtlich hatten alle drei Highend-Gesichtsbehandlungen hinter sich – in sein mit Kunstwerken und Souvenirs aus dem Wilden Westen geschmücktes Allerheiligstes. Mit einem geübten Auge für solche Dinge sah sich Hamish um und verglich den Raum mit der virtuellen Tour, die er während des Flugs unternommen hatte. Er ließ die Stimme eines inneren Erzählers erklingen. Der digitale Assistent Wriggles würde seine Kehlkopfnerven anzapfen und alles transkribieren.
»Ein original Remington-Revolver … ein Pony-Express-Reiter, der über die Schulter hinweg schießt … eine weitere Figur im gleichen Maßstab, Jahrzehnte später von der Black Hills Art Co-op angefertigt, zeigt einen Cheyenne-Dog-Soldier, der den Express-Reiter verfolgt …
Ein großer Drehstuhl mit einem Bezug aus Bisonleder … der Schreibtisch aus Teakholz, schnell gewachsen in den Bottichen eines Unternehmens in Louisiana, an dem Strong beteiligt ist, wenn ich mich recht entsinne … Einige aus Fischbein geschnitzte Objekte, in den meisten Fällen Originale aus dem neunzehnten Jahrhundert. Aber das am Ende der Reihe ist neu und stammt vom Inuit-Clan Point Barrow, als Dank für Strongs Hilfe beim Erwerb von Buckelwal-Jagd rechten …
Daneben ein großes Foto, das den Senator mit Lakota-Würdenträgern vor dem Ziolkowski-Monument zeigt, mit Schaufeln und Bürsten, wie er dabei hilft, die große Crazy-Horse-Statue von der Yellowstone-Asche zu befreien. Bei der peinlichen Sache am Dienstag hat das Bild noch vorn in der Mitte gehangen …
Und ein abstraktes Mobile, in der hinteren linken Ecke des
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