Existenz
Weg machen wollte. Aber dies wäre kein Schritt, sondern ein großer Sprung!
Kann ich es wagen, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die ich nicht einmal kenne?
Darf ich ihnen vertrauen?
Wären sie mit dem einverstanden, was ich vorhabe?
Könnte irgendjemand damit einverstanden sein?
Von vorn kam ein Krächzen, als Dr. Nolan ein Zimmer mit pflanzenartigen Behängen an den Wänden betrat – es sah nach einem Stück Dschungel aus.
»Kra. Hi Jill! Hi Jill! Hallo-o-o Fremder! Krahk! Groß! Kra!«
Eine graue Papageiendame verlagerte ihr Gewicht vom einen Bein aufs andere, wippte auf und ab und schien bereit zu sein, sich an die Arbeit zu machen und ihren Anteil am florierenden weltweiten Prophezeiungsmarkt zu erhöhen. Natürlich wusste sie gar nichts von irgendwelchen Märkten, oder davon, ob zutreffende Voraussagen wirklich Prophezeiungen waren oder nur Zufälle beziehungsweise statistische Schwankungen. Vermutlich war ihr das alles völlig gleichgültig, und genau diese Unbekümmertheit spielte bei der ganzen Sache (so meinten einige) vielleicht eine wichtige Rolle.
Hamish verbrachte einige Minuten damit, seine Frage auf ein Ja-nein-Szenario zu reduzieren, schrieb sie dann auf zwei Papierstreifen und schob diese Streifen unter zwei transparente Abdeckungen an zwei verschiedenen Klappen eines kleinen Holzschranks. Anschließend trat er zurück, tastete erneut nach dem kleinen Behälter mit der KIntaktlinse und spürte, wie sein Herz schneller schlug.
Bin ich wirklich so leichtgläubig? So abergläubisch?
Natürlich bin ich das. Andernfalls hätte ich nicht so viele Geschichten über den Preis von Hybris und ehrgeizigem Stolz geschrieben.
Aber jetzt … Soll ich wirklich versuchen, mit eigenem Handeln Einfluss auf das menschliche Schicksal zu nehmen? Nicht über den Umweg von Szenarien auf einem Schirm oder den Seiten eines Buches, sondern im wahren Leben?
Ist das nicht ziemlich arrogant?
Kurze Zeit später hatte er seine Antwort. Patmos schnatterte glücklich und knabberte genießerisch an einer Nuss. Die gewählte Klappe stand hinter ihr offen.
Hamish nickte ein kurzes Dankeschön, drehte sich um und ging.
Was kam als Erstes? Er brauchte ein ruhiges Plätzchen, um die KIntaktlinse aufzusetzen, mit den Leuten dahinter zu kommunizieren und sie um Hilfe bei der Durchführung eines verzweifelten Plans zu bitten. Eines Plan, der die Welt vor teuflischen außerirdischen Invasoren retten sollte.
Wenn dies klappt, verdanke ich es deiner Inspiration, Roger.
Ruhe in Frieden.
Beichte eines Täuschers und Getäuschten
Hallo. Mein Name lautet Hamish Brookeman, und hiermit gestehe ich, ein Verbrechen begangen zu haben.
Zunächst aber … Auf der Liste der berühmtesten Personen der Welt steht mein Name an 246. Stelle, aber für jene von Ihnen, die mich trotzdem nicht kennen, hier eine kurze Übersicht. Viele Leute halten mich für einen recht guten Geschichtenerzähler, Vid-Regisseur und so weiter. Genau diese Eigenschaften führten dazu, dass man mich vor einigen Jahren einlud, an einer Verschwörung teilzunehmen . An einem Plan, an den ich einst glaubte.
Doch inzwischen weiß ich, dass er falsch und monströs ist.
Zu meiner Verteidigung möchte ich anführen, dass der Plan zunächst ganz gut aussah. Die Leute hinter ihm erschienen mir ehrlich und behaupteten, wir würden die Welt retten! Eine Welt, gespalten von politischen, militärischen und ethnischen Fehden, die globale Katastrophen gleich dutzendfach heraufbeschworen. Eine Welt, abgenutzt und verschlissen von ökologischer Vernachlässigung und übermäßigem Gebrauch durch zehn Milliarden gierige Konsumenten. Eine Welt, auf der ehrwürdige Traditionen in Fetzen hängen und jeder Tag neue unverschämte technologische »Wunder« bringt, die uns allen das Ende bescheren könnten.
War es noch möglich, die Lemming-Menschheit vor dem Untergang zu bewahren?
Das von uns entwickelte Konzept war einfach und ist oft in Science-Fiction-Dramen bis hin zu einer klassischen Outer-Limits -Episode und einem Comic der 1980erJahre dargestellt worden.
Wie bringt man alle Menschen und Nationen dazu, ihre Streitereien zu überwinden und sich für eine gemeinsame Sache zusammenzuschließen? Indem man ihnen einen gemeinsamen Feind anbietet.
Eine glaubwürdige externe Bedrohung würde den guten Willen und die Kameradschaft hervorbringen, die Menschen immer anderen Stammesmitgliedern gegenüber gezeigt haben, wenn sie es mit gefährlichen Außenseitern zu tun bekamen. Es gibt
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