Existenz
Überlebenden Mitglied fortsetzen und durfte sich nicht von anderen Angelegenheiten ablenken lassen.
Sie beobachteten ihn, die Geschöpfe im Stein. Und auch die Welt. Er nahm einen Schluck Tee von der Heißkugel vor ihm, räusperte sich und fragte mit klarer Stimme:
»Können wir davon ausgehen, dass ihr alle zu einer großen Gemeinschaft der Koexistenz und des Friedens gehört?«
Das Buddha-Lächeln wurde breiter.
Ja. Natürlich gibt es Konflikte bei uns. Aber unsere Koexistenz ist zeitlos und immer voller Hoffnung. Wir bemühen uns ständig um das gemeinsame Wohl. Es kann auch zu eurem Nutzen sein, wenn ihr euch anschließt.
Gerald hakte nach, anstatt sich über die freundlichen Worte zu freuen, diesmal ohne zu zögern.
»Aber die von euch erwähnten anderen … Stammen sie aus unterschiedlichen Völkern und Zivilisationen, die in den Bewohnern eurer Planeten Rivalen sehen?«
Die Worte schwebten zu den Außerirdischen im Stein, und das Lächeln des Ältesten Überlebenden Mitglieds wurde etwas dünner.
Ich habe bereits erklärt, dass es keine Rivalität zwischen Spezies, Planeten und Zivilisationen gibt.
Plötzlich skeptisch geworden runzelte Gerald die Stirn.
»Was? Überhaupt keine Rivalität? Aber du hast die Entsender anderer Sonden gerade als ›problematisch‹ bezeichnet und die Existenz von Konflikten eingeräumt. Bitte erkläre diesen Widerspruch.«
Es gibt keinen Widerspruch. Individuelle Entitäten mögen in gewissen Zusammenhängen streiten, miteinander wetteifern oder rivalisieren. Bei Spezies und Zivilisationen ist das nicht der Fall.
Ben Flannery schaltete sich ein.
»Er meint vermutlich die Relativitätsbeschränkung. Die Sterne sind so weit voneinander entfernt, dass hoch entwickelte Völker es erst gar nicht mit der interstellaren Raumfahrt versuchen und stattdessen diese billigen, schnellen Kristallsonden auf die Reise schicken. So viel zu den großartigen Illusionen, denen sich die Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts hingaben, zu den Super-Kardaschow-Gesellschaften, die das All mit überlichtschnellen Warp - Raumschiffen, Generationenarchen und sich selbst replizierenden Forschungsrobotern erkunden und kolonisieren. Oder die Megastrukturen errichten und das Schicksal ganzer Galaxien bestimmen! Das sind nur Allmachtsfantaste reien, von denen unsere Väter mit offenen Augen träumten, auf ihrem Weg zum mythischen Singularitäts-Himmel.«
Gerald sah zur Beratergalerie hoch, wo hundert der intelligentesten oder einflussreichsten Repräsentanten der Menschheit saßen, um Zeugen dieses historischen Ereignisses zu werden. Ein Individuum im VIP-Bereich re agierte offenbar recht heftig auf Bens Worte, ein dunkelhäutiger Bursche mit einer dichten Mähne aus cyberaktivem Haar. Geralds KIntaktlinsen erkannten ein Namensschild: Professor Noozone . Ah, ja, der berühmte effekt-hascherische Wissenschafts-Entertainer. Er rief und schüttelte die Faust in Flannerys Richtung …
… der ungerührt fortfuhr und den Sturm aus Virts ignorierte, die Noozone nach ihm warf.
»Der Kernpunkt der Erklärungen, die wir gerade gehört haben, ist dieser: Es gibt nie einen physischen Kontakt zwischen intelligenten Völkern, weil sie einfach zu weit voneinander entfernt leben. Sie können nur Informationen austauschen. Deshalb gibt es nichts, worüber man streiten könnte!«
Es klang logisch, aber trotzdem stand Gerald dieser Aussage skeptisch gegenüber. Er fand sie sogar absurd.
Selbst ruhige, vernünftige und abgeklärte Leute, die keinen physischen Streit mit anderen kennen, und auch keine konfligierenden Bedürfnisse, können und werden Auseinandersetzungen miteinander haben. Es werden also nur Informationen und Ideen ausgetauscht? Dann wird eben darum gestritten!
Außerdem konnte man wohl kaum behaupten, dass diese Außerirdischen »über« Zank standen oder für Streit zu reif waren! Sie erschienen Gerald als ein Haufen sehr leicht reizbarer Leute, die zuvor immer wieder miteinander gestritten und gerangelt hatten. Und das war vor den jüngsten Hinweisen auf Rivalität zwischen interstellaren Botschaftersonden gewesen!
Handelte es sich vielleicht um ein Missverständnis bei der Definition? In »Wettstreit« steckte zwar das Wort »Streit«, aber es hatte eine andere Bedeutung. War die Übersetzung fehlerhaft?
Gerald versuchte, Aufschluss zu gewinnen.
»Bitte erklärt das«, sagte er, holte tief Luft und fuhr fort: »Wenn ihr als Individuen oft miteinander zankt, wie kommt es dann, dass eure
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